Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung einer Rückdeckungsversicherung auf den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt nach einkommensteuerlicher Betrachtung vor, wenn ein Vermögensvorteil dem Gesellschafter oder einer nahestehenden Person gewährt wird und dies durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, was angenommen wird, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter unter sonst gleichen Umständen einem Nichtgesellschafter den Vorteil nicht zugewandt hätte.
2. Unverfallbare Anwartschaften aus der betrieblichen Altersversorgung dürfen im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses i.d.R. nicht abgefunden werden; dies gilt insbesondere für die Abtretung der Ansprüche einer vom Arbeitgeber zur Finanzierung einer von ihm zugesagten unmittelbaren Versorgung abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung.
3. Die durch das Gesellschaftsverhältnis bedingte Veranlassung der Vorteilsgewährung rührt aus der Verletzung dieses gesetzlichen Abfindungsverbots, denn in der Nichteinhaltung des § 3 BetrAVG liegt ein Indiz für die regelmäßige Vermutung einer durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Vorteilsgewährung.
4. Der Vermögensvorteil besteht in einem solchen Fall in der durch die in den Beitragsjahren geleisteten Beiträge erhaltenen Anwartschaft, deren Fortführung dem Steuerpflichtigen durch die Übertragung der Rückdeckungsversicherung eingeräumt wird.
5. Zu einem Zufluss von Arbeitslohn kann es auch bei einem Forderungsverzicht durch einen Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft kommen, soweit mit ihm eine verdeckte Einlage erbracht wird, was angenommen wird, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft auf eine bereits verdiente und werthaltige Zusage verzichtet und ein Fremdgeschäftsführer diese Zusage nicht gegeben hätte. Der Verzicht führt zu einem Lohnzufluss in Höhe des Teilwerts.
6. Der Arbeitslohn unterliegt bei einer mehrjährig erwirtschafteten Anwartschaft der Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 1 EStG.
Normenkette
EStG § 11 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 4; LStDV § 2 Abs. 1; BetrAVG § 1 Abs. 1 S. 1, § 1b Abs. 1 S. 1, § 3 Abs. 1; BetrAVG § 17 Abs. 1 S. 2; EStG § 8 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die ertragsteuerliche Behandlung der Übertragung von Ansprüchen aus einer Rückdeckungsversicherung für den Verzicht auf die Absicherung der Berufsunfähigkeit im Jahr 2017 streitig.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger (geboren am 00.00.1966) ist von Beruf … und war bis zu seinem Ausscheiden zum 00.00.2017 (vgl. Notarvertrag vom 00.00.2017, Nr. … der Urkundenrolle für 2017) Geschäftsführer der O-GmbH (GmbH) mit Sitz in P und an dieser zu 25 % beteiligt. Auf den Geschäftsführervertrag vom 00.00.1997 (vgl. Bl. 48 ff. der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.
In einer Pensionszusage der GmbH für den Kläger vom 00.00.1999 – auf die verwiesen wird (vgl. Bl. 41 ff. der Gerichtsakte) – heißt es, dass in Ergänzung zum Anstellungsvertrag eine Pensionszusage erteilt wird, welche die Leistungen der Altersrente, der Berufsunfähigkeitsrente sowie der Witwenrente umfasst. Bei Eintritt einer Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % erhalte der Kläger während der Dauer der Berufsunfähigkeit, längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von … DM jährlich. Zur Wertsicherung der Rentenanwartschaften wird ausgeführt, dass sich alle anwartschaftlichen Renten vor Vollendung des 60. Lebensjahres um 2,0 % erhöhen werden. Die Erhöhung der Rentenanwartschaften könne jederzeit ohne Angaben von Gründen für die Zukunft widerrufen werden. Bei einem Ausscheiden aus dem Unternehmen vor Fälligkeit einer der zugesagten Versorgungsleistungen blieben die Ansprüche aus der Pensionszusage erhalten, sofern die Voraussetzungen nach Maßgabe des § 1 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) erfüllt werden. Die Höhe des Anspruchs regele sich nach Maßgabe des § 2 BetrAVG.
Die Erhöhung/ Steigerung der Rentenanwartschaften wurde im Jahr 2015 widerrufen. Die Alters- und Witwenrente wurde aufgrund einer Zusageänderung vom 00.00.2016 zum 00.00.2016 aus der ursprünglichen Pensionszusage ausgelagert.
Im Zusammenhang mit der Pensionszusage bei der R wurde für den Kläger eine selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung – Rückdeckungsversicherung bei der S AG abgeschlossen und an den Kläger mit Vereinbarung vom 00.00.1999 verpfändet (vgl. Bl. 46 f. der Gerichtsakte). Mit Vertrag vom 00.00.2017 übernahm der Kläger diese Versicherung privat und verzichtete gegenüber der GmbH mit sofortiger Wirkung auf jegliche Leistungen aus der ihm zugesagten Absicherung seiner Berufsunfähigkeit.
Nachdem die Kläger zunächst erklärungsgemäß mit Bescheid vom 31.01.2019 zur Einkommensteuer für das Jahr 2017 veranlagt wurden, erfuhr der Beklagte durch ein Schreiben des steuerlichen Beraters der GmbH vom 28.05.2019 – auf das Bezug genommen wird (vgl. Bl. ...