Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsteuerpflicht von Versicherungen für ein unter ausländischer Flagge (hier: Marshallinseln) fahrendes Seeschiff (sog. Ausflaggung)
Leitsatz (redaktionell)
Ergibt sich aus der Gesamtbetrachtung der vertraglichen Regelungen sowie die tatsächliche Durchführung, dass –ggf. neben dem Vertragsreeder- (auch) der Stpfl. als Schiffsgesellschaft Vertragspartner des Versicherungsunternehmens der Versicherungsverhältnisse geworden ist, unterliegen Prämienzahlungen für Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Seeschiffes, das im inländischen Seeschiffsregister eintragen ist, aber unter ausländischer Flagge fährt (hier: Marshallinseln) und auch in dessen Schiffsregister eingetragen ist, im Inland der Versicherungssteuer.
Normenkette
VersStG § 10 Abs. 4, §§ 7, 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Prämienzahlungen für Versicherungen betreffend ein Schiff, das unter ausländischer Flagge fährt, in Deutschland der Versicherungsteuer unterliegen.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer im Handelsregister des Amtsgerichts Z unter HRA 3 eingetragenen Schiffsgesellschaft. Gegenstand der Geschäftstätigkeit der Schiffsgesellschaft ist der Betrieb des Seeschiffs „Y” mit der ihm zugeteilten IMO-Nummer 4. Dieses Schiff ist das einzige aktivierte Anlagevermögen. Das Seeschiff ist im deutschen Seeschiffsregister eingetragen, aufgrund der Regelung zur sog. Ausflaggung nach § 7 Flaggenrechtsgesetz allerdings zeitweise berechtigt, die Flagge der Marshallinseln, in dessen Schiffsregister das Schiff ebenfalls eingetragen ist, zu führen. Gleichzeitig ist es der Schiffsgesellschaft untersagt, für das Seeschiff die deutsche Flagge zu führen.
Die Rechtsvorgängerin des Klägers schloss mit der in Z ansässigen X (Deutschland) GmbH am …2007 einen Bereederungsvertrag (vgl. Bl. 459 ff. der GA). Gemäß § 1 Abs. 1 des Bereederungsvertrags wurde die X (Deutschland) GmbH (als „Bereederer”) zum Vertragsreeder für das Schiff „Y” bestellt. Der Bereederer ist berechtigt und verpflichtet, alle Geschäfts- und Rechtshandlungen vorzunehmen, welche der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft gewöhnlich mit sich bringt und im Interesse der Gesellschaft erforderlich sind (§ 2 Abs. 1 des Bereederungsvertrags, Bl. 460 der GA).
Gemäß § 2 Abs. 2 des Bereederungsvertrags vertritt der Bereederer die Gesellschaft (die Rechtsvorgängerin des Klägers) gerichtlich und außergerichtlich.
Gemäß § 2 Abs. 4 Buchst. h) des Bereederungsvertrags zählt zu den Aufgaben des Bereederers
„Versicherung des Schiffes und zugehöriger Interessen in ausreichendem Rahmen gegen die üblichen Risiken, einschließlich einer angemessenen Loss-of-Hire Versicherung, mit einer Franchise von 14 Tagen, wobei – soweit möglich – diese Versicherungen den Bereederer, sowie – je nach jeweiliger Versicherungsvereinbarung – Dritte, die vom Bereederer beauftragt wurden, als Mitversicherte mit vollem Versicherungsschutz nennen; in diesem Zusammenhang werden alle Kosten für solche Versicherungen dem Bereederer von der Gesellschaft zur Verfügung gestellt und die Gesellschaft hält den Bereederer sowie Dritte, die von diesem beauftragt wurden, von Zahlungsverpflichtungen bzgl. jeglicher Versicherungsprämien, die in Verbindung mit diesen Versicherungen stehen, frei;”
sowie gemäß § 2 Abs. 4 Buchst. i) des Bereederungsvertrags
„die Bearbeitung von Schadens- und Versicherungsfällen”.
Gemäß § 4 Abs. 1 des Bereederungsvertrags hat der Bereederer für Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Schiffsgesellschaft (Rechtsvorgängerin des Klägers) hinausgehen, deren vorherige Zustimmung einzuholen.
Gemäß § 5 Abs. 1 des Bereederungsvertrags ist der Bereederer
„verpflichtet, die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns im Namen und für Rechnung der Gesellschaft zu führen.”
Gemäß § 7 Abs. 1 des Bereederungsvertrags ist der Bereederer
„verpflichtet, die Geldmittel der Gesellschaft auf Konten zu verwalten, die auf den Namen der Gesellschaft geführt werden.”
Wegen der weiteren vertraglichen Einzelheiten wird auf den Bereederungsvertrag vom …2007 (Bl. 459 ff. der GA) Bezug genommen.
Aufgrund der Prüfungsanordnung vom 24. Oktober 2011 führte der Beklagte bei der Rechtsvorgängerin des Klägers gemäß § 193 Abs. 1 AO i.V.m. § 10 VersStG eine Versicherungsteueraußenprüfung für den Zeitraum Januar 2004 bis Dezember 2010 durch. Gegenstand der Prüfung waren die für den Betrieb des Schiffes und der Absicherung der Reederei über Broker (Makler) abgeschlossenen Versicherungsverhältnisse, insbesondere bezüglich Haftpflichtversicherung (P&I), Kaskoversicherung, Verdienstausfallversicherung (Loss-of-Hire-Versicherung), Marine-Interest-Versicherung, Rechtsschutzversicherung und Kriegsversicherung. Es handelt sich hierbei um im Wesentlichen über Broker abgeschlossene sog. offene Mitversicherungen, bei denen eine Vielzahl von Versicherern, insbesondere in England am Versicherungsmarkt Lloyd's agierende sog. Syndicates (Zusammens...