Nachgehend
BFH (Urteil vom 22.04.1998; Aktenzeichen I R 72/97) |
Tenor
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Raiffeisenkasse … wurde gemäß § 93 a des Genossenschaftsgesetzes (GenG) in der Weise mit der Klägerin verschmolzen, daß das Vermögen der Raiffeisenkasse … als übertragender Genossenschaft als Ganzes auf die Klägerin als übernehmende Genossenschaft übertragen wurde.
Grundlage der Fusion war der Verschmelzungsvertrag vom … Nach dessen § 4 sollte die zum 31.12.1988 aufgestellte Bilanz der Raiffeisenkasse … die Schlußbilanz gemäß § 93 d Abs. 3 GenG darstellen. Nach § 17 des Vertrages sollten die Kosten der zur Ausführung dieses Vertrages etwa notwendig werdenden Rechtshandlungen sowie die damit verbundenen etwaigen Gebühren, Steuern und sonstigen Abgaben von beiden Genossenschaften je zur Hälfte getragen werden.
Die Verschmelzung wurde am … beim Amtsgericht … eingetragen.
Für die aufgrund der Fusion anfallende Grunderwerbsteuer in Höhe von insgesamt … DM bildete die übertragende Genossenschaft in der Bilanz zum 31.12.1988 eine Rückstellung in Höhe von … DM. Die andere Hälfte der Grunderwerbsteuer wurde bei der Klägerin aktiviert.
Der Beklagte ließ diese Rückstellung unberücksichtigt und erhöhte dementsprechend das zu versteuernde Einkommen der Raiffeisenkasse … um diesen Betrag.
Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, daß die sog. objektbezogenen Kosten, wozu insbesondere die bei der Vermögensübertragung anfallende Grunderwerbsteuer gehöre, stets bei den Wirtschaftsgütern zu aktivieren seien, bei denen sie angefallen seien. Es könne daher bei der übertragenden Körperschaft hierfür keine Rückstellung mit steuerlicher Wirkung gebildet werden.
Zwar sei nach § 13 Nr. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) grundsätzlich sowohl die übertragende als auch die übernehmende Körperschaft Steuerschuldnerin. Diese Gesamtschuldnerschaft sei jedoch praktisch ohne Bedeutung, da mit der Eintragung der Verschmelzung – und das sei der Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld – die übernehmende Körperschaft Gesamtrechtsnachfolgerin der übertragenden Körperschaft werde und damit die Grunderwerbsteuer nur allein bei ihr entstehen könne.
Gegen den entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheid vom 11.05.1990 richtet sich die vorliegende Klage, die die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der Raiffeisenkasse … nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben hat.
Sie ist der Ansicht, daß nach § 13 Nr. 2 GrEStG sowohl die übertragende als auch die übernehmende Genossenschaft die Grunderwerbsteuer im Verhältnis zum Finanzamt gesamtschuldnerisch schuldeten. Im Innenverhältnis müßten nach § 17 des Verschmelzungvertrages beide Beteiligte die Steuer je zur Hälfte tragen. Diese Aufteilung entspräche auch § 426 BGB.
Dem stehe nicht entgegen, daß die übertragende Körperschaft in dem Moment erlösche, in dem die Verschmelzung in das Genossenschaftsregister eingetragen werde. Denn entsprechend der umsatzsteuerlichen Behandlung (BFH-Urteil vom 22.04.1976, BStBl II 1976, 518) entstehe die Steuerschuld in der logischen Sekunde vor dem Erlöschen der übertragenden Genossenschaft und gehe erst durch die Gesamtrechtsnachfolge auf die Übernehmerin über.
Diese (anteilige) Steuerschuld der übertragenden Genossenschaft sei auch bereits in der Bilanz zum 31.12.1988 zu berücksichtigen. Denn nach § 2 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) sei das Einkommen der übertragenden Körperschaft so zu ermitteln, als ob das Vermögen bereits mit Ablauf des Verschmelzungsstichtages auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Es seien daher alle Maßnahmen, die zur Durchführung des Vermögensübergangs erforderlich seien, so zu behandeln, als seien sie bereits vor dem Ende des Verschmelzungsstichtages vollzogen worden.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 16.03.1992 den Körperschaftsteuerbescheid 1988 vom 11.05.1990 dahingehend abzuändern, daß das zu versteuernde Einkommen 1998 um DM …. auf DM … gemindert wird,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er ist der Ansicht, daß entgegen dem Wortlaut des § 13 Nr. 2 GrEStG die Übernehmerin im Innenverhältnis alleinige Schuldnerin der Grunderwerbsteuer geworden sei. Denn die Grunderwerbsteuer laste auf dem „Erwerb”, im Verhältnis mehrerer Steuerschuldner zueinander also auf dem Erwerber.
Zumindest greife § 13 Nr. 2 GrEStG bei Verschmelzungen nicht ein. Denn das Vermögen der übertragenden Körperschaft gehe mit der Eintragung der Verschmelzung auf die Übernehmerin über, so daß die Grunderwerbsteuer mit der Eintragung entstehe. Gleichzeitig erlösche aber die übertragende Genossenschaft, so daß in dem Moment, in dem die Grunderwerbsteuerschuld entstehe...