Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtnutzungsdauer eines Pkw
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Abschreibung für außergewöhnliche Abnutzung kann nur bei solchen Wirtschaftsgütern berücksichtigt werden, deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer im Zeitpunkt des Schadenseintritts noch nicht abgelaufen war
2) Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bzw. im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit die Gesamtnutzungsdauer wird von der technischen und wirtschaftlichen Abnutzung beeinflusst.
3) Bei der Benutzung eines Pkw ist auf den Pkw-Typ, die jährliche Fahrleistung und den betriebstypischen Einsatz abzustellen. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist eine jährliche AfA von 12,5% bei einem Pkw mit einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 km und einer angenommenen Nutzungsdauer von 8 Jahren angemessen.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 1, 1 S. 5, § 9 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wurde mit ihrem Ehemann im Streitjahr gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann der Klägerin ist als Bäcker und Filialleiter einer Bäckerei nichtselbständig tätig. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Klägerin und ihr Ehemann Aufwendungen für einen Unfall des Ehemannes auf dem Weg zur Arbeit, bei dem das Fahrzeug zerstört wurde, in Höhe von insgesamt 6.670,12 DM als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 EStG geltend. Der Beklagte ließ diese Werbungskosten in vollem Umfang bei der Veranlagung unberücksichtigt.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren, begehrt die Klägerin mit ihrer Klage nunmehr die Anerkennung von Werbungskosten in Höhe von insgesamt 6.295,72 DM. Diese Aufwendungen setzen sich wie folgt zusammen:
Abschleppkosten |
389,72 DM |
lfd. AfA für das Streitjahr |
1.688,00 DM |
außergewöhnliche AfA |
4.218,00 DM |
Das erstmals am 26.04.1988 zugelassene Fahrzeug, ein Opel Kadett – E, wurde von der Klägerin im Oktober 1991 zum Preis von 13.500 DM bei einer Gesamatfahrleistung von 37.600 km (lt. Kaufvertrag) erworben. Die beruflich bedingte Fahrleistung des Fahrzeugs betrug im Streitjahr entsprechend den Angaben in der Anlage N 20.054 km.
Die Klägerin trägt vor, nach der BFH-Rechtsprechung sei ein Unfall, welcher sich auf dem Arbeitswege ereignet habe, beruflich veranlaßt und die hieraus entstehenden Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig. Die Höhe der abzugsfähigen Werbungskosten ergebe sich neben den Abschleppkosten aus der vorgelegten Abschreibungsliste. Sie, die Klägerin, habe Anschaffungskosten gehabt. Diese seien auf die betrieblichen Nutzungsdauer von 8 Jahren zu verteilen. Abzugsfähig sei demnach die laufende AfA des Streitjahres, sowie der verbliebene Restwert. Die Regelung des § 7 EStG knüpfe an die tatsächlichen Anschaffungskosten an, die auf die Restnutzungsdauer abzuschreiben seien. Nichts anderes gehe aus der BFH-Entscheidung vom 09.11.1998 BStBl 1998 Teil II, S. 60 hervor. Der Bundesfinanzhof lege ganz eindeutig die Anschaffungskosten als Bemessungsgrundlage für die Abschreibung zugrunde. Berechnet werde diese Abschreibung ab dem Anschaffungszeitpunkt. Anschaffungszeitpunkt sei im vorliegenden Rechtsstreit das Jahr 1991. Sie, die Klägerin, bzw. ihr Ehemann hätte das Fahrzeug noch mindestens drei bis vier Jahre gefahren, wenn sich nicht dieser Unfall ereignet hätte. Das Fahrzeug habe also noch einen entsprechenden Restwert gehabt. Im übrigen werde auch auf die Rechtsprechung der Finanzgerichte verwiesen, insbesondere auf ein Urteil des Finanzgerichtes Essen vom 09.05.2000, Az.: 9 K 438/99.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 07.08.1998 für das Jahr 1996 und Aufhebung der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 18.11.1998 die Steuer neu festzusetzen, unter Berücksichtigung zusätzlicher Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 5.906 DM für außergewöhnliche AfA und Abschleppkosten in Höhe von 389,72 DM.
Der Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
Er trägt vor, die Abschleppkosten in Höhe von 389,72 DM sei er nunmehr bereit anzuerkennen, in dieser Höhe schränke er den Klageabweisungsantrag ausdrücklich ein. Der von der Klägerin geltend gemachte Betrag für die AfA sei jedoch nicht anzuerkennen, da das Fahrzeug bereits voll abgeschrieben gewesen sei und somit der Abzug einer außergewöhnlichen technischen Abnutzung im Streitjahr ausscheide. Der Klägerin sei zwar zuzustimmen, daß, wenn ein PKW nach einem Unfall auf der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht repariert werde, abzugsfähig die Differenz zwischen dem steuerlichen Buchwert vor dem Unfall und dem Zeitwert nach dem Unfall sei. Unter steuerlichem Buchwert seien dabei die Anschaffungskosten abzüglich AfA zu verstehen. Dies bedeute jedoch, daß eine außergewöhnliche technische Abnutzung nicht mehr in Betracht komme, wenn im Zeitpunkt des Unfalls die (voraussichtliche) technische und wirtschaftliche Lebensdauer (= betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer) des PKW abgelaufen sei. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines PKW betrage in der Regel...