Entscheidungsstichwort (Thema)
Frühestmöglicher Antrags- und Erlasszeitpunkt
Leitsatz (redaktionell)
Jeder Ehegatte, der Gesamtschuldner der Einkommensteuer ist, ist unabhängig davon, ob die Zwangsvollstreckung wegen der Gesamtschuld eingeleitet ist oder konkret droht, befugt, die Aufteilung der Steuerschuld nach § 279 AO zu beantragen.
Normenkette
AO § 279 Abs. 1 S. 1, § 44
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Beklagte verpflichtet, ist einen Aufteilungsbescheid hinsichtlich der Einkommensteuern 2006 bis 2008 zu erlassen.
Die Klägerin und ihr zwischenzeitlich geschiedener Ehemann waren in den Streitjahren nichtselbständig nach § 19 Einkommensteuergesetz (EStG) tätig. Die Einkünfte der Klägerin wurden nach § 38b Abs. 1 Nr. 5 EStG (Lohnsteuerklasse V), die Einkünfte des Ehemannes nach § 38b Abs. 1 Nr. 3a EStG (Lohnsteuerklasse III) dem Lohnsteuerabzug unterworfen; Einkommensteuererklärungen wurden nicht abgegeben.
Die Klägerin war der Auffassung, es seien getrennte Veranlagungen i.S.d. § 26a EStG durchzuführen und reichte entsprechende Einkommensteuererklärungen ein. Der Beklagte führte zunächst getrennte Veranlagungen durch. Für den zwischenzeitlich geschiedenen Ehemann der Klägerin ergaben sich Nachzahlungsbeträge. Am 26. September 2009 erfolgte ein Vollstreckungsversuch des Beklagten beim damaligen Ehemann der Klägerin. Am 11. Oktober 2011 erfolgte die Ankündigung eines weiteren Vollstreckungsversuchs.
Mit Beschluss vom …. Oktober 2011 entschied das Amtsgericht A – Familiengericht – dass, „die Beklagte” (im hier zu entscheidenden Verfahren die Klägerin) verpflichtet werde, einer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für die Veranlagungszeiträume 2005 bis 2009 zuzustimmen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss (Az. …) vom …. Oktober 2011 (Bl. … in 15 K 3024/12) Bezug genommen.
Am 21. November 2011 stellte die Klägerin einen Antrag auf Aufteilung der Einkommensteuern 2005 bis 2008. Am 29. November 2011 wurden (gemeinsame) Einkommensteuererklärungen abgegeben.
Mit Bescheiden vom 8. Februar 2012 führte der Beklagte Zusammenveranlagungen gemäß § 26b EStG durch und setzte die Einkommensteuern 2005 bis 2009 fest. Die Bescheide ergingen gegenüber der Klägerin; sie ergingen ohne Leistungsgebot. In den Einkommensteuerbescheiden wurde in den Abrechnungsteilen jeweils der Abzug der Lohnsteuer der Klägerin berücksichtigt. Mit selbem Datum erließ der Beklagte Aufteilungsbescheide gegenüber der Klägerin.
Unter dem 19. April 2012 ergingen entsprechende Einkommensteuerbescheide gegenüber dem damaligen Ehemann der Klägerin. Auch diese erfolgten ohne Leistungsgebot. Ebenfalls am 19. April 2012 ergingen gegenüber dem damaligen Ehemann der Klägerin entsprechende Aufteilungsbescheide.
Gegen die Aufteilungsbescheide erhob der damalige Ehemann der Klägerin nach durchgeführtem Einspruchsverfahren Klage. Im finanzgerichtlichen Verfahren erfolgte mit Beschluss vom 15. Juli 2013 eine Beiladung der Klägerin. Am 7. August 2013 erfolgte die Aufhebung der Aufteilungsbescheide. Der Beklagte war nach Hinweis des Gerichtes zu der Auffassung gelangt, ein Antrag auf Aufteilung könne nicht vor Bekanntgabe des Leistungsgebots erfolgen. Da der Antrag verfrüht gestellt worden sei, sei der Aufteilungsbescheid aufzuheben. Der Rechtsstreit wurde anschließend übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Verfahrensakte 15 K 3024/12 Bezug genommen. Gegen die Einkommensteuerbescheide erhob der Beigeladene nach Einspruchsverfahren ebenfalls Klage (Az. 15 K 3023/12). Die Klage wurde zurückgenommen.
Am 21. März 2013 kündigte der Beklagte erneut gegenüber dem damaligen Ehemann der Klägerin die Vollstreckung an.
Am 16. Dezember 2013 erfolgte die Bekanntgabe folgender Leistungsgebote an Klägerin und Beigeladenen:
2006 |
4 EUR |
2007 |
284,17 EUR |
2008 |
34,45 EUR |
Am 18. Dezember 2013 beantragte die Klägerin (erneut) die Einkommensteuer 2005-2009 aufzuteilen.
Am 9. Januar 2014 erfolgte eine Aufrechnung des Beklagten gegenüber dem zwischenzeitlich geschiedenen Ehemann der Klägerin, so dass keine rückständigen Einkommensteuern mehr gegeben waren.
Den Antrag der Klägerin vom 18. Dezember 2013 lehnte der Beklagte anschließend mit Bescheid vom 26. Februar 2014 ab. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen (Bl. 15 d.A.). Hiergegen legte die Klägerin am 19. März 2014 Einspruch ein.
Den Einspruch verwarf der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23. April 2014 als unzulässig. Er führte aus, die Klägerin habe kein Rechtsschutzbedürfnis. Da keine Vollstreckung aus den Einkommensteuerbescheiden 2005 bis 2009 mehr erfolge, sei nicht ersichtlich, inwieweit die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse am Erlass von Aufteilungsbescheiden haben könnte.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Klage vom 26. Mai 2014 wegen Aufteilung der Einkommensteuern 20...