Entscheidungsstichwort (Thema)
Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft, Begriff der Überführung oder Übertragung, Besitzzeitanrechnung
Leitsatz (redaktionell)
1) Beim identitätswahrenden Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft kann die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gewährt werden. Ein solcher Vorgang stellt mangels Überführung oder Übertragung keinen schädlichen Vorgang i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG dar.
2) Die Besitzzeitanrechnung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG ist auch für die Gewerbesteuer zu beachten.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 2; UmwStG § 4 Abs. 2 S. 3, § 23 Abs. 1, § 25 S. 1; GewStG § 9 Nr. 1 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes – GewStG –.
Die Klägerin ist eine im Jahr 2005 unter dem Namen P GmbH & Co. KG zunächst in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft gegründete Objektgesellschaft – im Folgenden für die Zeit vor der Umwandlung: KG –. Ihre Gesellschafter waren die P GmbH als Komplementärin ohne Einlage und die E GmbH mit einer Kommanditeinlage von … €.
Ihr Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Errichtung und die Vermietung von Grundstücken, Baulichkeiten und Anlagen aller Art sowie zugehöriger Nebengeschäfte. Tatsächlich hatte sie im Jahr der Gründung Grundstücke in F erworben, Gebäude und Anlagen errichtet und zwecks des Betriebes eines …marktes an eine zum gleichen Konzern gehörende Gesellschaft vermietet.
Ausweislich der vorliegenden Bilanzen für die Jahre bis 2010 erzielte die KG seither nur Mieterträge aus der Nutzung des entsprechenden Objektes (vgl. Bilanzakte 2005 bis 2010). Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, dass hinsichtlich der Erhebungszeiträume 2008 bis 2010 Rechtsbehelfsverfahren wegen der Nichtgewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geführt wurden. Hintergrund war eine in diesen Jahren bestehende Betriebsaufspaltung. Die Verfahren wurden im Konsens beendet (Einspruchsrücknahme am 4. März 2015).
Mit dem in der Gesellschafterversammlung vom … 2011 gefassten Beschluss sowie dessen Eintragung in das Handelsregister am … 2011 wurde die KG nach §§ 190 ff. i.V.m. §§ 214 ff. des Umwandlungsgesetzes – UmwG – in die Klägerin, also eine GmbH, umgewandelt. Steuerlicher Übertragungsstichtag sollte der 31. Dezember 2010, 24 Uhr sein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verträge und das Handelsregister Bezug genommen.
Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen hinsichtlich der Zurechnung aller Geschäftsvorfälle im Rückwirkungszeitraum zur Klägerin entsprechend den Regelungen in § 25 i.V.m. § 9 Satz 2 und 3 des Umwandlungssteuergesetzes – UmwStG –.
Die KG hatte bereits vor dem Umwandlungsbeschluss mit Notarvertrag vom … 2011 das Objekt F an einen fremden Dritten veräußert. Der aus dem Verkauf resultierende Veräußerungsgewinn i.H.v. … €, der sich als Differenz zwischen dem Kaufpreis von … € und dem Buchwert der Immobilie ergab, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wurde in der Buchführung ordnungsgemäß erfasst. Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten der Immobilie erfolgte mit der Kaufpreiszahlung am …März 2011.
Mit Notarvertrag vom … 2011 hatte die KG außerdem von einer weiteren konzernangehörigen Gesellschaft Grundbesitz in S zu einem Kaufpreis von … € erworben. Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten wurde auf den …März 2011 vereinbart. Der zwischen der Grundstücksveräußerin und der ebenfalls konzernangehörigen Mieterin, der P1 GmbH (…), bestehende Mietvertrag wurde übernommen und fortgeführt.
Der Jahresabschluss 2011 der Klägerin wies neben den laufenden Umsatzerlösen aus Vermietung unter anderem sonstige betriebliche Erträge in Höhe von … € aus. Wegen der Einzelheiten wird auf den Jahresabschluss verwiesen.
Im Rahmen ihrer im November 2012 abgegebenen Gewerbesteuererklärung deklarierte die Klägerin einen nach Maßgabe der Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. … €, Entgelte für Schulden im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG i.H.v. … € sowie einen Kürzungsbetrag für die erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen im Sinne des § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG i.H.v. … €. Auf dieser Basis wurde zunächst erklärungsgemäß der Gewerbesteuermessbetrag mit … € festgesetzt. Die Festsetzung erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –.
In den Jahren 2015 und 2016 fand bei der Klägerin als konzernangehöriger Gesellschaft eine Prüfung des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung H unter anderem wegen der Gewerbesteuer des Streitjahres statt. Im Rahmen dieser Außenprüfung vertrat das Prüfungsfinanzamt auf der Basis des unstreitigen Lebenssachverhalts die Auffassung, die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG stehe der Klägerin nicht zu. Dem stehe die Regelung in § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG entgegen, wonach die Sätze 2 und 3 der Vorsch...