Entscheidungsstichwort (Thema)
Entnahme aus BV der Besitzunternehmens bei schenkungsweiser Übertragung von Anteilen am Betriebsunternehmen
Leitsatz (redaktionell)
1) Der Entnahmetatbestand ist auch dann gegeben, wenn bei einer Betriebsaufspaltung ein Gesellschafter des Besitzunternehmens es einem Angehörigen ermöglicht, einen Teil des zu seinem Betriebsvermögen gehörenden Anteils an der Betriebs-GmbH (teilweise) unentgeltlich zu übernehmen.
2) Bei der Ermittlung des Teilwerts, mit dem die Entnahme anzusetzen ist, sind Ertragswertgesichtspunkte vorrangig zu berücksichtigen und entsprechend überzugewichten.
3) Dabei ist vom Durchschnittswert des Betriebsergebnisses des Einzelunternehmens in den Jahren vor der Betriebsaufspaltung auszugehen, vermindert um a.o. Erträge aus Anlageverkäufen und um einen angemessenen Unternehmerlohn.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1, 1 Nrn. 4, 4 S. 1, § 6
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob und ggf. in welcher Höhe eine gewinnerhöhende Entnahme aus dem Betriebsvermögen dadurch vorliegt, dass GmbH-Anteile nach einer vorgenommenen Betriebsaufspaltung an einen Angehörigen verschenkt worden sind.
Der verstorbene Herr X, der Ehemann der Klägerin zu 1. und Vater des Klägers zu 2., war bereits in den 80er Jahren Inhaber eines gewerblichen Unternehmens unter der Firma X1 gewesen, das im Folgenden mit „Einzelunternehmen” bezeichnet wird. Dieses Einzelunternehmen erwirtschaftete in den Jahren 1981 bis 1989 die folgenden Gewinne, wobei die Ergebnisse der Jahre 1981 bis 1983 in Ermangelung noch vorhandener Steuerakten die vom Beklagten nicht überprüften Bilanzergebnisse und die Ansätze für 1984 bis 1989 die gewerblichen Einkünfte der bestandskräftigen Einkommensteuerveranlagungen wiedergeben:
1981 |
192.800,– DM |
1982 |
296.400,– DM (davon a.o. Erträge aus Anlagenverkäufen 44.900,– DM) |
1983 |
402.300,– DM (davon aus Anlagenverkauf 2.900,– DM) |
1984 |
314.957,– DM |
1985 |
255.333,– DM (davon aus Anlagenverkauf 25.800,– DM) |
1986 |
512.888,– DM (davon aus Anlagenverkauf 45.800,– DM) |
1987 |
606.728,– DM (davon aus Anlagenverkauf 123.500,– DM) |
1988 |
787.848,– DM (davon aus Anlagenverkauf 3.700,– DM |
1989 |
700.572,– DM (davon aus Anlagenverkauf 43.900,– DM) |
In der Zeit vom 24.04.1984 bis 31.07.1986 hielt Herr X im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens auch die Anteile an einer Firma X2 GmbH, mit der ein Ergebnisabführungsvertrag bestand. Die Verluste, die die betreffende GmbH in den drei Veranlagungszeiträumen ihrer Existenz erwirtschaftete, sind in den vorbezeichneten Gewinnen des Einzelunternehmens bereits berücksichtigt.
In 1989 beabsichtigte Herr X, sein Einzelunternehmen durch Umstrukturierung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung in ein Besitzunternehmen als fortbestehendes, das Betriebsvermögen verpachtendes Einzelunternehmen sowie eine Betriebsgesellschaft in der Form einer GmbH aufzuteilen. An dieser GmbH sollte auch der Sohn X3 als Minderheitsgesellschafter und weiterer Geschäftsführer beteiligt werden.
Der Entwurf des GmbH-Gesellschaftsvertrags sah im § 11 Abs. 1 Buchstabe d) die Verpflichtung der Gesellschafter vor, durch Ehevertrag sicher zu stellen, dass Zugewinnausgleichsansprüche hinsichtlich der Gesellschaftsbeteiligung nicht entstehen könnten. Da diese Voraussetzung im Dezember 1989 hinsichtlich des verheirateten Herrn X3 noch nicht geschaffen war, gründete Herr X durch notarielle Urkunde vom 27.12.1989 die Firma X4 GmbH (im Folgenden: GmbH) als alleiniger Gesellschafter.
Der Gesellschaftsvertrag enthielt – soweit hier von Bedeutung – im wesentlichen die folgenden Bestimmungen: Gegenstand des Unternehmens war … (§ 2). Das Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 100.000,– DM wurde von Herrn X insgesamt übernommen (§ 3). Die Gesellschaft wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und begann ihren Betrieb am 01.01.1990 (§ 4). Je 100,– DM eines Geschäftsanteils gewährten eine Stimme (§ 8 Abs. 9). Sollte ein Gesellschafter – gleich aus welchem Grunde – aus der Gesellschaft ausscheiden, so sollte er eine Abfindung, berechnet nach dem sogenannten „Stuttgarter Verfahren”, erhalten (§ 14).
Ebenfalls am 27.12.1989 und in derselben notariellen Urkunde beschloss Herr X als alleiniger Gesellschafter der GmbH, sich selbst und auch seinen Sohn Herrn X3 zu jeweils allein vertretungsberechtigten Geschäftsführern zu bestellen.
Am folgenden Tage, also am 28.12.1989, schloss Herr X in seiner Eigenschaft als Inhaber des Besitzunternehmens X1, diese Firma als Verpächterin, mit der neu gegründeten X4 GmbH als Pächterin einen Miet- und Pachtvertrag. In der Präambel des Vertrages hieß es, dass die Verpächterin mit Wirkung vom 01. Januar 1990 die Produktion und den Vertrieb ihres Unternehmens an die Pächterin verpachte. Die Pächterin werde Produktion und Vertrieb auf eigene Rechnung durchführen. Der Verpächterin obliege der Zentraleinkauf aller Anlagegüter, die in ihrem Eigentum verblieben und der Pächterin im Rahmen des Pachtvertrages zur Verfügung gestellt würden, sowie weiterhin die Vergabe von Großreparaturen in Namen der Pä...