Entscheidungsstichwort (Thema)
Einwendungen nach Treu und Glauben in sog. Weiterleitungsfällen
Leitsatz (redaktionell)
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die auf Treu und Glauben gestützten Einwendungen in sog. Weiterleitungsfällen nur in einem gesonderten Billigkeitsverfahren und nicht bereits im Verfahren über den Rückforderungsbescheid geltend gemacht werden können.
Normenkette
AO 1977 §§ 5, 37 Abs. 2, § 121
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren zunächst darüber, ob der angefochtene Bescheid ein reiner Aufhebungs- oder ein Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid ist; nachrangig streiten die Beteiligten über die Frage, ob der Einwand der Weiterleitung der empfangenen Kindergeldbeträge an die berechtigte Ehefrau des Antragstellers im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens über den Rückforderungsbescheid oder im Rahmen eines gesonderten Billigkeitsverfahrens zu prüfen ist.
Der Antragsteller bezog unstreitig für den Zeitraum von Mai 1998 bis Juli 1999 für seine vier Kinder Kindergeld i.H.v. insgesamt 16.420,– DM.
Im August 1999 erfuhr der Antragsgegner durch einen entsprechenden Kindergeldantrag der Ehefrau des Antragstellers, daß der Antragsteller und seine Ehefrau seit Mai 1998 getrennt leben. Zu diesem Zeitpunkt war der Antragsteller aus der Ehewohnung ausgezogen. Die Ehefrau des Antragstellers blieb in der Ehewohnung wohnen und zwar gemeinsam mit den vier aus der Ehe hervorgegangenen Kinder. Dabei lebte die Tochter A. des Antragstellers nur am Wochenende in der früheren Ehewohnung und während der Woche an ihrem Studienort X. in einer eigenen Wohnung.
Der Antragsgegner gab dem Antragsteller daraufhin im Rahmen einer Anhörung die Möglichkeit zu der beabsichtigten Aufhebung und Rückforderung des für den Zeitraum Mai 1998 bis Juli 1999 bezogenen Kindergeldes Stellung zu nehmen.
Nachdem der Antragsteller bis Januar 2000 keine Stellung genommen hatte erließ der Antragsgegner unter dem 17.01.2000 den hier streitgegenständlichen Bescheid. Der Betreff des Bescheides lautet: „Bescheid über Aufhebung der Kindergeldfestsetzung.”
Der Text des Bescheides lautet im wesentlichen dahingehend, daß die Festsetzung des Kindergeldes gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Zeit von Mai 1998 bis Juli 1999 aufgehoben wird, wobei Beträge von 8.720,– DM für 1998 und 8.050,– DM für 1999 ausgewiesen werden. Im weiteren lautet der Bescheid:
Kindergeld ist deshalb zuviel gezahlt worden im Gesamtbetrag von 16.770,– DM.
Dieser Betrag ist von Ihnen nach § 37 Abs. 2 AO zu erstatten.
Im Anschluß an die Rechtsbehelfsbelehrung enthält der Bescheid folgenden Text:
Der zu erstattende Betrag ist grundsätzlich sofort in voller Höhe zur Zahlung fällig. Die Kasse des Landesarbeitsamtes wird Ihnen die Zahlungsweise, die Fälligkeit, das Kassenzeichen und die Bankverbindung noch gesondert mitteilen. Etwaige weitere Forderungen des Arbeitsamtes bleiben unberührt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheidsentwurf, Blatt 213/214 der Kindergeldakte – KiGA–, Bezug genommen.
Unter dem 27.01.2000 erließ das Landesarbeitsamt des Landes Nordrhein Westfalen eine Zahlungsmitteilung mit der der Antragsteller darauf hingewiesen wurde, daß er gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit eine Zahlungsverpflichtung i.H.v. 16.770,– DM habe, die zum 01.04.2000 fällig werde. Die Zahlungsmitteilung weist als Forderungsgegenstand Kindergeld und als Ursache den Bescheid vom 17.01.2000 des Antragsgegners aus. Insoweit wird auf die Zahlungsmitteilung, Blatt 228 KiGA, verwiesen.
Der Antragsteller legte fristgerecht gegen den Bescheid vom 17.01.2000 Einspruch ein und beantragte, den Bescheid aufzuheben, soweit der Antragsgegner einen Betrag i.H.v. 16.770,– DM von ihm erstattet verlange. Zur Begründung verwies der Antragsteller im wesentlichen auf die Weiterleitung des Kindergeldes an seine Ehefrau. Wegen der Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben, Blatt 219/220 KiGA, Bezug genommen.
In der Folge erörterten die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreites im wesentlichen Fragen der Weiterleitung des Kindergeldes an die Ehefrau des Antragstellers, insbesondere die Frage, ob die Ehefrau des Antragstellers eine entsprechende Bestätigung im Rahmen des Scheidungsverfahrens abgeben würde.
Der Antragsgegner wies den Einspruch des Antragstellers mit Einspruchsentscheidung vom 26.07.2000 als unbegründet zurück. Als Einspruchsgegenstand wies er in der Einspruchsentscheidung die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung aus. In der Begründung der Einspruchsentscheidung führte er zunächst aus, daß seines Erachtens allein die Ehefrau nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG hinsichtlich aller vier Kinder kindergeldanspruchsberechtigt gewesen sei. Im Anschluß führte er aus, daß sich die Erstattungspflicht aus § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) ergebe. Die Voraussetzungen lägen im Streitfall vor, weil ein Anspruch des Klägers nicht bestanden habe und die Kindergeldfestsetzung deshalb aufgehoben worden sei. Weitere Ausführungen betrafen die rechnerische Richtigkeit der Erst...