rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfte aus selbständiger Arbeit; ehrenamtliche Tätigkeit, Aufwandsentschädigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus der Formulierung in § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG, dass die Steuerfreiheit von Aufwandsentschädigungen davon abhängt, dass die Entschädigungszahlung den erwachsenden Aufwand nicht offenbar übersteigt, ist zu schließen, dass es auf die typisierende Betrachtungsweise ankommt und nicht auf die individuell entstandenen Aufwendungen.
2. Es ist eine zutreffende Gesetzesauslegung, wenn insoweit auf Erfahrungssätze zurück gegriffen wird, die die obersten Finanzbehörden der Länder im Einvernehmen mit dem BMF festgelegt haben.
Normenkette
LStR 2006 Abschn. 13 Abs. 4 S. 10; EStG § 3 Nr. 12 Sätze 1-2
Nachgehend
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte zu Recht einen Teil der an die Klägerin gezahlten Beträge für eine ehrenamtliche Tätigkeit als Einkünfte aus selbständiger Arbeit berücksichtigt hat.
Die Kläger sind zusammen veranlagte Ehegatten. Die Klägerin engagierte sich in den Streitjahren neben ihrer nichtselbständigen Teilzeitbeschäftigung ehrenamtlich in ihrer Kommune. Sie war zunächst als sachkundige Bürgerin im Sinne des § 58 Abs. 3 und 4 Gemeindeordnung NRW (GO NW), ab Frühjahr 2002 dann als Mitglied des Rats der Stadt … gemäß §§ 40 ff. GONW tätig. Die Stadt … zahlte der Klägerin gemäß in den Veranlagungsverfahren vorgelegten Bescheinigungen eine Aufwandsentschädigung von 2.940,00 EUR in den Jahren 2002 und 2003, von denen gemäß den Bescheinigungen 1.848,00 EUR steuerfrei waren. Ein Ersatz für Verdienstausfall wurde gemäß diesen Bescheinigungen an die Klägerin nicht gezahlt. Darüber hinaus erhielt die Klägerin für ihre Tätigkeit als sachkundige Bürgerin einen Betrag von 116,62 EUR.
In den Einkommensteuerbescheiden 2002 und 2003 vom … 2004 berücksichtigte der Beklagte den laut Bescheinigung der Stadt … nicht steuerfreien Betrag in Höhe von 1.092,00 EUR als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bei den Einkünften der Klägerin. Für das Jahr 2002 wurden zusätzlich 16,00 EUR Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit als sachkundige Bürgerin in die Besteuerung miteinbezogen (116,62 EUR abzüglich Ausgaben von 99,49 EUR). Entsprechende Einkünfte wurden auch bei der Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlung in 2004 berücksichtigt. Die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben erfolglos. Mit der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom …2005 ergingen zwar Änderungsbescheide hinsichtlich der nun nicht mehr streitigen Einkünfte des Klägers aus einem Lehrauftrag an der Fachhochschule …, bezüglich der Aufwandsentschädigung wurden die Einsprüche jedoch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die an die Klägerin gezahlte Aufwandsentschädigung komme aus der Kasse einer Gemeinde, so dass sich die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) richte. Nach dieser Vorschrift seien derartige Bezüge steuerfrei, soweit nicht festgestellt werde, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt worden seien oder den Aufwand, der den Empfängern erwachse, offenbar überstiegen. Zur Erleichterung der Feststellung, inwieweit es sich in diesen Fällen um eine steuerfreie Aufwandsentschädigung handele, sei die gewährte Aufwandsentschädigung gemäß Abschnitt 13 Abs. 3 Nr. 2 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) bei ehrenamtlich tätigen Personen i. H. v. 1/3, mind. 154,00 EUR monatlich, steuerfrei. Ein darüber hinausgehender höherer Abzug von Aufwendungen könne nur gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt im Einzelnen die ihm entstandenen Kosten, die die steuerfreien Anteile der Aufwandsentschädigung übersteigen, nachweise. Bei ehrenamtlich tätigen Personen seien alle durch die Tätigkeit veranlassten Aufwendungen als durch die steuerfreie Aufwandsentschädigung ersetzt anzusehen, so dass nur ein die Aufwandsentschädigung übersteigender Aufwand als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar sei (Abschnitt 13 Abs. 4 LStR). Die allgemeine Aufzählung der der Klägerin im Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Tätigkeit entstandenen Kosten sei insoweit nicht konkret genug, um über den steuerfreien Anteil hinaus zusätzlichen Aufwand anzuerkennen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage tragen die Kläger vor, dass die gesamten gezahlten Aufwandsentschädigungen steuerfrei zu belassen seien. Wie sich aus § 45 Abs. 4 GO NW i. V. m. der Entschädigungsverordnung NW und § 12 der Hauptsatzung der Stadt … ausdrücklich ergebe, werde durch die gezahlte Aufwandsentschädigung keinerlei Aufwand an Zeit und Arbeitsleistung abgegolten, ebenso wenig der entgangene Arbeitsverdienst und das Haftungsrisiko. Die entsprechenden Vorschriften seien diesbezüglich eindeutig. Die Klägerin habe ehrenamtlich diverse Aufgaben übernommen. So habe sie in den Jahren 2002 und 2003 u.a. an jeweils 35 Sitzungen der Fraktionen und einer Vielzahl von Ausschussitzungen teilgenommen. Wegen weiterer Einzelheiten...