Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungszinsen für die Vergütung von Vorsteuer
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Festsetzung der Vorsteuervergütung ist keine Steuerfestsetzung.
2. § 233a AO ist nur auf Steuerfestsetzungen anwendbar und nicht auf das Vorsteuererstattungsverfahren.
Normenkette
AO § 233a; UStG § 18 Abs. 9
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage nach einem Verzinsungsanspruch aus § 233a Abgabenordnung – AO – für die Vergütung von Vorsteuer nach § 18 Abs. 9 Umsatzsteuergesetz – UStG.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein in Österreich ansässiges Unternehmen.
Die Klägerin beantragte am 08. April 1999 (Posteingang beim Beklagten) die Vergütung von Vorsteuern im Rahmen des Vergütungsverfahrens nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 bis 61 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) für den Vergütungszeitraum Januar bis März 1999 in Höhe von 256.000,00 DM.
Mit Bescheiddatum vom 17. September 1999 lehnte der Beklagte die beantragte Vergütung von Vorsteuern ab. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte Erfolg.
Mit geändertem Bescheid vom 24.09.2003 erfolgte die Vergütung des begehrten Betrags.
Am 16. Oktober 2003 legte die Klägerin gleichwohl gegen den Bescheid vom 24.09.2003 Einspruch mit der Begründung ein, dass eine Festsetzung von Erstattungszinsen gemäß § 233a Abs. 4 AO unterblieben sei; die Klägerin stellte zudem hilfsweise den Antrag auf Erlass eines Zinsbescheides.
Der Beklagte erläuterte der Klägerin mehrfach die – nach seiner Auffassung gegebene – Nichtanwendbarkeit des § 233a AO auf das Vorsteuer-Vergütungsverfahren i.S.d. § 18 Abs. 9 UStG.
Nachdem sich die Klägerin dieser Rechtsauffassung nicht anschloss, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 04.06.2004 den Einspruch wegen fehlender Beschwer als unzulässig zurück.
Mit Bescheiddatum vom 04.06.2004 lehnte der Beklagte zudem den Antrag auf Festsetzung von Zinsen nach § 233a AO ab.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 04.06.2004 legte die Klägerin am 25.06.2004 Einspruch ein, der vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 29.09.2005 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Der Ablehnungsbescheid vom 04.06.2004 und die Einspruchsentscheidung vom 29.09.2005 sind Gegenstand der vorliegenden Klage.
Nach Auffassung der Klägerin steht dieser ein Anspruch auf Verzinsung ihres Vergütungsanspruches gemäß § 233a AO zu, da das Vorsteuervergütungsverfahren nach Dafürhalten der Klägerin eine Steuerfestsetzung ist.
Die Klägerin begründet ihren Rechtsstandpunkt wie folgt:
- Die Regelung in § 155 Abs. 4 AO stehe der begehrten Festsetzung von Zinsen nicht entgegen: Der Antrag auf Vergütung der Vorsteuer sei eine Steueranmeldung i.S.d. § 150 AO. Da sich bei Vorsteuer-Vergütungsverfahren regelmäßig Erstattungsbeträge ergäben, unterliege der Anspruch der Zustimmung des Finanzamtes nach § 168 Satz 2 AO. Mit Erteilung der Zustimmung stehe der Vergütungsantrag einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich; die Klägerin verweist insoweit auf die ausdrückliche Formulierung in den Umsatzsteuer-Richtlinien (R 243: Vorsteuer-Vergütungsverfahren, Abs. 4 Satz 2 UStR 2000). Die Regelung in § 155 Abs. 4 AO passe nur für die Fälle, in denen der Vergütungsanspruch selbständig festgesetzt werde.
Jedenfalls sei – so das wesentliche Argument der Klägerin – die Festsetzung des Vergütungsanspruchs eine Festsetzung (negativer) Steuer. Somit sei kein Grund ersichtlich, Vergütungsansprüche nicht gemäß § 233a AO zu verzinsen.
Der Beklagte vertrete demgegenüber zwar die Auffassung, dass eine Verzinsung nicht in Betracht kommt, weil § 233a Abs. 1 Satz 2 AO die Festsetzung von Steuerabzugsbeträgen vom Verzinsungsanspruch ausnehme. Dieser Argumentation könne schon deswegen nicht gefolgt werden, weil durch das Vorsteuervergütungsverfahren keine Steuerabzugsbeträge festgesetzt würden.
Weiterhin sei es Ansicht des Beklagten, dass der in § 233a Abs. 3 S. 1 AO genannte Unterschiedsbetrag auf den Unterschied zwischen geschuldeter Umsatzsteuer und entstandenen Vorsteuerbeträgen abstelle und es im Vorsteuervergütungsverfahren keinen solchen Unterschiedsbetrag gäbe, da in diesem Verfahren keine Umsatzsteuer geschuldet werde.
Auch diese Argumentation sei nicht stimmig: Die festgesetzte Steuer i.S. des § 233a Abs. 3 S. 1 AO sei die zu entrichtende Umsatzsteuer (im Streitfall: Null) abzüglich der in Rechnung gestellten Vorsteuern. Davon abzuziehen seien geleistete Vorauszahlungen (im Streitfall: Null). Daraus ergebe sich, dass für die Zinsberechnung per Saldo die zu erstattenden Vorsteuerbeträge maßgebend seien. „Umsatzsteuer” und „Vorsteuer” seinen unselbständige Besteuerungsgrundlagen; maßgeblich sei letztlich der Saldo, der bei der Umsatzsteuer auch negativ sein könne. Im Vergütungsverfahren sei der Betrag zwangsläufig negativ. Dieser Negativbetrag sei die „Steuer”, die technisch nur über eine Festsetzung abgewickelt werden könne.
Das Besteuerungsverfahren i.S.d. § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG sei damit ein „Festsetzungsverfahren”, wenn a...