Entscheidungsstichwort (Thema)
Erklärung zur Inanspruchnahme des Betriebsvermögensfreibetrages als rückwirkendes Ereignis; Erwerb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auch bei Nießbrauchsvorbehalt
Leitsatz (redaktionell)
1) Der Annahme eines Erwerbs im Wege der vorweggenommenen Erbfolge i.S. des § 13 Abs. 2a S. 1 Nr. 2 ErbStG a.F. steht ein dem Schenker vorbehaltener Nießbrauch (hier: an Kommanditanteilen) dann nicht entgegen, wenn der Beschenkte - ggf. auch neben dem Nießbraucher - ertragsteuerlich Mitunternehmer und der Nießbrauch nicht so extrem ausgestaltet wird, dass dem Beschenkten keine Mitunternehmerinitiative mehr verbleibt.
2) Die nach Bestandskraft des Schenkungsteuerbescheides erfolgte Erklärung des Schenkers, für die Zuwendung den Betriebsvermögensfreibetrag in Anspruch zu nehmen, stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1, 1 Nr. 2; ErbStG § 13Abs 2a; ErbStG § 13 Abs. 2a Sätze 1, 1 Nr. 2, Abs. 3, § 25 Abs. 1, 1 S. 1; AO 1977 § 175 Abs. 1, 1 Sätze 1, 1 Nr. 2; BGB §§ 1922, 2325 Abs. 3; ErbStG § 7 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger für seinen – bereits bestandskräftig zur Schenkungsteuer veranlagten – Beteiligungserwerb den Betriebsvermögensfreibetrag nach § 13 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 ErbStG a.F. in Anspruch nehmen kann.
Der Onkel des Klägers, …, war mit einer voll eingezahlten Kommanditeinlage von …,– DM Kommanditist der im Handelsregister des Amtsgerichts … eingetragenen … … Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Co. KG (…-GmbH & Co. KG). Außerdem war er mit zwei ebenfalls voll eingezahlten Geschäftsanteilen von nominal jeweils 1.300,– DM an der Komplementär – GmbH (… Gesellschaft mit beschränkter Haftung – …-GmbH –) beteiligt. Mit notariellem Vertrag vom 7. Dezember 1994 (Urk.-Nr. 1896/1994-S des Notars Dr. …) übertrug er unter Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchs seinen beiden Neffen – unter anderem dem Kläger – und seiner Nichte im Wege der Sonderrechtsnachfolge jeweils ein Drittel seiner Anteile an den beiden vorgenannten Gesellschaften und schied aus ihnen aus. Unter demselben Datum trat der Onkel des Klägers diesem und dessen beiden Geschwistern zu gleichen Teilen zusätzlich einen Teil seiner Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft Köln, … Str. … (GbR) ab. Auch insoweit behielt er sich auf Lebenszeit ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht vor (vgl. notarieller Vertrag Urk.-Nr. 1897/1994-S des Notars Dr. Spiess).
In seiner am 25. April 1995 eingereichten Schenkungsteuererklärung gab der Kläger den Einheitswertanteil des Grundstücks … Str. … mit 8.852,– DM, den anteiligen Wert des übrigen Vermögens der GbR mit 7.690,– DM (Schulden: 137,– DM) und den anteiligen Einheitswert des Betriebsvermögens der …-GmbH & Co. KG mit 50.521,– DM an. Hierzu erläuterte er in einer separaten Anlage, dass der Erklärung hilfsweise die vermögensteuerlichen Werte auf den 1. Januar 1994 zugrunde gelegt worden seien, weil die Werte auf den Stichtag 1. Januar 1995 noch nicht festgestellt worden seien. Es werde beantragt, „die Schenkungsteuer hinsichtlich dieser Vermögensgegenstände” vorläufig festzusetzen. Die auf den Stichtag entfallenden Beträge würden bei Vorliegen nachgereicht.
Mit Bescheid vom 1. September 1995 setzte der Beklagte – ausgehend von einem Erwerbswert i.H. von 403.577,– DM – Schenkungsteuer i.H. von 90.505,– DM gegen den Kläger fest. Einen Teilbetrag von 15.318,– DM stundete er gemäß § 25 ErbStG im Hinblick auf die dem Schenker vorbehaltenen Nießbrauchsrechte. Die Veranlagung erfolgte nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig
„… bezüglich der noch nicht auf den 1.1.1995 endgültig festgestellten Werte
- EWBV der … GmbH & Co. KG
- EWBV der Grundstücksgesellschaft … Str. … GbR”
Am 24. September 1996 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass sich die vermögensteuerlichen Werte der Beteiligungsgesellschaften auf den 1. Januar 1995 wie folgt geändert hätten:
Es werde beantragt, den Bescheid gemäß §§ 164 Abs. 2 Satz 1,165 Abs. 2 AO entsprechend zu ändern und das Betriebsvermögen gemäß § 13 Abs. 2a Nr. 2 ErbStG a.F. außer Ansatz zu lassen. Zum Nachweis der Tatsache, dass es sich bei der Zuwendung der Gesellschaftsanteile um einen Erwerb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge handele, legte er einen notariellen Erbvertrag vom 19. Februar 1991 vor, in dem sich sein Onkel und dessen Ehefrau zunächst gegenseitig zu Erben berufen und für den Todesfall des Längstlebenden die Nichten und Neffen des Ehemannes (Onkels) zu gleichen Teilen als Gesamtrechtsnachfolger eingesetzt hatten. Auf den weiteren Inhalt der Vertragsurkunde wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 1996 übersandte der Kläger darüber hinaus eine schriftliche Erklärung des Betreuers seines Onkels, derzuf...