Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuervergütung, Vorlage von Rechnungen im Original (Scan)
Leitsatz (redaktionell)
Für eine ordnungsgemäße Antragstellung reicht es aus, dass innerhalb der Antragsfrist in elektronischer Form Rechnungskopien eingereicht werden. Zwar wird gem. § 18 Abs. 9 Satz 2 UStG i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung verlangt, dass mit dem Vergütungsantrag „eingescannte Originale” der Rechnungsbelege eingereicht werden. Diese Anforderung nach deutschem Recht entspricht jedoch nicht den unionsrechtlichen Vorgaben gem. Art. 10 der RL 2008/9/EG. Das deutsche Recht ist daher im Licht des vorrangigen Unionsrechts einschränkend und geltungserhaltend auszulegen.
Normenkette
UStDV § 61 Abs. 2; UStG § 18 Abs. 9
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, Vorsteuervergütung zu erhalten, und hierbei konkret darum, ob die Einreichung eingescannter Rechnungskopien statt eingescannter Originalrechnungen den Anforderungen von § 61 Abs. 2 UStDV bzw. Art. 10 der Richtlinie 2008/9/EG und damit für eine fristgerechte Vorlage der Rechnungsbelege genügen.
Der Kläger ist ein in Belgien ansässiger Einzelunternehmer, der ein Binnenschiff zur Güterbeförderung betreibt. Am 27. September 2016 (Eingang beim Beklagten) stellte der Kläger – in elektronischer Form über das hierzu von der belgischen Finanzverwaltung bereitgestellte Portal und hierbei durch seinen Bevollmächtigten vertreten – einen Antrag auf Vorsteuervergütung im besonderen Verfahren gemä?§ 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) in Höhe von 1.695,80 EUR für den Zeitraum Januar bis Dezember 2015. Gegenstand dieses Vergütungsantrags waren insgesamt drei Rechnungen betreffend die von einem in den Niederlanden ansässigen Unternehmer in Deutschland an den Kläger ausgeführten Lieferungen von Benzin. Dem Antrag des Klägers beigefügt waren in eingescannter Form die drei streitgegenständlichen Rechnungen jeweils mit der Aufschrift „KOPIE” (vgl. Bl. 2-3 der vom Beklagten geführten Verwaltungsakte –VA–).
Der Beklagte lehnte den Vorsteuervergütungsantrag mit Bescheid vom 15. Dezember 2016 (Bl. 6 der VA) ab mit der Begründung, bei den beigefügten Belegen handele es sich nicht um eingescannte Originalrechnungen.
Hiergegen wandte sich der Bevollmächtigte des Klägers per E-Mail vom 2. Januar 2017, übermittelte dem Beklagten auf elektronischem Weg die eingescannten Originalrechnungen und bat um Korrektur der ablehnenden Entscheidung. Daraufhin teilte der Beklagte mit Erörterungsschreiben vom 3. Februar 2017 mit, dass der Einspruch keinen Erfolg haben könne, da die elektronisch übermittelten Originalrechnungen erst nach Ablauf der gesetzlich geregelten Ausschlussfrist eingegangen seien.
Nachdem hierauf keine weitere Stellungnahme seitens des Klägers beim Beklagten einging, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2017 (Bl. 14 der VA; Bl. 2 der Gerichtsakte –GA–) den Einspruch als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung, gerichtet an den belgischen Prozessbevollmächtigten des Klägers, wurde am 14. Juli 2017 zur Post gegeben.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden, am 24. August 2017 bei Gericht eingegangenen Klage. Zur Begründung trägt der Kläger vor, er habe mit dem Vergütungsantrag Kopien der Rechnungen übermittelt, da er in Belgien für Buchhaltungszwecke verpflichtet sei, die Originalrechnungen an Bord seines Schiffes mitzuführen. Aufgrund dessen sei ihm, nachdem er erst am 28. Dezember 2016 wieder nach Hause gekommen sei, eine frühere Übersendung der Originalrechnungen nicht möglich gewesen. Zudem habe der Beklagte erstmals am 15. Dezember 2016 die Vorlage der Originalrechnungen verlangt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des Vergütungsbescheides vom 15. Dezember 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2017 die Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Januar bis Dezember 2015 auf 1.695,80 EUR festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt der Beklagte vor, die vom Kläger begehrte Vorsteuervergütung sei nicht möglich, da der Kläger nicht rechtzeitig die Originalrechnungen (als Scans) beim Beklagten eingereicht habe. Dadurch habe der Kläger die Voraussetzungen für die Vorsteuervergütung gemäß § 18 Abs. 9 Satz 2 UStG i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV nicht erfüllt. Mit diesen Regelungen sei die europarechtliche Vorgabe gemäß Art. 10 der Richtlinie 2008/9/EG umgesetzt worden. Hiernach müsse ein Antragsteller im Vorsteuervergütungsverfahren innerhalb der Antragsfrist als nicht verlängerbare Ausschlussfrist nicht nur den Vergütungsantrag selbst, sondern auch die dazugehörigen Rechnungen als Scan der Originalbelege einreichen. Dies schreibe insbesondere § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV vor, in dem dort wörtlich formuliert sei, dass dem Vergütungsantrag auf elektronischem Weg „die Rechnungen und Einzelbelege als eingescannte Originale beizufügen” seien. Innerhalb de...