Entscheidungsstichwort (Thema)
Wesentliche Beteiligung für eine juristische Sekunde
Leitsatz (redaktionell)
1) Im Rahmen des § 17 Abs. 1 EStG kommt es nicht auf die Dauer der Beteiligung an, sondern nur darauf, dass der Steuerpflichtige einmal innerhalb der letzten fünf Jahre - und sei es nur für eine juristische Sekunde - wesentlich beteiligt war.
2) Eine wesentliche Beteiligung liegt danach auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige im Zuge einer einheitlichen Vertragsurkunde zunächst eine wesentliche Beteiligung übernimmt und diese durch Kapitalerhöhung eine juristische Sekunde später wieder verliert.
3) Für die Beurteilung spielt es keine Rolle, dass die übernommenen GmbH-Anteile Anteile einer sog. Mantelgesellschaft waren.
Normenkette
AO § 39; EStG § 17
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Streitjahr 2000 einen steuerpflichtigen Gewinn aus der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils nach § 17 EStG erzielt hat. Dabei ist insbesondere streitig, ob eine wesentliche Beteiligung gegeben ist.
Mit notariellem Vertrag vom 16./17. Juli 1999 erwarb der Kläger einen Geschäftsanteil an der K GmbH von der H GmbH. Die H GmbH war bis zu diesem Zeitpunkt alleiniger Gesellschafter der K GmbH gewesen. Die K GmbH war am 4. Dezember 1996 gegründet worden. Dabei firmierte sie seinerzeit als K1 GmbH, die am 16. März 1999 in K GmbH umfirmierte. Ihr Stammkapital betrug 25.565 EUR (50.000 DM). In den Eingangspassagen des notariellen Vertrages vom 16. Juli 1999 wurde das von allen Beteiligten in Deutschland beabsichtigte wirtschaftliche Engagement sowie die in diesem Zusammenhang geplanten gesellschaftsrechtliche Struktur beschrieben. Ausweislich des notariellen Vertrages vom 16./17. Juli 1999 (Abschn. II.E.2) splittete die H GmbH ihre Beteiligung in einen Anteil zu 9.458,90 EUR (18.500 DM) und je fünf Anteile zu 3.221,14 EUR (= 6.300 DM). Der Anteil i.H.v. 9.460 EUR (18.500 DM) wurde an die P Inc. übertragen, jeweils einen Anteil zu 3.221,14 EUR (= 6.300 DM) erhielten die E GmbH, Herr M, Herr R und der Kläger (Vertrag vom 16./17. Juli 1999, Abschn. II.E.2, a-e). Einen Anteil i.H.v. 3.221,14 EUR (= 6.300 DM) behielt die H GmbH. Die Beteiligung des Klägers am Stammkapital der K GmbH betrug damit 12,6 %. Gemäß Abschn. II.E.4 des Vertrages sollte die Übertragung sofortige Gültigkeit haben.
Ausweislich des Abschn. II.F. hielten die „Erschienenen” – darunter auch der Kläger bzw. sein Stellvertreter – unter Verzicht auf alle Frist- und Formvorschriften eine Gesellschafterversammlung der K GmbH ab. Gemäß Abschn. II.F.1. beschlossen sie eine Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft auf … EUR. Dabei erhöhten sich die Geschäftsanteile wie folgt:
|
von |
auf |
P Inc. |
9.458,90 EUR |
20.980.000,00 EUR |
E GmbH |
3.221,14 EUR |
5.000,00 EUR |
H GmbH |
3.221,14 EUR |
3.000.000,00 EUR |
M |
3.221,14 EUR |
5.000,00 EUR |
R |
3.221,14 EUR |
5.000,00 EUR |
Kläger |
3.221,14 EUR |
5.000,00 EUR |
Damit verminderte sich die Beteiligung des Klägers auf 0,0208 %. Der Kläger wurde neben Herrn R und Herrn M zum Geschäftsführer bestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 16./17. Juli 1999 verwiesen (befindlich als Original in englischer Sprache und als Übersetzung auszugsweise in der Einkommensteuerakte des Beklagten bzw. Bl. 136 ff., 151 ff. der FG-Akte).
Am 22. August 2000 veräußerte der Kläger seinen Gesellschaftsanteil an die P Inc. für 1.533.875 EUR (3.000.000 DM). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 22. August 2000 verwiesen (befindlich als Original in englischer Sprache und als Übersetzung in der Einkommensteuerakte des Beklagten). Der Veräußerungsgewinn betrug 1.528.875 EUR (2.990.220 DM) und ermittelte sich folgt:
Veräußerungspreis |
1.533.875 EUR = |
3.000.000 DM |
./. Anschaffungskosten |
5.000 EUR = |
9.780 DM |
Veräußerungsgewinn |
1.528.875 EUR = |
2.990.220 DM |
Der Kläger wurde zunächst mit Einkommensteuerbescheid 2000 vom 2. August 2002 veranlagt. Dabei wurde der Veräußerungsgewinn erklärungsgemäß nicht der Besteuerung unterworfen. Dieser Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO. Nach schriftlicher Erörterung wurde der Bescheid am 17. September 2002 nach § 164 Abs. 2 AO u.a. dahingehend geändert, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der K GmbH i.H.v. 2.990.220 DM nach § 17 EStG besteuert wurde.
Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2003 als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Klage trägt der Kläger vor, dass er keine wesentliche Beteiligung an der K GmbH erworben habe.
Bei der K GmbH habe es sich um eine Vorratsgesellschaft gehandelt, die ihre Tätigkeit – die Errichtung eines Rechenzentrums – erstmals nach dem Anteilserwerb u.a. durch ihn, den Kläger, aufgenommen habe. Sowohl der Anteilserwerb als auch die Kapitalerhöhung seien Bestandteil eines einheitlichen Rechtsvorgangs, der erst mit der abschließenden Ze...