Entscheidungsstichwort (Thema)
Abstandszahlung zur vorzeitigen Aufhebung eines Vermittlungsvertrages - Keine Anwendung von § 160 AO bei durchlaufenden Posten
Leitsatz (redaktionell)
1) Abstandszahlungen, die ein sog. Verbindungsnetzbetreiber für die vorzeitige Beendigung eines für ihn ungünstigen Vermittlungsvertrags zahlt, sind sofort abziehbare Betriebsausgaben, wenn er dadurch eine langfristige Verbesserung seiner Gewinnchancen erreicht, die sich (nur) im allgemeinen Geschäftswert niederschlägt.
2) Die Grundsätze zu durchlaufenden Posten finden auch bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich Anwendung.
3) § 160 AO findet auf durchlaufende Posten bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich keine Anwendung.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 5; AO § 160; EStG § 4 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Aktivierung eines Vertriebsrechts sowie die steuerliche Relevanz von Zahlungen an ausländische Gesellschaften umstritten.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Erbringung von Telekommunikations-Dienstleistungen jedweder Art im Zusammenhang mit Sprach- und Datenübertragungen, einschließlich des Betreibens von Sprach- und Daten-Übertragungsnetzen. Sie betreibt als sog. Verbindungsnetzbetreiber (kurz: VNB) ein Telekommunikationsnetz für die Öffentlichkeit. Dieses ist aufgrund einer Zusammenschaltungsvereinbarung mit dem Netz der Deutsche Telekom AG (einem sog. Teilnehmernetzbetreiber, kurz: TNB) verbunden. Zu den Kunden der Klägerin gehören sogenannte Diensteanbieter, die unter gebührenpflichtigen Telefonnummern (z.B. 0190- bzw. 0900-Rufnummern) sogenannte Mehrwertdienste anbieten. In ihrem Netz ankommende Anrufe für diese Diensteanbieter schaltet die Klägerin zu den Angeboten ihrer Kunden durch. Wesentliche Umsätze wurden in den Streitjahren mit den Bereichen Erotikdienst und Börsenhotline erzielt.
Bis zum 1. September 2010 erfolgte diese Tätigkeit durch die B GmbH & Co. KG (nachfolgend kurz KG), die später in E GmbH & Co. KG umbenannt wurde. Die KG war 1998 von fünf Personen, die als Kollegen bei H gearbeitet hatten, im Zusammenhang mit der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes gegründet worden. Zum 1. September 2010 wurde die KG auf die Klägerin, die E GmbH (nachfolgend kurz GmbH), verschmolzen.
Ab März 2007 wurde bei der KG für die Streitjahre 2001-2003 eine steuerliche Außenprüfung durchgeführt. Hierbei stellte der Prüfer fest, dass die KG im Jahr 2001 eine anlässlich einer vorzeitigen Vertragsauflösung geleistete Zahlung i.H.v. … DM als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt hatte. Zu Grunde lag ein „Vertrag über eine Zusammenarbeit” (nachfolgend kurz: Vertrag) mit der Vertriebsagentur K vom 19. Oktober 1998. Frau K war die Ehefrau eines weiteren Kollegen der Gründungsgesellschafter der KG, die aufgrund von Kenntnissen und Erfahrungen im Vertrieb diesen Bereich für die neu gegründete Gesellschaft übernehmen sollte. Nach § 1 Abs. 1 des Vertrags übertrug die KG Frau K „das exklusive Vertriebsrecht von Premium-Rate-Diensten (Service 0190, 0900)”. Aufgabe der Vertriebsagentur war die Präsentation auf dem Markt für diese Servicenummern sowie die Kundenakquisition (§ 3 Abs. 1 des Vertrags). Als Provisionszahlung wurden 33,3 % des kalkulierten Deckungsbeitrags vereinbart (§ 4 Abs. 1 des Vertrags). Dabei handelte es sich nach Auskunft des Geschäftsführers der Klägerin, Herrn R, im Erörterungstermin um den so genannten Deckungsbeitrag 1, der sich aus dem Umsatz abzüglich der direkt zuzuordnenden Kosten, aber ohne Berücksichtigung fixer Kosten wie Personal, Technik & Mieten errechnete. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen; er konnte erstmals zum 31. Dezember 2008 gekündigt werden (§ 7 des Vertrags).
Für das Kalenderjahr 2000 zahlte die KG Provisionen in Höhe von rund … DM. Nach Einlassung der Vertreter der KG wurde diese vertragliche Gestaltung als falsche unternehmerische Entscheidung gesehen. Zum einen sei die Bemessungsgrundlage für die KG ungünstig gewesen, da beim Deckungsbeitrag 1 die Kosten für Technik, Miete, Personal usw. nicht eingerechnet worden seien. Zum anderen hätten auch Provisionen für Umsätze an solche Kunden gezahlt werden müssen, die von der Klägerin selbst akquiriert worden seien (§ 4 Abs. 2 des Vertrags). Es gelang der KG im Kalenderjahr 2001 mit der Vertriebsagentur K einen Auflösungsvertrag zu schließen (Auflösungsvertrag vom 21. Januar 2001). Nach Nr. 3 dieses Vertrags verpflichtete sich die KG, der Vertriebsagentur „zur Abgeltung sämtlicher bestehender und zukünftiger Ansprüche” „einmalig eine Zahlung i. H. v. … DM” (netto) zu gewähren. Dieser Betrag sei das Ergebnis intensiver Verhandlungen gewesen. Der Vertrag wurde vereinbarungsgemäß abgewickelt. Die KG wies diese Zahlung im Kalenderjahr 2001 in voller Höhe in der Gewinnermittlung als außerordentliche Aufwendung aus.
Dieser Einschätzung von sofort abzugsf...