rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verhandlung in Abwesenheit des Klägers bzw. eines Prozessbevollmächtigten; Abkommensrechtliche Qualifikation von Genussrechtszinsen im DBA-Großbritannien

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Erscheint weder der Kläger noch ein Prozessbevollmächtigter zur mündlichen Verhandlung, liegt kein Fall fehlender Vertretung vor, wenn der Kläger ordnungsgemäß über seinen Bevollmächtigten geladen wurde. Die Wirkung der ordnungsgemäßen Ladung geht nicht dadurch verloren, dass der Bevollmächtigte nach Empfang der Ladung sein Mandat niederlegt.

2) Genussrechtszinsen, die ein in Großbritannien ansässiger Steuerpflichtiger im Inland bezieht, sind gemäß Art. VII Abs. 1 DBA-Großbritannien als Zinsen zu qualifizieren.

3) Zur Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen kann auch das innerstaatliche Recht herangezogen werden.

 

Normenkette

EStG § 50d Abs. 1, 1 S. 2; DBA-Großbritannien Art. VI; DBA-Großbritannien Art. VII; DBA GBR Art. VII Abs. 1; DBA-Großbritannien Art. VII Abs. 4; FGO §§ 53, 53 Abs. 2, §§ 91, 91 Abs. 2, §§ 116, 116 Abs. 1, 1 Nr. 3; EStG § 50d

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Zahlungen der X-Bank auf Genussscheinrechte als Einkünfte der im Ausland ansässigen Klägerin unter den Begriff der „Dividenden” oder der „Zinsen” im Sinne des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens fallen; nur im Fall der Dividenden besteht ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland.

Die Klägerin – eine in Großbritannien ansässige Kapitalgesellschaft – hatte Wandelgenussscheine (im Weiteren: Genussscheinrechte) der X-Bank erworben.

Die der Ausgabe dieser Genusscheinrechte zugrunde liegenden Vertragsbedingungen – Genussscheinbedingungen (GB) – lauteten auszugsweise:

§ 1

(1) Die X-Bank Aktiengesellschaft, V, begibt aufgrund der Ermächtigung durch die Hauptversammlung vom 23. Mai 1990 Wandelgenussscheine gemäß § 10 Abs. 5 KWG im Gesamtnennbetrag von 600.000.000,– DM.

§ 2

(1) Die Wandelgenussscheininhaber erhalten eine dem Gewinnanteil der Aktionäre der X-Bank vorgehende jährliche Ausschüttung in Höhe von 9,25 % des Nennbetrags der Wandelgenussscheine.

(2) Der Ausschüttungsanspruch mindert sich insoweit, als sich durch eine Ausschüttung ein Jahresfehlbetrag ergeben würde. Kann aufgrund dieser Begrenzung die zugesagte Ausschüttung ganz oder teilweise nicht erfüllt werden, so ist der fehlende Betrag in den folgenden Geschäftsjahren nachzuzahlen; diese Nachzahlungspflicht besteht nur während der Laufzeit der Wandelgenussscheine.

§ 3

(1) Die Inhaber der Wandelgenussscheine haben das unentziehbare Recht, ihre Wandelgenussscheine im Verhältnis 3:1 in Aktien der X-Bank umzutauschen. …

§ 4

Die Wandelgenussscheine verbriefen Gläubigerrechte, keine Gesellschafterrechte, insbesondere kein Teilnahme-, Mitwirkungs- und Stimmrecht in den Hauptversammlungen der X-Bank.

§ 7

(1) Die Laufzeit der Wandelgenussscheine ist mit dem 31. Dezember 2001 befristet. Vorbehaltlich der Bestimmungen über die Teilnahme am Verlust werden die Wandelgenussscheine, soweit sie nicht gewandelt sind, zum Nennbetrag zurückgezahlt. …

(2) Die X-Bank kann die Wandelgenussscheine unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von mindestens zwei Jahren jeweils zum Ende eines Geschäftsjahres – frühestens zum 31. Dezember 1996 – durch Bekanntmachung gemäß § 13 kündigen, wenn eine Rechtsvorschrift in der Bundesrepublik Deutschland erlassen, geändert oder in einer Weise angewendet wird, dass dies bei der X-Bank zu einer Steuerbelastung der Ausschüttungen mit Gewerbe- oder Körperschaftsteuer oder einer an deren Stelle tretenden Steuer führt oder dass das Wandelgenussscheinkapital bei der Vermögensteuer nicht als Schuldposten zum Nennwert abgezogen werden kann. … Im Übrigen gilt Abs. 1 Sätze 2 – 4 sinngemäß. Die Inhaber der Wandelgenussscheine können ihre Wandelgenussscheine nicht kündigen.

§ 8

(1) Die Inhaber von Wandelgenussscheinen nehmen voll an einem etwaigen Jahresfehlbetrag durch Verminderung ihrer Rückzahlungsansprüche im Verhältnis der Rückzahlungsansprüche zu dem in der Bilanz ausgewiesenen gezeichneten Kapital zuzüglich Gewinn- und Kapitalrücklagen sowie Genussscheinkapital teil.

(2) Werden nach einer Teilnahme der Inhaber von Wandelgenussscheinen am Verlust in folgenden Geschäftsjahren während der Laufzeit der Wandelgenussscheine Jahresüberschüsse erzielt, sind aus diesen – nach der gesetzlich vorgeschriebenen Wiederauffüllung der gesetzlichen Rücklage – die Rückzahlungsansprüche bis zum Nennbetrag der Wandelgenussscheine zu erhöhen, bevor eine anderweitige Verwendung der Jahresüberschüsse vorgenommen wird.

§ 9

Die Wandelgenussscheine treten gegenüber allen anderen Gläubigem gegen die X-Bank im Rang zurück. Im Falle der Liquidationen der X-Bank werden die Wandelgenussscheine nach allen anderen Gläubigeransprüchen und vorrangig vor den Aktionären bedient; die Wandelgenussscheine gewähren keinen Anteil am Liquidationserlös.

Die Vorschrift des § 10 Abs. 5 des Kreditwesengesetzes (KWG) in der geltenden Fassung lautete auszugsweise:

„(5) Kapital, das gege...

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