Entscheidungsstichwort (Thema)
Uneinbringlichkeit einer Forderung nach Novation
Leitsatz (redaktionell)
Die Umwandlung einer Forderung aus einer steuerpflichtigen Lieferung oder sonstigen Leistung in ein Darlehen (Novation) stellt noch keine endgültige Vereinnahmung des Entgelts dar, mit der Folge der Uneinbringlichkeit i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG bei Ausfall des Darlehens.
Normenkette
UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Beklagten, eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs für den Besteuerungszeitraum 2007 durchzuführen.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung – GmbH – und unterhält u.a. Geschäftsbeziehungen zur A Import & Export GmbH (2009 umfirmiert in A GmbH und so auch im Folgenden bezeichnet). Diese erbrachte in den Jahren 2005-2007 umsatzsteuerpflichtige Lieferungen an die Klägerin.
Das damals für die Besteuerung der Klägerin zuständige Finanzamt B führte bei ihr eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Voranmeldungszeitraum Dezember 12/2007 durch (Bericht vom 20.5.2008). Der Prüfer kam darin unter anderen zu folgenden Feststellungen (Textziffer 14 des oben genannten Berichts): Da die Klägerin wegen eines finanziellen Engpasses die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen gegenüber der A GmbH nicht habe zeitnah ausgleichen können, seien mit Vereinbarung vom 1.2.2006 Verbindlichkeiten aus Lieferungen aus dem Zeitraum 14.9.2005 bis 31.1.2006 i.H.v. insgesamt 99.320,15 EUR zusammengefasst und in ein Darlehen umgewandelt worden.
Die darin angesprochene Vereinbarung lautet wie folgt:
Wie in dem Termin am 16. Januar 2006 in Ihrem Hause zwischen Herrn A und Herrn C im Beisein von Herrn D besprochen, wird der Betrag von 100.000,– EUR der offenen Lieferantenrechnungen in ein Darlehen umgewandelt.
Dieses Darlehen wird ca. ab Mitte April 2006 monatlich mit 4000,– Euro getilgt. Der vereinbarte Zinssatz für dieses Darlehen wird über die gesamte Laufzeit mit einem Zinssatz von 7 % per anno festgeschrieben.
Der das Darlehen übersteigende Betrag gilt als Einkaufslimit, bindend hierfür ist der Stand per 17. Januar 2006. Eine entsprechende Aufstellung liegt bei.
Die von der Firma A gelieferten Waren werden zeitnah von der Firma G GmbH bezahlt. Eine vorzeitige Tilgung ist jederzeit möglich.”
Der in der oben genannten Vereinbarung genannte Betrag von 100.000 EUR wurde – entsprechend einem Aktenvermerk des Geschäftsführers der Klägerin vom 20.6.2006, nach dem Herr A dies so nach Absprache mit seinem Steuerberater wünsche, betragsmäßig auf die Summe der offenen Forderungen von 99.320,15 EUR beschränkt.
In der mündlichen Verhandlung ist vom Zeugen A eine im wesentlichen textgleiche, ebenfalls auf den 1.2.2006 datierte und von den beiden Geschäftsführern der beteiligten GmbHs unterzeichnete Fassung dieser Vereinbarung vorgelegt worden, in der ausdrücklich auf eine Anlage „Rechnungsaufstellung” hingewiesen wird. Diese beginnt mit einem Rechnungsdatum 14.9.2005 und endet mit einem solchen vom 31.1.2006. Die Summe der Rechnungsbeträge ergibt den Betrag von 99.320,15 EUR. Auf die Rechnungsaufstellung als Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung wird ergänzend Bezug genommen.
Das oben genannte „Darlehen” wurde zum Teil getilgt, so dass im Ergebnis vom oben genannten Betrag von 99.320,15 EUR zum 28.12.2007 noch 86.320,16 EUR offen standen. Zu diesem Zeitpunkt waren zudem weitere Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen gegenüber der A GmbH i.H.v. 106.746,59 EUR aufgelaufen. Unter dem Datum des 28.12.2007 schlossen die Klägerin und die Firma A GmbH einen Vertrag, der mit „Forderungsverzicht” überschrieben ist und auszugsweise wie folgt lautet:
„Hiermit verzichtet die Firma A Import & Export GmbH… gegenüber der Firma G GmbH auf Teile ihrer folgenden Forderungen
Darlehen: |
86.320,16 EUR |
Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung: |
106.776.59 EUR |
Gesamtsumme: |
193.096,47 EUR |
die Vertragsparteien vereinbarten, dass vom obigen Betrag 137.756,20 EUR zum 31.12. 2007 erlassen werden.
Der Verbindlichkeiten-Stand aus Lieferungen und Leistungen beträgt nach dem Forderungsverzicht der Firma A 55.041,54 EUR. Das gewährte Darlehen beträgt 0,00 EUR und ist somit ausgeglichen.
Die restlichen Verbindlichkeiten sind in monatlichen Raten á 500,00 EUR zurück zu zahlen. Sondertilgungen sind jederzeit möglich.
Der Forderungsverzicht wird in Anbetracht der derzeit drohenden Zahlungsunfähigkeit und der sich daraus ergebenden Insolvenzgefahr erteilt.
Die Firma G verpflichtet sich in den nächsten 3 Jahren insgesamt Waren von mindestens 300.000,00 EUR (bezahlter Umsatz) von der Firma A zu beziehen. Ansonsten leben die obigen Forderungen wieder auf.”
Die A GmbH betrachtete daraufhin die Umsatzsteuer auf die Gesamtsumme der erlassenen Beträge von 137.756,20 EUR als uneinbringlich und korrigierte ihre zu zahlende Vorsteuer in der Voranmeldung für Dezember 2007 entsprechend. Der Steuerberater der A GmbH, Herr E, erläuterte gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 25. März 2008, ...