Entscheidungsstichwort (Thema)

Freiwilliges soziales Jahr, Entwicklungspolitischer Freiwilligendienst "Weltwärts", Berufsausbildung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Wird ein freiwilliges soziales Jahr bei einem nicht gemäß § 10 Jugendfreiwilligendienstegesetz - JFDG - zugelassenen Träger geleistet, besteht kein Kindergeldanspruch.

2) Ebenfalls kein Kindergeldanspruch besteht, wenn im Rahmen eines enwicklungspolitischen Freiwilligendienstes "Weltwärts" keine Anerkennung der Entsendeorgansiation durch das BMZ vorliegt.

3) Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Auslandsaufenthalt für Zwecke des Kindergeldgewährung als Berufsausbildung angesehen werden kann.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 S. 2; JFDG §§ 6, 10-11; Weltwärts-Richtlinie des BMZ Abschn. 8; EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin das Kindergeld für ihre im Juni 1989 geborene Tochter T zusteht.

T erwarb im Juni 2008 die allgemeine Hochschulreife. Das Kindergeld wurde der Klägerin gemäß der eingereichten Schulbescheinigung bis einschließlich Juli 2008 ausgezahlt.

T beabsichtigte, ein sozialpädagogisches Studium aufzunehmen. Voraussetzung für den Bachelor-Studiengang soziale Arbeit an der KFH in O ist ein dreimonatiges Vorpraktikum im sozialen Bereich (Kindergeld-Akte, Bl. 74, 106). Das Praktikum kann in sozialen Diensten und Einrichtungen von anerkannten oder ihnen gleichgestellten Trägern im Sozialwesen absolviert werden, sofern der Einsatz im sozialen Bereich und die Anleitung durch eine Fachkraft sichergestellt sind. Im Ausland erworbene Praktika sind nach Abs. 3 der Regelung zu berücksichtigen, wenn sie allgemein anerkannt sind oder ihre Gleichwertigkeit durch das Ministerium für Innovationen, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes NRW festgestellt worden ist.

Bereits im Mai 2008 (Kindergeld-Akte, Bl. 76) schloss T mit der Organisation „N” mit Sitz in der Stadt L eine Vereinbarung, in der sich T verpflichtete, in der Zeit vom 28. Juli 2008 bis zum 15. April 2009 im Rahmen eines 9-monatigen Volontariats in einem Kinderheim in Südafrika zu arbeiten. Gemäß Bescheinigung der Organisation N vom 5. Juni 2008 (Kindergeld-Akte, Bl. 67) erhält T für diese Tätigkeit kein Taschengeld. Bei der Organisation N handelt es sich nach deren Internetseite (…) um eine private Agentur, die in erster Linie Au-pair-Aufenthalte vermittelt. Die Bescheinigung war ausdrücklich nicht als eine solche über die Leistung eines freiwilligen sozialen Jahres bezeichnet, sondern mit „Freiwilligen-Arbeit in Südafrika; Volontär im sozialen Bereich”. Danach sollte T während ihres Aufenthalts für Ihren weiteren beruflichen Werdegang wichtige Erfahrungen sammeln. Nähere Angaben sollten sich aus dem Einladungsschreiben des Projekts ergeben, welches allerdings nicht vorgelegt wurde. Wegen der von N zu erbringenden bzw. erbrachten Leistungen wird auf die Angaben auf der Internet-Seite genommen.

Bei der Entsendeorganisation „N” handelt es sich unstreitig nicht um einen behördlich zugelassenen Träger eines freiwilligen sozialen Jahres, und zwar weder i.S. des Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten vom 16. Mai 2008 noch i.S. des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres vom 15. Juli 2002. Dies hat auch auch die Klägerin selbst mit E-Mail vom 21. August 2008 ausgeführt (Kindergeld-Akte, Bl. 81), nachdem die Beklagte einen Nachweis der Anerkennung von „N” als Entsendeorganisationen durch das BMZ gefordert hatte. Ebenso wenig ist die Organisation „N” allgemein anerkannt oder ihre Gleichwertigkeit durch das Ministerium für Innovationen, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes NRW festgestellt worden i.S. des Abs. 3 der Richtlinie der KFH des Landes NRW.

Bereits Mitte Juli 2008 beantragte die Klägerin die Fortzahlung des Kindergeldes. T wolle das von ihr geplante Studium mit einem „freiwilligen sozialen Jahr” vorbereiten. Nach der Rückkehr aus Südafrika werde sich ein dreimonatiges Praktikum in einem Altenpflegeheim in der Stadt P anschließen (Kindergeld-Akte, Bl. 73). Eine Bescheinigung des Seniorenstifts der Stadt P über die Aufnahme des Praktikums nach der Rückkehr aus Südafrika liegt vor (Kindergeld-Akte, Bl. 85).

Mit dem Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 1. September 2008 machte die Klägerin geltend, die Tätigkeit von T in dem Waisenhaus in Südafrika diene der Vorbereitung des sozialpädagogischen Studiums; es handle sich damit um eine praktische Tätigkeit, die selbst eine Maßnahme der Berufsausbildung darstelle. Das Vorpraktikum sei Voraussetzung für den Bachelor-Studiengang Soziale Arbeit an der KFH in NRW. T erhalte kein Geld für ihre Tätigkeit und trage die ihr entstehenden Kosten selbst. Die Entsendeorganisation „N” erfülle dieselben Voraussetzungen wie anerkannte Entsendeorganisationen, so dass jedenfalls die Voraussetzungen eines freiwilligen sozialen Jahres vorlägen. Die Organisation „N” habe mitgeteilt, dass 60% der durch ihre Organisatio...

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