Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsführerhaftung: Zum Begründungszwang des Schuldvorwurfes
Leitsatz (redaktionell)
Sind aufgrund einer Betriebsprüfung Sachverhalte anders bewertet worden als bei der letzten Betriebsprüfung und hierdurch Steuerrückstände entstanden, bedarf es auch bei einer Gläubigerbenachteilung des FA einer ausdrücklichen Darlegung und Begründung des Schuldvorwurfes bei der Haftungsinanspruchnahme des Geschäftsführers.
Normenkette
AO §§ 35, 69, 88, 88 Abs. 1, §§ 90, 90 Abs. 1, § 34
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten sind Brüder und Gesellschafter-Geschäftsführer der C-GmbH (im Folgenden: GmbH), für deren Steuerrückstände sie durch die angefochtenen Haftungsbescheide in Anspruch genommen worden sind; in den dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen ist die Haftungsquote herabgesetzt worden. Die fraglichen Steuerrückstände betreffen vor allem die Körperschaftsteuer (KSt) 1996 bis 1999.
Schon für die Jahre 1992 bis 1995 war die betriebliche Veranlassung von Pensionszusagen an die Gesellschafter-Geschäftsführer umstritten gewesen. Nachdem die klageabweisende Entscheidung des Finanzgerichts Köln (FG) vom 12. 7. 1999 13 K 644/99 (Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1999, 1098) vom Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 8. 11. 2000 I R 70/99 (Amtlich nicht veröffentlichte Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2001, 866) aufgehoben worden war, erkannte der Beklagte in dem nachfolgenden Verfahren 13 K 1890/01 vor dem FG die betriebliche Veranlassung der Pensionsrückstellungen für 1992 bis 1995 noch an. Für die hier fraglichen Jahre 1996 bis 1999 veranlasste der Beklagte jedoch eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung Bergisch Gladbach, auf dessen Bericht vom 14. 6. 2002 verwiesen wird. Danach wurden die im Prüfungszeitraum bilanzierten Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen für die Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH insoweit als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) angesehen, als sie von der GmbH nicht finanzierbar waren (1996: 125.000 DM, 1997: 135.000 DM, 1999: 208.000 DM). Außerdem wurden die laufenden Aufwendungen der GmbH für die Geschäftsführung durch Gesellschafter als überhöht angesehen und insofern weitere vGA angenommen (1996: 122.017 DM, 1997: 117.573 DM, 1998: 199.677 DM). Nachdem entsprechende KSt-Bescheide für 1996 bis 1999 ergangen waren, beantragten die Kläger am 14. 10. 2002 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH. Nach Erstattung eines Insolvenzgutachtens vom 25. 11. 2002, auf dessen Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten ebenfalls verwiesen wird, wurde das Insolvenzverfahren am 1. 12. 2002 eröffnet.
Am 2. 12. 2002 schrieb der Beklagte beide Kläger an und teilte ihnen mit, die GmbH schulde Steuern und Abgaben in Höhe von 173.177,61 (. Zur Prüfung, ob und in welchem Umfang die Kläger dafür als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden könnten, sollten diese Angaben über Eigen- und Fremdmitteln und Zahlungsein- und -ausgänge der GmbH im Haftungszeitraum sowie darüber machen, ob die Steuern etwa in dem gleichen Verhältnis gezahlt worden seien wie andere Verbindlichkeiten oder aus welchem Grund andere Gläubiger gegebenenfalls vorzugsweise befriedigt worden seien.
Nachdem die Kläger sich hierzu nicht äußerten, erließ der Beklagte am 26. 2. 2003 jeweils einen auf § 69 in Verbindung mit §§ 34, 35 der Abgabenordnung (AO) gestützten Haftungsbescheid über insgesamt 177.959,61 (gegen beide, auf dessen Inhalt wegen der einzelnen Beträge und deren Fälligkeiten sowie wegen der gleichlautenden Begründungen verwiesen wird. Darin heißt es unter anderem, durch Verletzung der Zahlungspflicht hätten die Kläger bewirkt, dass die rückständigen Ansprüche aus den Steuerschuldverhältnis nicht erfüllt worden seien. Die hierin liegende Pflichtverletzung sei als zumindest grob fahrlässig anzusehen. Da die Kläger trotz des Beklagtenschreibens vom 2. 12. 2001 keine Entschuldigungsgründe für etwaige Versäumnisse vorgetragen hätten, lasse dies den Schluss zu, dass die Kläger trotz vorhandener Mittel die Steuerschulden der Gesellschaft nicht beglichen hätten. Es sei Sache des Haftungsschuldners, die gegen eine Inanspruchnahme sprechenden Gründe substantiiert darzulegen und zu beweisen, weil es sich um Tatsachen handele, die der Finanzbehörde nicht ohne weiteres zugänglich seien, so dass auch der in § 88 AO verankerte Untersuchungsgrundsatz hier seine Grenze finde. Umstände, die gegen die Inanspruchnahme der Haftung sprächen, hätten trotz Ermittlungen des Finanzamts nicht festgestellt werden können. Beide Kläger hafteten gesamtschuldnerisch und hätten einen gleich lautenden Bescheid erhalten.
Die Kläger legten gegen die Haftungsbescheide ohne weitere Begründungen Einsprüche ein, die insoweit erfolgreich waren, als der Beklagte mit gleich lautenden Einspruchsentscheidungen vom 26. 6. 2003 die Haftungsbeträge herabsetzte, indem er unter Verw...