Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Mietwohngrundstücks zu zahlende sog. Vorfälligkeitsentschädigung kann dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sein, wenn sie ausnahmsweis als Finanzierungskosten für die Anschaffung eines neuen Mietobjekts zu beurteilen ist. Der hierfür notwendige wirtschaftliche Zusammenhang mit den Einkünften aus dem neuen Objekt ergibt sich dann, wenn der Stpfl. bereits bei der Veräußerung im vorhinein so unwiderruflich über den verbleibenden Restkaufpreis verfügt, dass er ihn unmittelbar in seiner Verwendung zum Erzielen von Einkünften mit dem neuen Objekt festlegt.
2) In Erweiterung der bisherigen BFH-Rechtsprechung soll dieser wirtschaftliche Zusammenhang auch dann zu bejahren sein, wenn sich aus der zeitliche Abfolge und den Gesamtumständen ergibt, dass im Zuge der Veräußerung zwar nicht rechtlich bindend, aber wirtschaftlich und faktisch über den verbleibenden Restkaufpreis zugunsten des neuen Mietobjekts verfügt worden ist.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3, 3 Nr. 1, Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Abziehbarkeit einer Vorfälligkeits-Entschädigung als Werbungskosten.
Die Kläger, die zunächst in Baden-Württemberg (…) wohnten, hatten im Jahre 1980 als Vermögensanlage ein Reihenhaus in A. erworben und vermietet. Den Kaufpreis hatten sie durch einen Kredit der … (B) in Höhe von 250.000 DM finanziert. 1985 wurde der Kredit zu geänderten Konditionen bis 1990 verlängert.
Nachdem der Kläger eine neue Arbeitsstelle in C. angenommen hatte, zog die Familie im Sommer 1987 nach D. Die Kläger entschlossen sich, das Haus in A. zu verkaufen und ein entsprechendes Ersatzobjekt in ihrem jetzigen Wohnsitzbereich zu erwerben. Im Februar 1988 setzten sich die Kläger mit einer Makler-Firma Zwecks Veräußerung des Hauses in A. in Verbindung. Außerdem erkundigten sie sich bei B nach den Möglichkeiten, das Darlehen, das zum 1. Januar 1988 noch mit 248.750 DM valutierte, bereits vor Fälligkeit abzulösen. B errechnete zunächst eine Vorfälligkeits-Entschädigung in Höhe von 21.392 DM. Mit Schreiben vom 24. März 1988 an B fasste der Kläger den bisherigen Verhandlungsstand zusammen und bat um Ermäßigung der Vorfälligkeits-Entschädigung.
Bereits wenige Tage zuvor hatten die Kläger mit notariellem Kaufvertrag vom 17. März 1988 zu je 1/2 Miteigentumsanteil ein Einfamilienhaus in R. zum Zwecke der Vermietung erworben. Der zum 31. März 1988 fällige Kaufpreis in Höhe von 300.000 DM wurde in Höhe von 240.000 DM durch ein Hypotheken-Darlehen der …. (V) finanziert. Die Darlehensvaluta wurde am 25. April 1988 dem Girokonto der Kläger gutgeschrieben. Das Konto wies zu diesem Zeitpunkt ein Guthaben in Höhe von knapp 74.000 DM auf, weil die Kläger all ihre verfügbaren Barmittel auf das Girokonto transferiert hatten, in der Erwartung, nach Erhalt des Restkaufpreises für das Objekt A. wieder über ausreichend Barmittel zu verfügen. Ebenfalls am 25. April 1988 wurde das Girokonto mit dem zu zahlenden Kaufpreis in Höhe von 300.000 DM belastet.
Mit notariellem Vertrag vom 7. April 1988 veräußerten die Kläger das Grundstück in A. „lastenfrei”. Den zum 1. Juli 1988 fälligen Kaufpreis in Höhe von 335.000 DM wollte der Käufer durch ein Bank-Darlehen finanzieren. Die Bank sollte einen Treuhandauftrag zur Ablösung der Grundpfandlasten (Briefgrundschuld von 280.000 DM) erhalten, soweit diese noch valutierten. Weitere Bestimmungen über die Verwendung des Restkaufpreises enthielt der Kaufvertrag nicht. Für die vorzeitige Ablösung des Darlehens berechnete B eine Vorfälligkeits-Entschädigung in Höhe von 18.159,75 DM. Der Restkaufpreis in Höhe von 50.413 DM wurde den Klägern am 28. Juni 1988 auf ihr Girokonto bei der V überwiesen.
Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1988 vom 17. Januar 1990 berücksichtigte der Beklagte die Vorfälligkeits-Entschädigung erklärungsgemäß als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. In einem auf § 164 Abs. 2 AO 1977 gestützten Änderungsbescheid versagte der Beklagte dann aber die steuerliche Anerkennung.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wurde vom FG Köln mit Urteil vom 31. August 1993 2 K 1809/92 (veröffentlicht in EFG 1994, 193) zunächst als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde vom BFH mit Urteil vom 23. April 1996 IX R 5/94, BFHE 180, 374, BStBl II 1996, 595 aufgehoben und an das FG zurückverwiesen, um Feststellungen zu der Frage nachzuholen, ob die Kläger über den bei der Veräußerung erzielten Erlös entsprechend den unter 2. a) des Urteils dargelegten Grundsätzen verfügt haben. Dabei sollte insbesondere geprüft werden, ob die Kläger den ihnen verbleibenden Restkaufpreis aus der Veräußerung des Grundstücks in A. durch eine entsprechende Anweisung an den Zahl...