Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbarkeit einer Verdienstausfall-Entschädigung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Verdienstausfall-Entschädigung ist auch dann als Ersatzleistung für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a) EStG steuerpflichtig, wenn im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses bereits seit drei Jahren kein Erwerbsverhältnis mehr besteht und die Ersatzleistung daher nur potentiell erzielbare Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ersetzt.
Normenkette
EStG § 24 S. 1 Nr. 1a, § 19
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Steuerbarkeit einer an den Kläger im Streitjahr 2009 gezahlten Verdienstausfall-Entschädigung der S Versicherung i.H.v. 213.422 € als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 24 Satz 1 Nr. 1a i.V.m. § 19 EStG).
Der im Januar 1964 geborene Kläger war von 1986 bis Anfang 2000 bei der Firma B GmbH … S in der Funktion eines … beschäftigt und bezog in dieser Zeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Aufgabe des Klägers war das …. Im Rahmen einer Restrukturierungsphase schied er Anfang 2000 betriebsbedingt gegen Zahlung einer Abfindung aus, die ordnungsgemäß versteuert wurde.
Seit Februar 2000 stand der Kläger in keinem Arbeitsverhältnis mehr; auch eine andere berufliche Tätigkeit wurde bzw. wird nicht ausgeübt.
Infolge einer missglückten Operation am ….2003 im E Krankenhaus S kam es zu einem erheblichen Einschnitt in die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers. Der Kläger leidet heute noch unter den Folgen der Operation, durch die er erwerbsunfähig wurde. Seit Februar/März 2004 bezog er Hartz-IV-Leistungen und ging keiner Erwerbstätigkeit mehr nach (Einspruchsschreiben vom ….1.2014 sowie Bl. 6 des PV-Schreibens vom ….10.2015).
Nach langwierigen Verhandlungen erklärte sich der Haftpflichtversicherer des Schädigers, die S Versicherung AG (Versicherung) im Streitjahr 2009 zu einer Zahlung von 490.000 € bereit, unter Anrechnung bereits geleisteter Vorschusszahlungen (vom …2006 i.H.v. 30.000 €, vom …2007 i.H.v. 5.000 €, vom ….2008 i.H.v. 10.000 € und vom ….2009 i.H.v. 5.000 €).
Vorausgegangen war u.a. ein Schreiben des damaligen rechtlichen Vertreters des Klägers an die Versicherung vom ….2008, in welchem dieser für die Bemessung des Schmerzensgeldes die gegenwärtigen und künftigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers darlegte und ausführte, dass die Berechnung der Verdienstausfallentschädigung auf einen vollständigen und ungekürzten Erwerbsschaden auszurichten sei. Denkbar seien ein einmaliger Kapital- oder ein monatlicher Rentenbetrag unter Berücksichtigung der fortschreitenden Geldentwertung. Die Annahme der Versicherung, von derzeit nicht steigenden Reallöhnen auszugehen, könne nicht bis zum Renteneintritt des Klägers gelten, da ein Zeitraum von über 20 Jahren zu betrachten sei. Ferner wurde der Haushaltsführungsschaden des Klägers thematisiert. Mit einem weiteren Schreiben vom gleichen Tag übersandte der damalige Bevollmächtigte zur Ermittlung des entstandenen Verdienstausfalls eine Lohnabrechnung eines Berufskollegen des Klägers, dessen berufliche Vorbildung derjenigen des Klägers entsprach und der in einem vergleichbaren Betrieb in einem dem Kläger vergleichbarem Arbeitsfeld tätig war. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger in den Jahren von 2000 bis 2002 in K ergänzend zum Baugeräteführer mit allen Befähigungen ausgebildet worden sei.
In der Folge erklärte sich die Versicherung mit Schreiben vom …7.2009 zur abschließenden Regelung des Vorgangs bereit, dem Kläger insgesamt einen Betrag i.H.v. 490.000 € zur Verfügung zu stellen, nachdem der Kläger das Ergebnis des von ihm geführten Sozialrechtsstreits dahin mitgeteilt hatte, dass er keinerlei Leistungen des Sozialversicherungsträgers erhalten werde. Außerdem erklärte die Versicherung darin, im Vergleichsfall die Kosten der anwaltlichen Vertretung des Klägers mit dem dreifachen Satz nach dem Betrag des Vergleichs zu übernehmen. In der Anlage des Versicherungsschreibens war die auf den vorgenannten Betrag ausgefertigte Vergleichs- und Abfindungserklärung mit der Bitte um Unterzeichnung und Rücksendung beigefügt.
Der Kläger unterzeichnete die Vergleichs- und Abfindungserklärung am …8.2009; gleichzeitig erklärte er darin, dass alle Schadensersatzansprüche aus dem Schadensereignis gegen Träger und Personal des E Krankenhaus S endgültig abgegolten seien. Vor der Rücksendung an die Versicherung erbat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom …8.2009 noch eine Klarstellung der Versicherung über die Aufteilung des Vergleichsbetrags. In der anschließenden telefonischen Abstimmung kam man zu dem Ergebnis, dass das zunächst avisierte Schmerzensgeld zu hoch und der Bereich des Haushaltsführungsschadens unterbewertet sei; außerdem sei der avisierte Betrag von 235.000 € als Schadensersatz für entgangene und entgehende Einnahmen „zu unspezifisch”. Notwendig sei außerdem eine eindeutige Klarstellung dahin, dass die Versicherung in Vertretung des Tr...