Entscheidungsstichwort (Thema)
Dauerfristverlängerung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer Entscheidung nach § 46 Satz 2 UStDV ist eine Gefährdung des Steueranspruchs dann gegeben, wenn der Unternehmer seine Umsatzsteuervoranmeldungen nicht oder nicht rechtzeitig abgibt oder angemeldete Vorauszahlungen nicht entrichtet.
2. Dies ist nicht als Verstoß gegen den Grundsatz in dubio pro reo' zu werten. Dem Finanzamt ist nach dem Wortlaut des § 46 UStDV die Pflicht zugewiesen, bei einer Gefährdung des Steueranspruchs die Genehmigung der Dauerfristverlängerung abzulehnen.
Normenkette
UStDV § 46 S. 2
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin eine Dauerfristverlängerung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen nach § 46 UStDV zusteht.
Die Klägerin ist eine GmbH. Sie wurde im November 2008 gegründet, ein Jahr später nahm sie ihre Geschäftstätigkeit auf. Nachdem die Klägerin Ende 2009 einen Antrag auf Dauerfristverlängerung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen nach § 46 UStDV gestellt hatte, lehnte der Beklagte diesen Antrag mit Bescheid vom 25.01.2010 mit der Begründung ab, dass der Steueranspruch gefährdet erscheine. Begründet wurde diese Ansicht im Laufe des gegen diesen Bescheid angestrengten Einspruchsverfahrens damit, dass gegen den Geschäftsführer der Klägerin, Herrn A, ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts der Umsatzsteuerverkürzung bei der Firma B GmbH & Co KG, bei welcher er ebenfalls Geschäftsführer sei, anhängig sei. Insoweit bestehe der Verdacht der Teilnahme des Herrn A an Umsatzsteuerkarussellgeschäften. Da eine juristische Person nur durch ihre Organe handeln könne, sei es gerechtfertigt, für die Frage der Gefährdung des Steueranspruchs auf das Verhalten des Geschäftsführers abzustellen.
Auf dieser Basis wies er mit Entscheidung vom 20.07.2010 den Einspruch als unbegründet zurück.
Die hiergegen erhobene Klage begründet die Klägerin damit, dass keine Gefährdung des Steueranspruchs vorliege. Der Beklagte greife lediglich auf eine abstrakte, in höchstem Maße spekulative Gefährdung zurück, wobei er unterstelle, dass der Geschäftsführer der Klägerin in der Vergangenheit eine Steuerhinterziehung begangen habe. Dies sei zum einen bisher nicht erwiesen, zum anderen verstoße es gegen den Grundsatz „in dubio pro reo”. Der Beklagte stelle seine Vermutung auf der Basis von Spekulationen an, eine konkrete Gefährdung werde damit aber nicht belegt. Abgesehen davon habe sie – die Klägerin – ihre steuerlichen Verpflichtungen in der Vergangenheit umfänglich erfüllt. Sie habe ihre Voranmeldungen und Steuererklärungen fristgerecht eingereicht. Für sämtliche Steuerarten lägen Einzugsermächtigungen vor, von denen seitens des Beklagten auch Gebrauch gemacht worden sei, so dass keine Steuerrückstände bestünden. Vorsteuerbelege seien geprüft worden, ohne dass es zu Beanstandungen gekommen sei. Eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung habe zu keinen relevanten Feststellungen geführt.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der Ablehnung vom 25.01.2010 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 20.07.2010 zu verpflichten, die beantragte Dauerfristverlängerung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf seine Einspruchsentscheidung.
In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin während des Rechtsgesprächs deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie – die Klägerin – im Wesentlichen daran interessiert sei, dass sie für die Zukunft die Dauerfristverlängerung erhalte. Für die abgelaufenen Jahre bestehe naturgemäß kein Erfüllungs-, sondern allenfalls ein Feststellungsinteresse. Die Vertreterin des Beklagten hat im Hinblick auf das neu eingeleitete Steuerstrafverfahren keine Möglichkeit gesehen, die Dauerfristverlängerung nach § 46 UStDV für die Zukunft zu gewähren. Sie hat den Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf einen erneuten Antrag verwiesen. Ferner haben die Beteiligten darauf hingewiesen, dass sich vorliegend möglicherweise die Problematik einer Fortsetzungsfeststellungsklage stellen könnte. Das Gericht ist hierauf nur am Rande eingegangen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
I. Der Senat wertet das Begehren der Klägerin als Fortsetzungsfeststellungsklage. Diese ist auch für Verpflichtungsbegehren anerkannt (statt aller: Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 100 FGO Rz. 162; § 101 FGO Rz. 56 ff.) und auch für den Fall, dass sich das Verpflichtungsbegehren schon vor der Klageerhebung erledigt hat (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 100 FGO Rz. 160; § 101 FGO Rz. 63).
Nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass die Klägerin nur insoweit eine vergangenheitsbezogene Aufarbeitung des Streitfalles begehrt, als sich Wirkungen für den künftigen Ausspruch der Dauerfristverlängerung ergeben können. Im Hinblick auf diese...