Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbliche Nebeneinkünfte eines Ministerialrats
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Ministerialrat, der von öffentlichen und privaten Auftraggebern Schreibarbeiten übernimmt und hierfür in Rechnung gestellte Entgelte erhält, erzielt umsatzsteuerpflichtige und gewerbesteuerpflichtige Einnahmen.
2) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht, kann es sich im Einzelfall aus Gerechtigkeitserwägungen als notwendig herausstellen, nicht nur Sachmengen und Geldbeträge zu schätzen (Schätzung der Höhe nach), sondern auch das Vorliegen der Besteuerungsgrundlagen selbst (Schätzung der Höhe nach).
3) Gibt der Steuerpflichtige eine Aufklärung nicht, für die er verantwortlich ist, so kann zu seinen Lasten der ihm ungünstigere Sachverhalt unterstellt werden, sofern dieser einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit für sich hat.
4) Die Anforderungen an diesen Wahrscheinlichkeitsgrad sind umso geringer, je eher von dem Steuerpflichtigen erwartet werden kann, dass er zur Sachverhaltsaufklärung imstande ist.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1; AO § 162; EStG § 15 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Nach seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre erzielte der seit 0000 pensionierte Kläger als … im Dienstrange eines Ministerialrats Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit sowie aus Vermietung und Verpachtung. Er nutzte das Erdgeschoss seines Wohnhauses in der Stadt T selbst, während er das Obergeschoss fremd vermietete. Außerdem hatte der Kläger 1995 eine Eigentumswohnung in der Stadt H erworben. Ferner hatte der Kläger gewerbliche Einkünfte aus einer Verlagstätigkeit und selbständige Einkünfte als Volkshochschuldozent erklärt.
Bei einer Steuerfahndungsprüfung, deren Ergebnisse in dem Bericht des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung der Stadt C (Steuerfahndung) vom 28. Juni 1999 und den tabellarischen Anlagen dazu enthalten sind, wurden zudem Umsätze bzw. Einkünfte aus nebenberuflicher gewerblicher Tätigkeit sowie bisher nicht bzw. nicht vollständig erklärte Zins- und Vermietungseinkünfte ermittelt. Neben seiner nichtselbständigen hauptberuflichen Tätigkeit hatte der Kläger von öffentlichen und privaten Auftraggebern Schreibarbeiten übernommen und hierfür in Rechnung gestellte Entgelte erhalten. Diese betrugen gemäß den eigenen Aufzeichnungen des Klägers 1987: 53.650 DM, 1988: 50.234 DM, 1989: 45.084 DM, 1990: 66.576 DM, 1991: 54.609 DM, 1992: 70.357 DM, 1993: 76.182 DM, 1994: 71.121 DM, 1995: 39.441 DM, 1996: 47.209 DM und 1997: 36.648 DM.
Die Steuerfahndung errechnete daraus Nettobeträge und erhob darauf 14 v.H., ab 1993 15 v.H. Umsatzsteuer. Wegen der Beträge wird auf die Anlage I des Steuerfahndungsberichts (Blatt 212 der Gerichtsakten) verwiesen. Einen Vorsteuerabzug nahm die Steuerfahndung nicht vor. Der Kläger hatte die erhaltenen Aufträge an Schreibkräfte weitergegeben, welche die dafür vom Kläger erhaltenen Entgelte ohne Umsatzsteuerausweis bestätigt und mit „Privatarbeiten für den Kläger” bezeichnet haben. Die Steuerfahndung nahm diesbezüglich Einkünfte aus Gewerbebetrieb an und schätzte die abzugsfähigen Betriebsausgaben mit 30 v.H. der Nettoeinnahmen, womit auch die Zahlungen an andere Personen abgegolten sein sollten.
Außerdem hatte der Kläger private Darlehen vergeben und Gelder bei verschiedenen Kreditinstituten angelegt und angespart. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 14 des Steuerfahndungsberichts verwiesen. Die Steuerfahndung stellte die Einnahmen aus Kapitalvermögen anhand der vorgefundenen Aufzeichnungen und Bankunterlagen fest, schätzte die Werbungskosten und berücksichtigte die jeweils gültigen Sparerfreibeträge. Wegen der Beträge wird ebenfalls auf die Anlage I des Steuerfahndungsberichts verwiesen. Auch die Vermietungseinkünfte hatte der Kläger nicht vollständig erklärt. Die Steuerfahndung ermittelte und berücksichtigte die gemäß den eigenen Aufzeichnungen des Klägers tatsächlich erhaltenen Mieteinnahmen. Insofern wird ebenfalls auf die Anlage I des Steuerfahndungsberichts verwiesen.
Gegen die dementsprechenden und im vorliegenden Klageverfahren angefochtenen Steuerbescheide, auf deren Inhalt ebenfalls verwiesen wird, legte der Kläger Einsprüche ein und trug vor, bei der nebenberuflichen Tätigkeit handele es sich um Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Zahlungseingänge auf sein Konto beträfen ihn nicht selbst, sondern Kollegen, an die er die Aufträge delegiert habe. Es gebe keine schriftlichen Vereinbarungen. Die Betriebsausgaben seien mit 30 % zu gering angesetzt. Der Ansatz der Kapitaleinkünfte sei zu hoch, da das festgestellte Kapitalvermögen auch Fremdvermögen beinhalte.
Die Einsprüche des Klägers führten bei den Einkommensteuerbescheiden für 1987 bis 1989 zu Änderungen, indem Kinderfreibeträge gemäß § 53 des Einkommensteuergesetzes (EStG) noch berücksichtigt wurden. Im Übrigen blieben die Einsprüche gegen sämtliche angefochtenen Steuerbescheide ohne Erfolg und wurden durch Ein...