Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Bestellung zum Steuerberater bei geschäftsführender Tätigkeit in einem gewerblichen Unternehmen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein Syndikus-Steuerberater, der in einem gewerblichen Unternehmen auch eine Organfunktion wahrnimmt, übt eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare gewerbliche Tätigkeit aus.

2) Etwas anderes ergibt sich nicht § 58 Satz 2 Nr. 5a StBerG, denn die Tätigkeit als Syndikus-Steuerberater ist mit der Übernahme einer Organfunktion in einem gewerblichen Unternehmen gerade nicht vereinbar.

3) Die Ungleichbehandlung gegenüber den Rechtsanwälten ist vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt. Anders als bei der Tätigkeit eines Rechtsanwalts hat der Steuerberater eingehende und umfassende Kenntnisse über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten. Daher gerät ein Steuerberater viel eher in Interessenkollision gegenüber seinem Arbeitgeber, wenn neben der steuerberatenden Tätigkeit für ihn auch noch eine Organfunktion wahrgenommen werden soll.

 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 1, § 58 S. 2 Nr. 5a; GG Art. 3 Abs. 1; StBerG § 57 Abs. 4 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen VII B 136/11)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Bestellung des Klägers zum Steuerberater zu Recht widerrufen wurde.

Der Kläger ist als Steuerberater zugelassen. Ausweislich des Handelsregisters ist der Kläger als Geschäftsführer der A GmbH und der B Verwaltungs GmbH, vormals Fachmarktzentrum C Verwaltungs GmbH, eingetragen. Unternehmensgegenstand der A GmbH ist der Erwerb und die Bebauung von Grundbesitz. Gegenstand der B Verwaltungs GmbH ist der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen sowie die Übernahme der persönlichen Haftung der Geschäftsführung bei Handelsgesellschaften, insbesondere die Beteiligung als persönlich haftende, geschäftsführende Gesellschafterin an der B Verwaltungs GmbH & Co. KG.

Mit Schreiben vom 29. Januar 2009 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass es sich bei der Tätigkeit als „Geschäftsführer” einer gewerblichen Gesellschaft um eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare Tätigkeit gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 Steuerberatergesetz – StBerG – handele. Die Bestellung als Steuerberater sei daher nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 StBerG zu widerrufen. Er, der Kläger, erhalte nach § 46 Abs. 4 StBerG die Gelegenheit, sich zu äußern.

Der Kläger wies im Schreiben seines Bevollmächtigten vom 9. März 2009 darauf hin, dass es sein Ziel sei, sowohl als Steuerberater als auch weiterhin als Geschäftsführer tätig zu sein. Diese Möglichkeit werde ihm durch § 58 Satz 2 Nr. 5a StBerG auch gegeben.

Nach weiteren Schreiben der Beklagten und des Klägers hat die Beklagte mit Verfügung vom 18. Mai 2009 die Bestellung des Klägers als Steuerberater unter Hinweis auf die gewerbliche Tätigkeit als Geschäftsführer nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 StBerG widerrufen.

Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Beklagte meine zu Unrecht, dass § 58 Satz. 2 Nr. 5a StBerG die geschäftsführende Tätigkeit in einem gewerblichen Unternehmen nicht erfasse. Ein SyndikusSteuerberater könne für seinen Arbeitgeber sehr wohl Geschäftsführertätigkeiten in dessen Unternehmen bzw. Konzernunternehmen ausüben.

Voraussetzung für die Bestellung als Syndikus-Steuerberater sei, dass der Betroffene im Unternehmen Tätigkeiten nach § 33 StBerG, d.h. Hilfeleistungen in Steuersachen, ausübe. Dies sei bei ihm der Fall.

Darüber hinaus sei er, der Kläger, berechtigt, seinen Pflichten als Steuerberater nachzukommen. Er sei insbesondere dazu berechtigt, sich während der Dienstzeit zur Wahrnehmung etwaiger Gerichts- oder Behördentermine und Besprechungen jederzeit von seiner Arbeitsstelle zu entfernen, ohne im Einzelfall eine Erlaubnis hierfür einholen zu müssen.

In § 58 Satz 2 Nr. 5a Satz 1 StBerG erscheine weder das Wort „ausschließlich” noch das Wort „nur”. Daher seien dem Syndikus-Steuerberater auch andere Tätigkeiten als die sog. Vorbehaltsaufgaben des § 33 StBerG erlaubt. Nach verfassungskonformer Auslegung genüge es, wenn der Steuerberater nur 1 % steuerliche Aufgaben wahrnehme. Danach sei es zulässig, dass der Syndikus-Steuerberater auch andere Aufgaben in einem Unternehmen, etwa das Geschäftsführeramt, ausübe.

Abgesehen davon seien die Bestimmungen des § 46 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 57 Abs. 4 StBerG verfassungswidrig. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Rechtsanwälten die gewerbliche Tätigkeit und die Übernahme des Geschäftsführeramtes erlaubt, Steuerberatern hingegen verboten seien.

Der Kläger beantragt,

den Widerrufsbescheid vom 18. Mai 2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Geschäftsführertätigkeit in einem gewerblichen Unternehmen stelle eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare gewerbliche Tätigkeit dar. Das organschaftliche Handeln in dieser Funktion werde notwendig vom gewerblichen Charakter der Unternehmenstätigkeit der jeweiligen Gesellschaft geprä...

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