Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsveräußerung im Ganzen an zwei Erwerber?
Leitsatz (redaktionell)
Die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen sind nicht erfüllt, wenn das Unternehmen in zwei Veräußerungsakten an zwei verschiedene Erwerber übertragen wird. Dieses gilt auch dann, wenn einer der Erwerber die von ihm erworbenen Betriebsgrundlagen dem anderen Erwerber entgeltlich zur Nutzung überlässt.
Normenkette
6. EG-Richtlinie Art. 5 Abs. 8; UStG § 1 Abs. 1a
Tatbestand
Die Klägerin betrieb ab dem 1.1.1999 auf dem Grundstück D – Straße in F eine Autowaschanlage. Im ertragsteuerlichen Anlagevermögen des Betriebs war das Betriebsgrundstück mit Gebäude aktiviert. Die Waschanlage war als Betriebsvorrichtung bilanziert. Eigentümerin des Grundstücks, des aufstehenden Betriebsgebäudes und der Waschanlage war die Klägerin.
Die Klägerin veräußerte am 24.7.2001 (Urkunde 1497/2001 des Notars I in M) das Grundstück und Gebäude an die Erwerberin Frau D zum Kaufpreis von DM 1.500.000. Hiervon entfielen DM 300.000 auf das Grundstück und DM 1.200.000 auf das Gebäude. Mit weiterer Urkunde (Urkunde 1498/2001 des Notars I in M) veräußerte die Klägerin „sämtliche zum Unternehmen gehörenden Gegenstände ohne Grundbesitz” (Ziffer I. des Kaufvertrags) zum Preis von DM 650.000 an Herrn D, den Sohn der Erwerberin des Grundstücks. In beiden Urkunden findet sich jeweils unter Abschnitt II. Gegenleistung die Vereinbarung, dass Mehrwertsteuer auf den Kaufpreis wegen des Vorliegens einer Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 Abs. 1a UStG nicht erhoben werde. Die Verträge waren über eine Bestimmung derart miteinander verknüpft, dass der Erwerb des Grundstücks und der Erwerb der Autowaschanlage in ihrer Rechtswirksamkeit jeweils abhängig von der „Rechtswirksamkeit” des anderen Vertrages waren. Besitz, Nutzen und Lasten gingen zum 31.8.2001 auf die Erwerber über.
In der Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2001 gelangte der Prüfer zu dem Ergebnis, dass der Betrieb der Klägerin durch die Veräußerungen zum 31.8.2001 eingestellt worden sei. Die Voraussetzungen einer steuerfreien Geschäftsveräußerung im Ganzen seien nicht erfüllt, auch wenn die Vertragsparteien beim Abschluss der Verträge davon ausgegangen seien. Sowohl nach quantitativer als auch nach funktionaler Betrachtungsweise seien die veräußerten Betriebsvorrichtungen, das Grundstück und das aufstehende Gebäude wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebs der Klägerin gewesen. Der Prüfer behandelte die Veräußerung der Betriebsvorrichtungen (Waschanlage) als steuerpflichtig und rechnete aus dem Brutto-Kaufpreis die Umsatzsteuer in Höhe von DM 89.665,17 heraus. Bei der Veräußerung des Grundstücks und des Gebäudes ging er von einem steuerbefreiten Umsatz aus. Da die Klägerin bei der Errichtung des Gebäudes aus den angefallenen Herstellungskosten den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen habe, ergebe sich eine Vorsteuerkorrektur gemäß § 15a UStG. Hierbei ging der Prüfer von einer erstmaligen Verwendung zum 18.12.1998 und damit einem Berichtigungszeitraum vom 1.1.1999 bis zum 31.12.2009 aus. Die Klägerin habe innerhalb dieses Berichtigungszeitraums für 32 Monate vom 1.1.1999 bis 31.8.2001 keine Vorsteuerberichtigung und für die restlichen 88 Monate eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen. Ausgehend von Vorsteuerbeträgen in Höhe von DM 197.114,7 (= vorsteuerbelastete Herstellungskosten zu 16% aus DM 1.231.967,14 Herstellungskosten) ermittelte der Prüfer eine Vorsteuerberichtigung in Höhe von DM 144.550,80. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Berechnung des Prüfers in der Rechtsbehelfsakte (Vermerk vom 15.1.2004) Bezug genommen.
Der Beklagte folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ am 1.10.2004 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr. Hiergegen haben die Kläger Einspruch erhoben, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 11.1.2005 als unbegründet zurückwies.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen einer steuerfreien Geschäftsveräußerung im Ganzen vorlagen. Zwar habe es zwei Erwerbsvorgänge gegeben. Veräußert worden seien aber zwei gedachte gesondert geführte Teilbetriebe, was einer Übertragung des Geschäftsbetriebs im Ganzen gleichkomme. Maßgebend sei, dass die Erwerber in der Gesamtheit das Unternehmen der Klägerin ohne nennenswerten finanziellen Aufwand fortführen konnten.
Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen werde auch dann anerkannt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert würden und gleichzeitig an den Erwerber die Rechte aus Pachtverträgen mitübertragen würden. Die Klägerin habe auch keine wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten. Der Verkauf des Grundstücks an die Mutter des zukünftigen Betreibers der Waschanlage habe den wirtschaftlichen Aspekt gehabt, dass die Mutter den Erwerb finanziert habe und das Grundstück nicht Teil der zivilrechtlichen Haftungsmasse gewesen sei. Der Erwerber habe die Waschanlage auch nahtlos als solche fo...