Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinterziehungszinsen auf Vermögensteuer für Stichtage vor dem 01.01.1997

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen bleibt bei der Steuerhinterziehung von Vermögensteuer auch für Stichtage vor dem 01.01.1997 weiterhin zulässig.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 235, 370; VStG §§ 19, 19 Abs. 2, 2 Nrn. 1, 1b

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Festsetzung von Hinterziehungszinsen.

Aufgrund einer Selbstanzeige des Klägers wegen nicht erklärter Vermögenswerte vom 03.12.1994 setzte der Beklagte erstmals die Vermögensteuer (VSt) für 1983 bis 1988 fest. Bezüglich der Streitjahre hatte der Kläger bisher lediglich eine unvollständige Vermögensteuererklärung auf den 1.1.1986 am 30.04.1990 abgegeben. Einzelheiten ergeben sich aus der Vermögensteuerakte.

Mit Bescheid vom 01.10.1996 setzte der Beklagte darüber hinaus Hinterziehungszinsen für 1983 – 1988 in unstreitiger Höhe von 7.077 DM fest.

Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Entscheidung vom 15.05.1997 zurückgewiesen.

Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, daß es an den Voraussetzungen für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen fehle. Eine Steuerhinterziehung seinerseits liege nicht vor. Ihm habe das Unrechtsbewußtsein gefehlt. Das Vermögensteuergesetz (VStG) sei verfassungswidrig. Dies sei ihm als Wirtschaftsprüfer schon seit Jahren klar gewesen. Dieses Unrecht zu erkennen, habe keiner besonderen Kenntnisse bedurft. Er verweist auf den Beschluß der Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22.05.1995 2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655. Andererseits sei aber nicht vorhersehbar gewesen, daß das BVerfG die Erhebung der VSt bis zum 31.12.1996 dulden würde. Er habe es deshalb nicht als Unrecht angesehen, die Vermögenssteuer zu vermeiden. In jedem Falle sei der objektive Tatbestand der Hinterziehung nicht erfüllt, da die tatbestandsausfüllende Norm, das VStG, verfassungswidrig sei. Er verweist auf einen Aufsatz in DStR 1999, 922.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen vom 01.10.1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.05.1997 bezüglich der Hinterziehungszinsen für Vermögensteuer 1983 – 1988 in Höhe von 7.077 DM aufzuheben und im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er ist der Ansicht, daß sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 AO erfüllt sei. Hinweise auf fehlendes Unrechtsbewußtsein gebe es nicht. Zum Zeitpunkt der Steuerhinterziehung habe das BVerfG noch nicht entschieden. Darüber hinaus habe dem Kläger klar sein müssen, daß er trotz seiner Bedenken aufgrund der bestehenden Gesetzeslage vermögensteuerpflichtig war. Im übrigen könne auch noch nach dem 31.12.1996 VSt für vorangegangene Zeiträume festgesetzt werden.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht Hinterziehungszinsen für Vermögensteuer festgesetzt.

Nach § 235 Abs. 1 Satz 1 AO sind hinterzogene Steuern zu verzinsen. Hinterziehungszinsen sind festzusetzen, wenn objektiv und subjektiv die Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung i. S. des § 370 AO vorliegen. Hinterziehungszinsen dürfen nur bei einer vollendeten Steuerhinterziehung festgesetzt werden. Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe hindern die Entstehung des Zinsanspruchs (BFH-Urteil vom 27. August 1991 VIII R 84/89, BStBl. II 1992, 9).

Nach § 370 Abs. 1 Satz 2 AO wird wegen Steuerhinterziehung bestraft, wer u. a. die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt und dadurch Steuern verkürzt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

1. Nach § 149 Abs. 1 Satz 1 AO i. V. m. § 19 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b VStG haben natürliche unbeschränkt vermögensteuerpflichtige Personen eine VSt-Erklärung über ihr Gesamtvermögen abzugeben, wenn dieses den Betrag von 70.000,– DM übersteigt. Dabei sind sämtliche Vermögenswerte anzugeben. Da der Kläger unstreitig über ein Vermögen verfügte, das den Wert von 70.000,– DM überstieg, hätte er rechtzeitig die VSt-Erklärung auf den 1.1.1983 als Hauptveranlagungszeitraum abgeben müssen. Indem er dies nicht getan hat, hat er den Beklagten über das Vorhandensein von Vermögen, das zu einer VSt-Pflicht führt, in Unkenntnis gelassen. Gleiches gilt für die VSt – Erklärung auf den 1.1.1986. Denn diese Erklärung war unvollständig. Der Kläger hatte in seiner Erklärung Vermögenswerte (Bankguthaben, Investmentanteile und Wertpapiere) mit einem Gesamtwert von 742.972 DM nicht angegeben.

Diese Pflichtverletzungen haben auch Auswirkungen auf die Stichtage 1.1.1984, 1985, 1987 und 1988. Zwar waren vom Kläger zu diesen Zeitpunkten keine Vermögensteuererklärungen anzugeben, da es sich nicht Hauptveranlagungszeitpunkte handelt. Da die Vermögensteuer für 3 Jahre festgesetzt wird, wird ein Verschweigen von Vermögen zu den Hauptveranlagungszeitpunkten zugleich ursächlich für die Steuerausfälle zu den Zwischenstichtagen, da die VSt anhand der An...

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