Entscheidungsstichwort (Thema)
Scheinrenditen aus betrügerischen Anlagemodellen
Leitsatz (redaktionell)
1. Wenn Kapital gegen Entgelt überlassen wird, ist der Einkunftstatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt, wobei alle Entgelte, die für eine Kapitalüberlassung im weitesten Sinne zufließen, anzusetzen sind.
2. Es ist ohne Belang, ob die Beträge tatsächlich erwirtschaftet worden sind und ob die Anleger des Kapitals insoweit einen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch besessen haben, so dass auch sog. Scheinrenditen hierunter fallen.
3. Die Akquirierung von Anlegern mit einem Mindestkapital von 5.000 € bei einer Mindestlaufzeit von einem Jahr und einer Inaussichtstellung von 15,5% jährlicher Rendite spricht gegen die Annahme einer stillen Gesellschaft.
4. Es ist für die steuerrechtliche Würdigung unerheblich, dass die Erträge aus angeblichen Beteiligungen an Anlagekonstrukten von Briefkastenfirmen (Corporation) in den USA und Panama tatsächlich keine erwirtschafteten Renditen darstellen, sondern aus den Anlagebeträgen zahlreicher Anleger bezahlt worden sind.
5. Einnahmen sind zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige über sie verfügen kann. Dies ist auch dann der Fall, wenn durch eine Gutschrift zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Dies kann auch dadurch geschehen, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet werden soll (sog. Novation).
6. Eine Gutschrift der Corporation, die standardmäßig jährlich dem Anleger zugesandt wird und den Hinweis enthält, dass es dem Anleger freistehe, die Beteiligung bis zum Jahresende zu kündigen oder auf diese Kündigung zu verzichten, damit die Corporation das hingegebene Kapital wieder anlege, führt zum Zufluss der gutgeschriebenen Beträge, wenn die Corporation zu diesem Zeitpunkt zahlungsfähig und -willig war.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1 Nrn. 4, 7; HGB § 230; BGB § 488 Abs. 1 S. 1; DBA-USA Art. 11; AO § 90 Abs. 2 S. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in den Streitjahren 2007 bis 2010 durch ihre Beteiligungen an Anlagemodellen der A Corp, USA (im Folgenden: „A USA”) bzw. A Corp., Panama (im Folgenden „A Panama”) Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt hat.
Der Kläger ist Geschäftsführer (der XX GmbH), die Klägerin kaufmännische Angestellte. Sie erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (klagender Ehemann: in einer Größenordnung von ca. … € bis … € jährlich; klagende Ehefrau: ab 2008 in einer Größenordnung von ca. … € (2010), … € (2008) bzw. … € (2009) jährlich), Vermietung und Verpachtung (Verluste) und Kapitalvermögen. Für das Streitjahr 2009 wurden die Eheleute getrennt, für die übrigen Streitjahre zusammen veranlagt. Die Kläger haben 2 Kinder (geb. 2002 und 2005).
Am 30.10.2006 unterzeichneten die Kläger als Auftraggeber mit der in D, Spanien, ansässigen E S.L., Berater F, als Auftragnehmer einen Beratungsvertrag zur Anlage von Kapital. Für seine Tätigkeit sollte der Auftragnehmer eine Vergütung in Höhe von 6 % des Anlagebetrages erhalten.
Die Klägerin investierte im Jahr 2006 einen Betrag von … € bei der A P (USA). Hierzu unterzeichnete sie am ….2006 eine sog. Beitrittserklärung, in der sie die A P (USA) beauftragte, sie als „Gesellschafter” mit einer Einlage in der vorgenannten Höhe aufzunehmen. In der Beitrittserklärung vom ….2006 heißt es u.a.:
„Ich, der Unterzeichnende […] nachfolgend „Stiller Gesellschafter” genannt, beauftrage hiermit die A Corporation, B-Straße …, P (USA) nachfolgend „Gesellschaft” genannt, mich als Stiller Gesellschafter mit folgender Einlage aufzunehmen […].
Den auf der Rückseite abgedruckten bzw. angehängten Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der A Corporation biete ich dieser zum Abschluss an. An dieses Angebot halte ich mich zwei Monate nach Zugang bei der Gesellschaft gebunden. Nach Annahme der Beitrittserklärung durch die Gesellschaft überweise ich innerhalb von 14 Tagen die Beteiligungssumme auf das von der Gesellschaft bezeichnete Konto.”
Für die Beratungsleistungen stellte die E S.L. unter dem 8.11.2006 eine Rechnung über ein Beratungshonorar i.H.v. … € aus. Mit Schreiben vom 27.11.2006 bestätigte die A P (USA), die Gutschrift des Einzahlungsbetrags i.H.v. … € und wies die Klägerin darauf hin, dass sofern die Klägerin eine Beendigung ihrer Beteiligung wünsche, diese frühestens nach Ablauf von 12 Monaten möglich sei, wobei die Kündigung spätestens bis zum 30.9.2007 zu erfolgen habe. Im Fall der Kündigung würde die Beteiligung am 31.12.2007 enden. Sollte keine Kündigung erfolgen, verlängere sich die Beteiligung automatisch um weitere 12 Monate, dies gelte auch für die Folgejahre.
Bei der A P (USA) handelte es sich um eine 2002 nach dem Recht des amerikanischen Bundesstaates K gegründete Corporation, mit Briefkastenanschriften ohne eigene Büroräumlichkeiten und Mitarbeiter in den USA, später zusätzlich auch in Panama (A Panama). Gesellschaftszweck der Corporation war die Verwaltung eigenen Verm...