Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides für USt aufgrund Erwerb eines Unternehmens in Form eines vermieteten Grundstücks
Leitsatz (redaktionell)
Der Haftungstatbestand des § 75 AO orientiert sich am Unternehmensbegriff des § 2 Abs. 1 UStG. Vermieter und Verpächter sind umsatzsteuerrechtlich als Unternehmer anzusehen, wenn sie fortgesetzt den Gebrauch von beweglichen oder unbeweglichen Sachen einem Dritten gegen Entgelt überlassen. Dabei ist es unerheblich, ob die Einkünfte des Vermieters einkommensteuerlich als Gewinn aus Gewerbebetrieb oder als Einkünfte aus V+V anzusehen sind und ob das Unternehmen besondere Einrichtungen aufweist. Diese umsatzsteuerrechtliche Betrachtungsweise ist auch für die Auslegung des § 75 AO maßgebend. Vor diesem Hintergrund sind der Erwerb eines Grundstück in Kenntnis der umsatzsteuerpflichtigen Vermietung bzw. Verpachtung und der Eintritt in die bestehenden Miet- bzw. Pachtverhältnisse als Erwerb eines Unternehmens i.S.d. § 75 AO und nicht als Übergang einer bloßen Vermögenssubstanz zu werten.
Normenkette
AO § 75; UStG § 2 Abs. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 15.01.2015; Aktenzeichen VII B 161/14) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids für Umsatzsteuer 2005.
Die Klägerin ist eine nach spanischem Recht gegründete sociedad de responsabilidad limitada (s.l.) mit Sitz in C (Spanien). Sie ist ausweislich einer Wirtschaftsauskunft des Bundeszentralamts für Steuern seit dem 29.6.2005 im Handelsregister von C (Spanien) registriert. Alleinige Gesellschafterin ist Frau D; als Geschäftsführerin ist seit dem 13.3.2006 Frau B bestellt.
Die Klägerin wird vom Beklagten für Umsatzsteuerverbindlichkeiten der D GbR in Haftung genommen. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Jahr 2000 hatten die Eheleute D1 und D das Grundstück E-Straße … in … F jeweils zu einem hälftigen Miteigentumsanteil erworben und in den Jahren 2000 bis 2002 mit einem Gebäudekomplex bebaut. In dem als „Ritterburg D” bezeichneten Objekt befand sich ein Veranstaltungssaal, der für individuelle Festlichkeiten genutzt werden konnte. Die „D GbR, Vermietungsgesellschaft” (im Folgenden: GbR) hatte für die Jahre ab 2000 Umsatzsteuererklärungen beim Beklagten eingereicht und darin die Umsatzsteuer aus den Herstellungskosten des Gebäudes als Vorsteuern geltend gemacht.
Die „Ritterburg D” wurde ausweislich eines Mietvertrags für den Zeitraum vom 1.5.2001 bis zum 1.5.2011 fest für 10 Jahre an den von Herrn D1 betriebenen „Partyservice D” vermietet. Im Mietvertrag war als Vermieterin die „D GbR, vertreten durch D1 und D” angegeben. Die monatliche Miete belief sich auf 2.900 Euro. Für nähere Einzelheiten wird auf den in der Vertragsakte des Beklagten befindlichen Mietvertrag Bezug genommen. Die Vermietung wurde in den von der GbR beim Beklagten eingereichten Umsatzsteuererklärungen als umsatzsteuerpflichtig behandelt.
Im Rahmen einer im November 2005 bei der GbR für die Zeiträume 2000 bis 2002 durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Beklagte unter anderem fest, dass der auf Herrn D1 entfallende Grundstücksanteil an dem Objekt E-Straße … als notwendiges Betriebsvermögen des Einzelunternehmens „Partyservice-D” zu erfassen sei und zog hieraus die entsprechenden ertragsteuerlichen Konsequenzen. Für nähere Einzelheiten wird auf den Bericht der Betriebsprüfung vom 16.4.2007 Bezug genommen.
In der Folgezeit erwarb die Klägerin das Objekt E-Straße … mit notariellem Vertrag vom 8.2.2006 von den Eheleuten D. Ausweislich des Kaufvertrags erklärten die Eheleute D bei der Beurkundung vorab, dass sie „in dieser Urkunde in ihrer Eigenschaft als Unternehmer handeln”. Der Kaufpreis belief sich auf 250.000 Euro; gleichzeitig sollte der Käufer den Verkäufer von einer zum 31.12.2005 bestehenden Verbindlichkeit in Höhe von 250.000 Euro freistellen. Für nähere Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 8.2.2006 Bezug genommen.
Die Eigentumsübertragungsvormerkung wurde am 4.4.2006 und der Eigentumsübergang am 8.3.2007 in das Grundbuch eingetragen.
Im Jahresabschluss der Klägerin für das Jahr 2006 war das Grundstück E-Straße … neben vier weiteren Grundstücken als Anlagevermögen mit einem Wert von 255.786 Euro bilanziert. Die Umsatzerlöse der Klägerin beliefen sich auf insgesamt 64.194 Euro und waren in der Gewinn- und Verlustrechnung als „Miet-/Pachterlöse” erfasst. Als Betriebsausgaben wurden neben der Abschreibung für Abnutzung und Zinsaufwendungen unter anderem auch „Grundstücksaufwendungen Miet-/Pachtobjekte” geltend gemacht. In den allgemeinen Erläuterungen wurde darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihre Tätigkeit im Jahr 2006 aufgenommen habe und sich der Jahresabschluss alleine auf die in Deutschland steuerpflichtige Geschäftstätigkeit der Klägerin beziehe. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass die Klägerin in Deutschland langfristig vermietete Grundstücke erworben habe und sie mit den hieraus erzielten Einkünften in Deutschland steuerpflichtig sei. Die Umsätze seien gemäß §...