Entscheidungsstichwort (Thema)

Teleologische Reduktion des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IV R 11/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG ist teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass eine Gewinnhinzurechnung unterbleibt, soweit eine Haftung nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 171 Abs. 1 HGB besteht.

 

Normenkette

HGB § 171; EStG § 15a

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen IV R 11/22)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte im Streitjahr 2016 zu Recht Teile einer Entnahme gemäß § 15a Abs. 3 EStG dem Gewinn hinzugerechnet hat.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die ein …werk betreibt. Persönlich haftender Gesellschafter ist die A GmbH. Alleinige Kommanditistin ist die A1 GmbH & Co. KG mit einer Gesellschaftseinlage von 1.064.000,00 € im Streitjahr. Die Kommanditistin ist zum 31. Dezember 2009 in die Gesellschaft eingetreten. Sie hat dabei ein negatives Kapitalkonto von 64.599,61 € übernommen, gleichzeitig betrug der Saldo der auf Haftung geleisteten Einlagen 65.599,61 €. Die Haftung laut Handelsregister war zu diesem Zeitpunkt auf 1.000,00 € begrenzt.

Am 22. April 2010 wurde eine Erhöhung der Hafteinlage um 629.000,00 € auf 630.000,00 € im Handelsregister eingetragen und auch durch die Kommanditistin geleistet. Im gleichen Jahr – am 19. November 2010 – wurde eine weitere Erhöhung um 434.000,00 € auf 1.064.000,00 € im Handelsregister eingetragen.

Weitere Einlagen leistete die Kommanditistin bis zum Streitjahr nicht. In den Jahren 2009 bis einschließlich 2015 hat die Kommanditistin 471.500,48 € dem Gesamthandsvermögen entnommen. Der negative Saldo der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustanteile beträgt bis einschließlich 2015 -760.333,30 €. Im Streitjahr hat die Kommanditistin weitere 600.026,48 € entnommen und einen handelsrechtlichen Gewinn von 86.326,11 € erzielt.

In der gesonderten und einheitlichen Feststellungserklärung 2016, die am 15. November 2017 eingereicht wurde, hat die Klägerin Entnahmen i.H.v. 600.026,48 € ausgewiesen.

Mit Bescheid vom 26. Januar 2018 für 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG wurde bei der Kommanditistin eine Entnahme im Streitjahr 2016 in Höhe von 600.026,48 € gemäß § 15a Abs. 3 EStG festgestellt und daher ein Betrag i.H.v. 259.068,69 € als (fiktiver) Gewinn zugerechnet.

Hiergegen legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein. Zur Begründung verwies die Klägerin darauf, dass bei der Berechnung der als Gewinn hinzuzurechnenden Einlageminderung der im Wirtschaftsjahr zum Ausgleich verwendbare Betrag der Außenhaftung nicht berücksichtigt worden sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2019 wurde dem Einspruch teilweise abgeholfen. So wurden unter Änderung des Bescheides vom 26. Januar 2018 die der A1 GmbH & Co. KG nach Anwendung des § 15a EStG zuzurechnenden Einkünfte auf 218.037,84 € und der verrechenbare Verlust i.S.d. § 15a EStG auf 147.790,99 € festgestellt. Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte hatte bei der Feststellung die von der Klägerin erklärten Werte übernommen und die bestandskräftig feststehenden Werte der Vorjahre fortgeführt. Die Abweichung von der Erklärung der Klägerin beruhte auf der Anwendung von § 15a Abs. 3 EStG.

Zur Begründung ihrer hiergegen fristgemäß erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass die zum Ausgleich verwendbare Außenhaftung zu berücksichtigen sei, da alleine die eingetragene Haftsumme von 1.064.000,00 € die Summe der Verlustanteile bis 2016 in Höhe von -777.523,84 € überschreite.

Der Sinn und Zweck des § 15a Abs. 3 EStG stehe dem nicht entgegen. Dieser solle verhindern, dass der Steuerpflichtige durch vorübergehende Einlagen oder eine vorübergehende Haftungserweiterung Verlustausgleichpotenzial erreiche. Indes habe sie weder eine Einlage geleistet, die entnommen worden sei, noch sei das Haftkapital seit dem Kalenderjahr 2010 angepasst worden, um in Summe das entsprechende Verlustausgleichpotenzial erreichen zu können.

Allein die Tatsache, dass die Entnahmen sowie die bisherigen Verluste kumuliert die Haftsumme laut Handelsregister überschreiten würden, reiche für eine korrekte Berechnung nach § 15a Abs. 3 EStG nicht aus.

Vielmehr komme es für eine Gewinnzurechnung zusätzlich darauf an, inwieweit durch die Entnahme oder Kapitalherabsetzung ggf. die Außenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB wieder auflebe. Im Streitfall lebe die Außenhaftung aufgrund der Entnahmen wieder auf, da keine entnahmefähigen Gewinne vorhanden gewesen seien. Somit sei eine Gewinnzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 EStG nicht vorzunehmen.

Darüber hinaus sei zunächst maßgeblich, ob die Summe der Entnahmen und Verluste die Summe der Haftsumme und Einlagen überhaupt überschreiten würden.

Der Beklagte hingegen lasse die Einlagen, und somit die Entwicklung des Kapitalkontos an sich, offenbar außer Betracht.

Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sei zu verhindern, dass der Steuerpflichtige me...

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