Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldfestsetzung; Frist
Leitsatz (redaktionell)
Die Festsetzungsfrist für die Steuervergütung Kindergeld beträgt vier Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.
Normenkette
AO 1977 § 170 Abs. 1, § 169 Abs. 2 Nr. 2
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 20.12.2006; Aktenzeichen III B 122/06) |
Tatbestand
Die Tochter S des Klägers befand sich in der Zeit von August 1998 bis einschließlich Juni 2001 in Ausbildung zur Bürokauffrau. Die Beklagte hatte das Kindergeld für S mit Bescheid vom 15. Dezember 1999 ab Januar 2000 auf 0 DM festgesetzt, weil die Einkünfte und Bezüge von S nach der damaligen Ansicht der Beklagten, nach der die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung unberücksichtigt blieben, den Jahresgrenzbetrag für das Jahr 2000 (13.500 DM) überschritten. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren beim FG Köln unter dem Aktenzeichen 4 K 873/00 eingelegte Klage wurde im April 2003 zurückgenommen, nachdem das BVerfG mit Beschluss vom 30. September 2002 2 BvR 1781/00 eine Verfassungsbeschwerde betreffend der Auslegung des Begriffs „Einkünfte” nicht zur Entscheidung angenommen hatte.
Mit einem am 18. Juli 2005 bei der Beklagten eingegangenen Antrag beantragte der Kläger unter Hinweis auf den im Mai 2005 veröffentlichten Beschluss des BVerfG vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02 erneut Kindergeld für das Jahr 2000, weil der Jahresgrenzbetrag unter Berücksichtigung der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung nicht überschritten sei (Kindergeld-Akte, Bl 101). Nach erneuter Vorlage der Ausbildungsbescheinigung (Kindergeld-Akte, Bl 104) sprach die Beklagte dem Kläger mit dem vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 19. September 2005 das Kindergeld lediglich für den Zeitraum Januar bis Juni 2001 zu. Für das Jahr 2000 lehnte die Beklagte die Neufestsetzung von Kindergeld erneut ab, weil die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 mit Ablauf des Jahres 2004 abgelaufen sei. Damit sei der Kindergeldanspruch auch dann erloschen, wenn er bestanden haben sollte.
Mit seinem Einspruch machte der Kläger geltend, die Berufung auf den Ablauf der Festsetzungsfrist sei unzulässig, weil die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 15. Dezember 1999 auf 0 DM verfassungswidrig gewesen sei. Das Vertrauen des Klägers sei auch deshalb schutzwürdig, weil Herr F im Telefonat vom 27. Juli 2005 ausdrücklich auch die Verdienstbescheinigung für das Jahr 2000 angefordert habe. Dies wäre bei Ablauf der Festsetzungsfrist nicht erforderlich gewesen.
Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 2. November 2005) eingelegten Klage bezieht sich der Kläger zunächst auf seinen Vortrag im Einspruchsverfahren. Vor dem Hintergrund der zurückgenommenen Klage im Verfahren 4 K 873/00 beruft sich der Kläger außerdem darauf, ihm sei Wiedereinsetzung in das Klageverfahren zu gewähren, weil er die Klage nicht zurückgenommen sondern die Aussetzung des Verfahrens beantragt hätte, wenn ihm die Anhängigkeit eines entsprechenden Verfahrens beim BVerfG bekannt gewesen sei.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 19. September 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2005 zu verpflichten, das Kindergeld für die Monate Januar bis Dezember 2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich nach wie vor auf den Ablauf der Festsetzungsfrist und trägt außerdem vor, die Ablehnung vom 15. Dezember 1999 sei mit der Klagerücknahme im Verfahren 4 K 873/00 bestandskräftig geworden. Aus der Anforderung der Ausbildungsbescheinigung auch für das Jahr 2000 könne keine Zusage abgeleitet werden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1. Zwar hat der Senat mit Urteil vom heutigen Tage in der Sache 10 K 4692/05 entschieden, dass die Änderung einer bestandskräftigen Kindergeldfestsetzung, die auf einer Prognoseentscheidung beruht, auch dann möglich ist, wenn die korrigierte Berechnung nach Abschluss des Jahres auf einer geänderten rechtlichen Würdigung des unveränderten Sachverhalts, etwa aufgrund einer geänderten oder neu berücksichtigten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung beruht. Jedoch ist der Anspruch des Klägers auf Kindergeld – wenn er bestanden haben sollte – jedenfalls durch Ablauf der Festsetzungsfrist erloschen. Die Festsetzungsfrist für die Steuervergütung Kindergeld beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977) und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO 1977). Die Festsetzungsfrist begann daher am 1. Januar 2001 und endete am 31. Dezember 2004. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 170 Abs. 3 AO 1977, nach dem die Frist für die Aufhebung oder Änderung der Festsetzung einer Steuervergütung, die nur auf Antrag festgesetzt wird, nicht vor Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Antrag gestellt wird. Denn diese Vorschrift gilt nicht für die erstmalige Festsetzung von Kindergeld. Die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlös...