Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang eines Vorläufigkeitsvermerks

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Mit "der beschränkten Abzugsfähigkeit der Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 3 EStG" sind Gegenstand und Umfang des Vorläufigkeitsvermerks inhaltlich hinreichend bestimmt.

2) Inhaltlich ist der Vorläufigkeitsvermerk auf die bestrittene Verfassungsmäßigkeit von § 10 Abs. 3 EStG beschränkt.

3) Ob und unter welchen Voraussetzungen der von einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bezogene Arbeitslohn zur Kürzung des Vorwegabzugs führt, betrifft die Anwendung und Auslegung einfachen Rechts, die von dem Vorläufigkeitsvermerk nicht erfasst wird.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 3; AO § 165

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 02.07.2008; Aktenzeichen X B 39/08)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Umfang eines Vorläufigkeitsvermerks gemäß § 165 Abgabenordnung (AO).

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit und aus nicht selbständiger Arbeit als Geschäftsführer der … GmbH, an der er mit 50 % beteiligt ist. Die vom Kläger geltend gemachten Sonderausgaben in Höhe 35.606,00 DM wurde im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2000 vom … 2002 unter Kürzung des Vorwegabzugs in voller Höhe mit 7.830,00 DM berücksichtigt. Der Bescheid erging zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO. Darüber hinaus erfolgte die Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 AO u.a. vorläufig im Hinblick auf die Anhängigkeit von Verfassungsbeschwerden bzw. Revisionen hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EinkommensteuergesetzEStG –). Im Rahmen einer nachfolgenden Erörterung teilten die Kläger am … 2002 mit, dass die Minderung nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG wohl versehentlich erfolgt und zu korrigieren sei. Der Beklagte verwies mit Schreiben vom … 2002 und … 2002 darauf hin, dass die Kürzung im Hinblick auf die Stellung als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer und die nach eigenen Angaben bestehende Anwartschaft auf Altersversorgung erfolgt sei und eine Änderung nicht in Betracht komme. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde mit Bescheid vom … 2002 aufgehoben.

Auch die Einkommensteuerbescheide 2001 vom … 2003 und 2002 vom … 2003 ergingen vorläufig im oben genannten Umfang. Auch in diesen Bescheiden wurden die Sonderausgaben in Höhe von 36.739,00 DM (2001) und 20.502,00 EUR (2002) nur mit 7.830,00 DM bzw. 4.002,00 EUR berücksichtigt. Mit den hiergegen gerichteten Einsprüchen wandten sich die Kläger gegen die Nichtabzugsfähigkeit der Sonderausgaben in Höhe des jeweiligen Differenzbetrages sowie die Minderung des Vorwegzuges. Bezüglich Einkommensteuer 2001 richtete sich der Einspruch auch gegen den beschränkten Abzug der Vorsorgeaufwendungen. Über diese Einsprüche wurde mit Einspruchsentscheidung vom … 2004 abschließend entschieden.

Mit Schreiben vom … 2004 beantragten die Kläger eine Änderung der Einkommensteuerbescheide der Streitjahre mit der Begründung, dass die Kürzung des Vorwegabzugs beim Kläger unberechtigt sei. Dem Kläger sei im Jahre 1983, als er Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer gewesen sei, von der … GmbH eine Pensionszusage erteilt worden. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 16.10.2002 XI R 25/01, BStBl II 2004, 546, sei der Vorwegabzug ungekürzt zu gewähren, da durch die Altersversorgung die Gewinnansprüche gemindert und die Altersversorgung ausschließlich durch eigene Beträge des Klägers finanziert worden seien.

Die streitigen Bescheide seien auch hinsichtlich der Vorsorgeaufwendungen nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig ergangen und somit eine Änderung noch möglich. Unter den Vorläufigkeitsvermerk falle auch die Kürzung des Vorwegabzugs. Nur aus diesem Grunde seien die damaligen Einsprüche auch nicht weiter betrieben worden. Es könne nicht sein, dass der Beklagte ab einem bestimmten Jahr entgegen langjähriger Praxis willkürlich eine Kürzung des Vorwegabzugs vornehme und gleichzeitig mitteile, dass ein Einspruch nicht erforderlich sei und sich dann bei Revidierung der Rechtsauffassung darauf berufe, dass die Bescheide bestandskräftig seien.

Im Übrigen sei bezüglich der Rechtsfrage, ob der Vorwegabzug für den Kläger überhaupt zu kürzen sei, für die Jahre 2003 und 2004 noch ein Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) Köln unter dem Aktenzeichen 5 K 2106/06 anhängig.

Mit Verfügung vom … 2005 lehnte der Beklagte die Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2002 mit der Begründung ab, der Vorläufigkeitsvermerk beziehe sich lediglich auf die beschränkte Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen und nicht allgemein auf alle beschränkt abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen.

Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Entscheidung vom … 2006 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte wie folgt aus:

Die Voraussetzungen der hier allein in Betracht kommenden Änderung aufgrund der Vorläufigkeitsvermerke seien nicht gegeben. Der gesetzte Vorläufigkeitsvermerk umfasse nicht die Probl...

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