Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung von Wirtschaftsgütern bei Sale-and-lease-back, Andienungsrecht, AfA-Berechtigung
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Leasingobjekt ist steuerlich dem Leasingnehmer zuzurechnen, wenn der Leasingnehmer den Leasinggeber und zivilrechtlichen Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer und bei gewöhnlichem - gedachten - Ablauf des Sale-and-lease-back-Geschäfts von der Einwirkung auf das Leasingobjekt wirtschaftlich ausschließen kann und zudem die vertraglichen und tatsächlichen Abläufe darauf angelegt sind, dass der Leasinggeber am Ende der Laufzeit sein "Andienungsrecht" nutzt und der Leasingnehmer das Leasingobjekt zu dem bereits vorvereinbarten Kaufpreis zurückerwerben muss.
2) Aus der Zurechnung des Leasingobjekts zum Leasingnehmer als wirtschaftlichen Eigentümer folgt, dass nur dieser zur Vornahme von Absetzungen gemäß § 7 EStG berechtigt ist.
Normenkette
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 7 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen des Veranlagungszeitraums (VZ) 2008. Zwischen ihnen ist im Kern streitig, ob Wirtschaftsgüter im Rahmen eines „sale-and-lease-back”-Vertrages der Klägerseite zuzurechnen sind und diese insbesondere Absetzungen für Abnutzung (AfA) gem. § 7 des Einkommensteuergesetzes – EStG – vornehmen kann.
Der Kläger ist Gesamtrechtsnachfolger der „… KG” – nachfolgend KG genannt –, deren Gegenstand das Verleasen von Wirtschaftsgütern war. Der Kläger war alleiniger und zu 100 % am Kapital beteiligter Kommanditist. Die Kommanditeinlage betrug 150.000 €. Komplementärin der KG ohne Kapitalbeteiligung war bis zum 30. August 2008 die G-GmbH und ab dem 31. August 2008 die V GmbH. Die Komplementärin schied mit Wirkung zum 16. Dezember 2010 aus der KG aus, wodurch die KG aufgelöst und handelsrechtlich „vollbeendet” sowie der Kläger im Wege der Anwachsung alleiniger Gesamtrechtsnachfolger wurde. Die KG wurde am 29. Dezember 2010 im Handelsregister gelöscht. Sowohl die frühere als auch spätere Komplementärin befinden sich wegen Insolvenz oder Liquidation in Auflösung.
Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Zwischen Dezember 2006 und Mai 2007 schlossen die KG als Käufer und zukünftiger Leasinggeber und die P GmbH als Verkäufer und zukünftiger Leasingnehmer mehrere gleichlautende Kauf- und Leasingverträge „sale and lease back”) über sog. … (Leasingobjekte). …. Das Geschäftsmodell wurde auch in einer Vielzahl von weiteren, zu diesem Zweck gegründeten Leasinggesellschaften verfolgt und war durch die erste Komplementär-GmbH (G-GmbH) als „Renditemodell” konzipiert worden. Die Geschäftsidee war in einem in den Vertragsakten des Beklagten befindlichen „Konzeptionspapier zur Gründung einer Leasinggesellschaft” dargelegt. Das Konzept sah eine prognostizierte Laufzeit der Leasinggesellschaft (in Form einer GmbH & Co. KG) von acht Jahren vor. Es sah den Erwerb von mobilen neuwertigen Wirtschaftsgütern vor, die zum Teil fremdfinanziert werden könnten. Der Erwerb sollte erfolgen, wenn die Hersteller (oder Verkäufer) eine Rücknahmeverpflichtung eingehen oder das Wirtschaftsgut einen geregelten Gebrauchtmarkt hat, wie zum Beispiel Fahrzeuge.
Die Leasingverträge sahen eine Vertragslaufzeit von vier Jahren (48 Monate) vor. Geregelt wurde jeweils ein Kaufpreis (für den Erwerb durch die KG), monatliche Leasingraten (für die Leasingraten der P GmbH) und einen Restwert i.H.v. 20 % des Kaufpreises bei Vertragsende. Das Leasingobjekt wurde zunächst vom Leasinggeber (KG) auf Wunsch des Leasingnehmers (P GmbH) zu den Verkaufs-, Lieferungs- und Gewährleistungsbedingungen des Herstellers oder Lieferanten erworben. Der Kaufpreis der Systeme (Beispiel: System 1: Kaufpreis je Einheit: 8.000 € netto) und der in den Standortverträgen mit den Abonnenten angegebene Wert der Einheit (beim System 2: 3.800 € netto) unterscheiden sich erheblich.
Der Leasingnehmer konnte sich wegen Gewährleistungsansprüchen an den Lieferanten und/oder Hersteller halten. Die Geschäftsführerin der P GmbH, Frau I, bürgte selbstschuldnerisch für die Ansprüche aus dem Leasingvertrag einschl. des geregelten Restwerts bei Vertragsende. Ein Informationsblatt zum Leasingobjekt wies eine technische Haltbarkeit von 40.000 bis 50.000 Betriebsstunden aus. Bei einem Betrieb von 12 Stunden täglich ergeben sich nach vier Jahren 17.520 Betriebsstunden, bei 16 Stunden täglich 23.360 Betriebsstunden. In anderen technischen Unterlagen gab der Hersteller eines häufig verwendeten Modells eine Laufzeit von 50.000 Stunden an.
Zusätzlich zum Leasingvertrag schlossen die KG (als Leasinggeber), die P GmbH (als Leasingnehmer) und die Komplementär-GmbH (als Treuhänder) eine Treuhandvereinbarung, wonach die KG sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche, die ihr als Leasinggeber aus dem Leasingvertrag gegen den Leasingnehmer zustehen, treuhänderisch an de...