Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitliches Vertragswerk zwischen Erbbaurechtsvertrag und Bauerrichtungsvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs die Bestellung eines Erbbaurechts an einem Grundstück mit vom Veräußerer noch herzustellendem Gebäude, also ein Erbbaurecht an einem bebauten Grundstück, so sind neben den vom Erbbauberechtigten zu zahlenden Erbbauzinsen auch dessen Aufwendungen für die Errichtung des Gebäudes Bestandteil der Gegenleistung i. S. des § 8 Abs. 1 GrEStG.

2) Ein solchermaßen einheitliches Vertragswerk liegt vor, wenn zwischen dem Erbbaurechtsvertrag und dem Bauerrichtungsvertrag ein enger sachlicher Zusammenhang besteht, aufgrund dessen für alle am Projekt Beteiligten bei Abschluss des Erbbaurechtsvertrags aufgrund abgestimmten Verhaltens verbindlich feststeht, dass, wie und mit welchem Unternehmen das Grundstück, an dem der Erwerber das Erbbaurecht erwerben wird, bebaut werden wird.

 

Normenkette

GrEStG § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Festsetzung der Grunderwerbsteuer durch Bescheid vom 24.07.2006 zu Recht nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geändert werden durfte.

Zunächst hatte der Beklagte aufgrund des unter UR-Nr. … des Notars P beurkundeten Erbbaurechtsvertrages die Grunderwerbsteuer durch Bescheid vom 24.07.2006 auf 1.108,–EUR festgesetzt, wobei nur der Kapitalwert des dem Kläger anteilig übertragenen Erbbaurechtes mit 31.675,–EUR zugrunde gelegt worden war (99,3075/1.457 × 25.000 × Vervielfältiger 18,589).

Durch den Erbbaurechtsvertrag war unter anderem dem Kläger seitens der katholischen Kirchengemeinde T, an deren Grundstück Gemarkung H, Flur … Nr. …, G Straße … ein Erbbaurecht zu 99,3075/1.457 Anteilen eingeräumt worden. Die Kirche war im Notartermin vollmachtlos vertreten durch U. Dieser ist Geschäftsführer der Baufirma D GmbH (D), deren Geschäftsgegenstand lautet „Architektur und Bauen, Entwicklung und Management”. Der Grundstückskaufvertrag vom 30.06.2006 wurde am 04.07.2006 durch die Mitglieder des Kirchenvorstandes F, K und R genehmigt.

Unter II § 2 Nr. 5 dieses Vertrages war vereinbart worden, dass der Erbbauberechtigte (Kläger und andere) den Abriss des sich seinerzeit auf dem Erbbaugrundstück befindlichen Altgebäudes auf seine Kosten vorzunehmen habe. Mehrere Erbbauberechtigte – so wie im Streitfall – sollten als Gesamtschuldner haften. Nach III § 3 des Vertrages wurde das Erbbaurecht für 99 Jahre vereinbart. Nach § 4 Abs. 2 sollte das Erbbaurecht bestellt werden „für die Errichtung von 6 Reiheneinfamilienhäusern”. Der Plan hierzu sollte dem Grundstückseigentümer vorgelegt werden. Nach § 6 Abs.1 des Vertrages verpflichtete sich der Erbbauberechtigte, das in § 4 genannte Gebäude innerhalb von einem Jahr nach Abschluss des Vertrages bezugsfertig zu errichten. Nach § 6 Abs. 3 mussten dem Eigentümer des Grundstücks auf Verlangen die bei der Bauausführung zugrunde zu legenden und zugrunde gelegten Baupläne mit Baubeschreibungen vorgelegt werden. Nach § 6 Abs. 4 verpflichtete sich der Erbbauberechtigte, die von ihm errichteten Bauwerke einschließlich der Außenanlagen und der besonderen Betriebseinrichtungen in einem guten Zustand zu halten und die erforderlichen Reparaturen und Erneuerungen auf eigene Kosten vorzunehmen. Nach § 13 des Vertrages wurde eine Entschädigung und Räumungsverpflichtung bei Heimfall und Zeitablauf vereinbart. Nach Abs. 1 Satz 2 dieser Vereinbarung hat die Kirche als Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten nach Zeitablauf für das Bauwerk eine Entschädigung in Höhe von (i.H.v.) 66 2/3 % des durch den Gutachterausschuss der Stadt A zu ermittelnden Verkehrswertes oder von 80 % des durch die Veräußerung des Erbbaurechtes durch den Grundstückseigentümer tatsächlich erzielten Erlöses zu gewähren. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 wurde – bezogen auf die Gesamtgrundstücksfläche – ein jährlicher Erbbauzins von insgesamt 25.000,66 EUR vereinbart. Nach Satz 3 konnte der in Satz 2 vereinbarte Erbbauzins auf 4/5 reduziert werden, sofern der Erbbauberechtigte nachweisen würde, dass er das Bauwerk überwiegend zu eigenen Wohnzwecken nutze.

Nach Ergehen des ersten Grunderwerbsteuerbescheides vom 24.07.2006 wurde der Kläger mit Schreiben vom 09.11.2006 vom Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung A (Steufa) aufgefordert, den Erbbaurechtsvertrag, den Planungs- und Werkvertrag mit der D, Handwerkerverträge über die patentierten Leistungspakete, Preis- und Kalkulationsbogen der D, den Ablaufplan der D, den Projektanzahlungs- und Reservierungsbogen der D, den Bewerbungsbogen der D sowie Kontoauszüge über die geleisteten Zahlungen für die Erstellung des Gebäudes vorzulegen.

Daraufhin reichte der Kläger mit Schreiben vom 04.12.2006 diverse Unterlagen ein.

Hierzu gehörte eine Vereinbarung mit der D über eine „Projektanzahlung und Reservierung” betreffend das Grundstück A, G Straße …. Danach wollten der Kläger und seine Ehefrau in Erbpacht das „Mittelhaus D zum Preis von 220.000,00 EUR ...

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