Entscheidungsstichwort (Thema)
Herausgabeverlangen und Auswertung von "WGZ-Konten" anläßlich der Außenprüfung einer Bank
Leitsatz (redaktionell)
1) Das Verlangen des Finanzamts anläßlich der Außenprüfung einer Bank zur Herausgabe der "WGZ-Konten", die als betriebsinterne Eigenkonten Bestandteil der bankinternen Buchführung sind und über die in ihrer Eigenschaft als sog. Betriebsverrechnungskonten (Zwischenkonten) u. a. alle Transaktionen abgewickelt werden, bei denen eine andere (auch ausländische) Bank angesprochen wird, ist zulässig.
2) Die Auswertung der grundsätzlich vorlagepflichtigen Konten und Geschäftsunterlagen einer Bank für Kontrollmitteilungszwecke ist zulässig, wenn unter Berücksichtigung der dem Außenprüfer erkennbaren Fallumstände und seiner Erfahrung gerade in diesem Bereich Steuerverkürzungen der von der Mitteilung Betroffenen nicht ausgeschlossen werden können.
3) Gemäß § 194 Abs. 3 AO ist nicht erforderlich, dass zusätzlich ein hinreichender oder besonderer Anlass für die beabsichtigte Fertigung von Kontrollmitteilungen besteht. Eine stichprobenweise Erstellung von Kontrollmitteilungen ohne konkreten Nachforschungsanlass ist auch bei Außenprüfungen im Bankenbereich zulässig.
Normenkette
AO 1977 § 200 Abs. 1 S. 2, § 194 Abs. 3, §§ 5, 200 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine nach der Betriebsprüfungsordnung – BpO – vom 17.12.1987 (Bundessteuerblatt – BStBl – I, 802) als sog. Großbetrieb eingestufte Genossenschaftsbank, bei der der Beklagte – damals noch als Finanzamt – FA – für Großbetriebsprüfung …. I, inzwischen umbenannt in FA für Großbetriebsprüfung ……. (vgl. Art. I Nr. 2 a) der 12. Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Zuständigkeiten der Finanzämter vom 25.11.1997, GV. NW. 1997 S. 423) – mit Verfügung vom 11. September 1996 eine Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 1991 bis 1994 anordnete, die später auf das Kalenderjahr 1995 ausgedehnt wurde. Gegenstand der auf § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO – gestützten Prüfung sollten alle relevanten Steuern der Klägerin sein. Der Prüfungsbeginn fiel auf den 16.10.1996, das (vorläufige) Prüfungsende auf den 30.11.1996. Die Prüfungsfeststellungen sind in dem „Zwischenbericht der Betriebsprüferin vom 27.05.1997” niedergelegt. Wegen näherer Einzelheiten wird auf Prüfungsanordnung und -bericht Bezug genommen.
Am Tag des Prüfungsbeginns forderte die Prüferin im Auftrag des Beklagten die Klägerin mit Schreiben vom 15.10.1996 auf, die Kontoauszüge des „Giroausgangskonto” – in der Buchführung der Klägerin als „WGZ-Konto” bezeichnet – für den Zeitraum vom 01.01.1994 bis 30.06.1994 vorzulegen. In dem mit einer üblichen Rechtsbehelfsbelehrung gegen Steuerverwaltungsakte versehenen Schreiben heißt es zur Begründung wörtlich:
„Im Rahmen der Betriebsprüfung werden die o.g. Unterlagen für Kontrollmitteilungszwecke i.S.d. § 194 Abs. 3 AO angefordert. Sollten Sie die Vorlage der o.g. Konten für nicht gerechtfertigt erachten, können Sie gegen die Anforderung der Unterlagen Rechtsmittel einlegen.”
Gegen die angeordnete Kontenvorlage legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und trug vor, das Verlangen des Beklagten und die in diesem Zusammenhang von ihm beabsichtigte Durchleuchtung des Zahlungs- und Überweisungsverkehrs der Bankkunden sei rechtwidrig, weil es der Zielsetzung des § 30 a AO, das Vertrauen des Bürgers in die Funktionsweise und Diskretion des Bankensystems zu stützen, zuwiderlaufe. Darüber hinaus sei im Streitfall die Anforderung der Konten nicht durch den Prüfungsauftrag gedeckt, vielmehr werde hier die Betriebsprüfung mißbraucht, um steuerliche Verhältnisse Dritter systematisch zu ermitteln. Denn die Prüferin vermute auf den Konten Buchungen von Kunden und wolle darüber deren Wohnsitzfinanzämter informieren. Damit sei jedoch die entsprechende Prüfungshandlung nicht mehr durch den Willen motiviert, die Besteuerungsgrundlagen der Bank auftragsgemäß zu überprüfen.
Dieser Auffassung der Klägerin widersprach der Beklagte in seinem Erörterungsschreiben vom 10.07.1997 und teilte gleichzeitig der Klägerin seine Absicht mit, über folgende Buchungssachverhalte auf den angeforderten Konten „stichprobenweise” Kontrollmaterial zu fertigen:
- „Bareinzahlung-Giroausgangskonto
- Bareinzahlung-Giroausgangskonto-Festgeldkonto
- Legitimiertes Konto – Giroausgangskonto – Konto der inländischen Bank (z.B. in Luxemburg) oder der ausländischen Banktochter bei der inländischen Bank
- Festgeldkonto-Giroausgangskonto-Barauszahlung”
Bei diesen Buchungsbeispielen, so führte der Beklagte weiter aus, liege der Schluß nahe, daß Kontrollmitteilungen zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen führen könnten. Das Vorgehen der Prüferin verstoße weder gegen § 30 a Abs. 3 AO – Schutz legitimierter Bankkunden – noch gegen verfassungsrechtliche Grundsätze.
Den gleichwohl aufrechterhaltenen Einspruch der Klägerin wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 22.09.1997, auf deren Inhalt verwiesen wird, als unbegr...