Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Abgrenzung von wissenschaftlicher und gewerblicher Tätigkeit eines Promotionsvermittlers
Leitsatz (redaktionell)
Ein Promotionsvermittler, dessen Haupttätigkeit in einer "Begabungsanalyse", in dem Finden eines Dissertationsthemas und in dem Zusammenführen des Klienten mit einem potentiellen Doktorvater besteht, ist gewerblich und nicht wissenschaftlich tätig
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die berufliche Tätigkeit des Klägers als wissenschaftliche Tätigkeit i.S. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG charakterisiert werden kann.
Der Kläger betreibt ein „Institut für Wissenschaftsberatung”. Er hat ein Studium der Volkswirtschaft absolviert und in der früheren DDR auf dem Gebiet der Berufssoziologie promoviert. Gegenstand seines Unternehmens ist es, seinen akademisch vorgebildeten Klienten zu einem Doktor-Titel zu verhelfen. Dazu analysiert der Kläger in einem ersten Schritt aufgrund des Lebenslaufs und von Einzelgesprächen die Begabung, Motivation und die Befähigung seines Klienten nach seinen Angaben mit Methoden der „empirischen Sozialwissenschaft” und der „Kognitionswissenschaft”. Im Rahmen seines Unternehmens bietet der Kläger seinen Klienten folgende Dienstleistungen an: Hilfe beim Finden eines Dissertationsthemas, bei der Auswahl einer für dieses Thema geeigneten Fakultät an einer deutschen Hochschule (dem Kläger sind viele Hochschullehrer und deren Forschungsschwerpunkte teilweise persönlich bekannt), Kontaktaufnahme zum Doktorvater, Unterstützung bei der Realisierung des Promotionsvorhabens (Beschaffung notwendiger Fachliteratur und Durchführung von Literaturrecherchen, Beratungen bei der Arbeitskonzeption, Übernahme von Lay-out und Korrekturlese-Arbeiten, Hilfe bei der Veröffentlichung der Dissertation). Außerdem weist der Kläger seine Klienten in Fragen wissenschaftlicher Methodik und Thesenbildung ein. Das von den Klienten zu zahlenden Honorar war jeweils in drei Raten fällig, wobei der erste Teilbetrag ohne Abzüge zurückerstattet wurde, wenn eine Betreuung an einer Universität nicht zustande kam. Der letzte Teilbetrag war nach Aushändigung der Doktorurkunde zu zahlen.
Der Kläger bedient sich für seine Tätigkeit qualifizierter Mitarbeiter. Er beschäftigt in seinem Institut drei Wissenschaftler als freie Mitarbeiter (Gerichtsakte Bl. 62), die die Vorgespräche mit den potenziellen Klienten führen und die nach der Annahme des betreffenden Klienten die Betreuungsarbeit im Einzelnen organisieren. Über die Aufnahme eines Klienten entscheidet der Kläger allerdings allein. Dabei werden unter anderem auch die Personen ausgeschieden, die eine Dissertation auf einem Fachgebiet fertigen wollen, auf welchem der Kläger trotz seiner weitreichenden Ausbildung und Erfahrung nicht über ausreichende Kenntnisse verfügt, um fundierte Empfehlungen aussprechen zu können. Weitere 10 freie Mitarbeiter führen die notwendigen Hilfstätigkeiten bei der Betreuung der einzelnen Klienten aus (Beschaffung erforderlicher Fachliteratur, sprachliche und stilistische (Vor)-Korrektur von Manuskripten, Lay-out und grafische Gestaltung). Weiterhin unterhält der Kläger Kontakte zu ca. 40 bis 50 sog. Kooperationspartnern, die verschiedenen Universitäten angegliedert sind und die die Tätigkeit des Klägers in bestimmten Fällen unterstützen (z. B. bei der Recherche von Spezialliteratur einer Universitätsbibliothek vor Ort, Feststellung von Forschungsschwerpunkten, Einschätzung eines Lehrstuhlsinhabers). Hierbei handelt es sich jedoch immer nur um Einzeltätigkeiten.
In der Vergangenheit (seit Veranlagungszeitraum 1974) hatte der Beklagte die Tätigkeit des Klägers stets als freiberuflich beurteilt. Im Anschluss an eine im Jahr 1998 durchgeführte Außenprüfung wurde die Tätigkeit des Klägers für das Streitjahr erstmals als gewerblich qualifiziert. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einnahmen von ca. … die Personalkosten beliefen sich auf ca. … (davon ca. … für freie Mitarbeiter).
Der Kläger ist der Ansicht, seine Tätigkeit sei als wissenschaftlich und damit als freiberuflich zu qualifizieren. Er verfüge über eine bereit gefächerte universitäre Ausbildung, habe Volkswirtschaft sowie historische Hilfswissenschaften studiert und auf dem Gebiet der Berufssoziologie promoviert. Er habe sich während seiner langjährigen Berufstätigkeit mit Methoden befasst, die in verschiedenen Wissenschaften angewandt würden und sei insoweit interdisziplinär tätig. Er unterhalte eine Bibliothek mit ca. 80.000 Buchtiteln (davon über 70.000 Dissertationen, Gerichtsakte Bl. 62) und 90 Fachzeitschriften, sodass er stets über aktuelle Kenntnisse von Schwerpunkten und Tendenzen in der Forschung verfüge. Außerdem nehme er laufend aktiv an der wissenschaftlichen Diskussion teil. Bei der Betreuung seiner Klienten arbeite er in einer Weise, die einem universitären Lehrstuhlsinhaber vergleichbar sei. Er bearbeite dabei die Dissertationen allerdings nich...