Entscheidungsstichwort (Thema)
Progressionsvorbehalt bei Einkünften aus EU-Betriebsstätte
Leitsatz (redaktionell)
Einkünfte aus einer in den Niederlanden ausgeübten Tätigkeit als Belastingadviseur, für die das Besteuerungsrecht ausschließlich den Niederlanden zusteht, sind gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. Die Sonderregelungen in § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG stehen dem nicht entgegen, da hierdurch nur passive gewerbliche EU-Einkünfte von der Anwendung des Progressionsvorbehalts ausgenommen werden.
Normenkette
EStG § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, S. 2 Nr. 2; DBA Niederlande Art. 5 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1, Art. 20 Abs. 2; EStG § 2a Abs. 2 S. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 17.06.2016; Aktenzeichen I R 85/15) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Einbeziehung von in den Niederlanden bezogenen Einkünften aus der Tätigkeit des Klägers als Belastingadviseur in den sogenannten Progressionsvorbehalt.
Der Kläger ist ausgebildeter Steuerfachangestellter und betreibt seit 2001 in A (Niederlande) ein Büro als Belastingadviseur, aus dem er in den Streitjahren Einkünfte bezog. Er hat seinen Wohnsitz mit seiner Ehefrau in Deutschland, mit der er zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird.
Wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Einkommensteuer 2007 und 2008 mit Bescheiden vom 18.11.2010 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Im Rahmen der hiergegen am 31.03.2010 erhobenen Einsprüche reichten die Kläger die ausstehenden Steuererklärungen ein. In den hierauf vom Beklagten nach § 162 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) erlassenen Änderungsbescheiden vom 15.03.2011 schätzte der Beklagte niederländische Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG)) i.H. von jeweils 24.000 € und berücksichtigte diese bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes nach § 32b EStG (sog. Progressionsvorbehalt). Die Vorbehalte der Nachprüfung ließ der Beklagte bestehen. Den Einkommensteuerbescheid 2007 änderte der Beklagte aus hier nicht streitigen Gründen erneut mit Vorbehaltsbescheid vom 14.06.2011.
Ihre Einsprüche begründeten die Kläger mit dem Verweis auf das vor dem Finanzgericht Köln unter dem Aktenzeichen 9 K 2563/09 geführte Klageverfahren, mit dem sich die Kläger gegen die Einbeziehung der niederländischen Einkünfte in den Progressionsvorbehalt der Einkommensteuerfestsetzungen 2002 bis 2006 wendeten. Mit Urteil vom 25.01.2012 wurde die Klage abgewiesen. Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BFH mit Beschluss vom 06.11.2012, I B 28/12, BFH/NV 2013, 246 als unbegründet zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 13.05.2013, 2 BvR 27/13 hat das BVerfG die weitergehend erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Auf Antrag der Kläger wurde die Akte des Verfahrens 9 K 2563/09 beigezogen, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Da die Kläger nach Ergehen des Urteils in dem Verfahren 9 K 2563/09 die Einsprüche nicht weiter begründeten, wies der Beklagte diese unter Bezugnahme auf die Gründe des Urteils 9 K 2563/09 mit Entscheidung vom 21.01.2013 als unbegründet zurück und hob gleichzeitig die Vorbehalte der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 AO auf.
Die hiergegen am 25.02.2013 erhobene Klage begründen die Kläger im Wesentlichen damit, dass nach der Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 29.03.2007 RS C-347/04 (REWE-Zentralfinanz), BStBl II 2007, 492 die niederländischen Einkünfte des Klägers nicht dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen seien. Auch die aufgrund dieser EuGH-Rechtsprechung erfolgte Gesetzesänderung führe zu diesem Ergebnis. Denn der Progressionsvorbehalt greife nach § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG nicht für EU-Einkünfte, die nicht die Voraussetzungen des § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllen. Dies sei gegeben, da der klägerische Betrieb weder im Drittland liege noch negative Einkünfte bezogen würden, so dass § 2a EStG weder direkt noch indirekt zur Anwendung komme. Im Übrigen handele es sich bei den Einkünften des Klägers um sog. „passive Einkünfte”, da es sich um keine Tätigkeit handele, die in § 2a Abs. 2 EStG aufgezählt sei.
Die Kläger beantragen,
die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 einschließlich der dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen insoweit zu ändern, als die darin jeweils in den Progressionsvorbehalt einbezogenen ausländischen Einkünfte nicht mehr berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung seines Klageabweisungsantrags nimmt der Beklagte erneut Bezug auf die Gründe des Urteils 9 K 2563/09.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden der Kläger zu Recht die niederländischen Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Belastingadviseur in den Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG in der geschätzten Höhe einbezogen.
Denn es handelt sich hierbei um Einkünfte i.S. von § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG, die nach ...