Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch auf deutsches Kindergeld bei Bezug von Dependent Child Allowence durch eine UN-Einrichtung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Bezug von Dependent Child Allowance durch eine UN-Einrichtung schließt den Anspruch auf deutsches Kindergeld gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus.

2) Die Gewährung von Differenzkindergeld gemäß § 65 Abs. 2 EStG kommt in den Fällen des § 65 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht in Betracht.

3) § 65 Abs. 2 EStG ist verfassungsgemäß.

 

Normenkette

EStG § 65 Abs. 1 Nr. 3, § 62

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Bezug von Kindergeld bei gleichzeitigem Erhalt von Dependent Child Allowance durch eine UN-Einrichtung.

Der Kläger und seine Ehefrau sind Eltern der Kinder A, geboren am ….2001 und B, geboren am ….2004. Die Ehefrau des Klägers arbeitete bei der C, einer UN-Einrichtung in D. Sie reduzierte zum 01.08.2009 ihre Arbeitszeit um 50%. Hierdurch reduzierte sich ebenfalls die kinderbezogene Zuwendung des Arbeitgebers (Dependent Child Allowance) um 50% auf 80,50 Euro je Kind und Monat.

Im Rahmen der Zusammenveranlagung des Klägers mit seiner Ehefrau wurde im Einkommensteuerbescheid 2009 ein Kinderfreibetrag i.H. von 6.024 Euro für das Kind B berücksichtigt und das bezogene Dependent Child Allowance i.H. von 1.694 Euro der Einkommensteuer hinzugerechnet.

Im September 2009 beantragte der Kläger Kindergeld ab August 2009 für seine beiden Töchter. Den Antrag lehnte die beklagte Familienkasse mit Bescheid vom 06.10.2009 ab. Sie begründete dies damit, dass der Anspruch auf Dependent Child Allowance unabhängig von dessen Höhe den Anspruch auf Kindergeld in Deutschland ausschließe.

Den hiergegen erhobenen Einspruch wies die Beklagte mit Entscheidung vom 28.10.2009 zurück. Mit der hiergegen am 10.11.2009 erhobenen Klage verfolgt der Kläger die Zahlung von Kindergeld fort.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die gewährte Child Allowance nicht nach § 65 Abs. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG – den Kindergeldbezug ausschließe. Denn die Zweckrichtung von Kindergeld und Dependent Child Allowance sei eine andere. So wolle das Kindergeld das Existenzminimum für das Kind unabhängig vom Erwerbseinkommen sicherstellen, wogegen die Dependent Child Allowance eher an den Familienstatus anknüpfe und das existenzsichernde Moment keine Rolle spiele. Dies ergebe sich auch aus dem Umstand, dass die Dependent Child Allowance vom Umfang der Tätigkeit abhängig sei. Sie stelle mithin eher ein Tarifmerkmal, ähnlich der Familienzulage im öffentlichen Dienst dar. Weiterhin ist der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG (2 BvL 5/00) der Ansicht, dass auch wegen der gegenüber dem Kindergeld um 50% geringeren Leistung die Dependent Child Allowance funktionell nicht mehr mit diesem vergleichbar sei. Diese erfülle nicht die Funktion der Sicherstellung des Existenzminimums.

Zumindest stehe ihm, dem Kläger, ein Anspruch auf Differenzkindergeld zu. Zwar beziehe sich § 65 Abs. 2 EStG ausdrücklich nur auf die Fälle des § 65 Abs. 1 Nr. 1 EStG, doch gebiete eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift eine entsprechende Anwendung, wenn die Kinderleistungen der übernationalen Einrichtung wesentlich, d.h. mehr als 5 EUR unter dem deutschen Kindergeld liege. Denn der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass die Kinderleistungen überstaatlicher Organisationen höher als das Kindergeld seien. Auch schließe die o.g. Entscheidung des BVerfG den Bezug von Differenzkindergeld nicht aus, da diese zu § 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG ergangen sei, der einen anderen Sachverhalt betreffe. Denn vorliegend sei die internationale Einrichtung im Inland belegen, so dass aufgrund der Überwachungsmöglichkeit ein Doppellbezug von Kinderleistungen ausgeschlossen werden könne. Auch sei es gleichheitswidrig, dass für EU-Beamte eine Ausnahmeregelung bestehe, die sogar einen Doppelbezug ermögliche.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheids vom 06.10.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.10.2009 dem Kläger Kindergeld für seine Kinder A und B für die Zeit August 2009 bis Oktober 2009 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt die Beklage aus, dass die von den Vereinten Nationen gezahlten Familienleistungen dem Kindergeld vergleichbar seien, was einen Kingergeldbzug nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG ausschließe. Auch sei es unerheblich, dass die Leistungen niedriger als das Deutsche Kindergeld seien. Dies schließe auch den Bezug von (Differenz-) Kindergeld aus. Hierbei sei es auch unerheblich, dass es sich bei der Dependent Child Allowance um eine Zulage zum Gehalt handele, da diese – wie das Kindergeld – die Zweckrichtung habe, den kindbedingten Mehrbedarf auszugleichen. Ergänzend verweist die Beklagte auf die Ausführungen der DA-FamEStG unter 65.1.4. Abs. 3.

Auf die in den Akten (Blatt 53 ff. der GA) befindlichen „Staff Rules der United Nations” wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Beklagte hat den Kindergeldantrag zu Recht abgelehnt, denn der Kläge...

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