Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung der gewählten Parteibezeichnung; Sachurteilsvoraussetzung des abgeschlossenen Vorverfahrens; Minderung der Quellensteuer nach DBA/USA
Leitsatz (redaktionell)
1.) Zur Auslegung der in der Rechtsbehelfs- und Klageschrift gewählten unrichtigen Parteibezeichnung und den Folgen für die Sachurteilsvoraussetzung des abgeschlossenen Vorverfahrens.
2.) Eine S-Corporation, die nach us-amerikanischem Steuerrecht als transparente Personengesellschaft behandelt wird, ist gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. b) DBA/USA in den USA ansässig und genießt damit Abkommensschutz, wenn die Einkünfte der Gesellschaft bei ihren in den USA ansässigen Gesellschaftern besteuert werden.
3.) Art. 10 Abs. 2 S. 1 Buchst. a) DBA/USA ist im Wege einer teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, dass die Schachteldividendenvergünstigung bei einer S-Corporation mit natürlichen Personen als Gesellschaftern nicht zu gewähren ist.
Normenkette
FGO § 57 Nr. 1; EStG §§ 43b, 50d Abs. 1, § 50g; DBA/USA Art. 3 Abs. 1 Buchst. e, Art. 4 Abs. 1 Buchst. b, Art. 10 Abs. 2 S. 1 Buchst. a; FGO § 44 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin die Minderung der Kapitalertragsteuer nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. a DBA-USA auf 5 % beanspruchen kann.
Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der …Inc. (im Folgenden: A-Inc.). Die A-Inc. hatte in den USA nach dem Subchapter S des Internal Revenue Code (IRC) für sie Besteuerung als sog. „S-Corporation” optiert. Sie war daher in den USA nicht körperschaftsteuerpflichtig. Ihre Einkünfte wurden vielmehr bei den beiden in den USA ansässigen Gesellschaftern, Herrn … und Herrn … der Besteuerung unterzogen.
Die A-Inc. war an der im Inland ansässigen … GmbH (im Folgenden: A-GmbH) mit einem Geschäftsanteil von 50 v.H. beteiligt. Im Jahr 2003 erhielt die A-Inc. von der A-GmbH eine Gewinnausschüttung i.H.v. 95.000 EUR brutto und im Jahr 2004 eine solche i.H.v. 375.000 EUR brutto. Die A-GmbH behielt für die Ausschüttung 2003 Kapitalertragsteuer i.H.v. 19.000 EUR zzgl. Solidaritätszuschlag i.H.v. 1.045 EUR sowie für die Ausschüttung 2004 Kapitalertragsteuer i.H.v. 75.000 EUR zzgl. Solidaritätszuschlag i.H.v. 4.125 EUR ein und führte diese Steuerabzugsbeträge an das zuständige Finanzamt ab.
Im Jahr 2004 beantragte die A-Inc. beim Bundesamt für Finanzen – BfF – (seit. 01.01.2006 Bundeszentralamt für Steuern – BZSt –) die Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag für die Ausschüttung 2003 i.H.v. insgesamt 15.295 EUR und für die Ausschüttung 2004 i.H.v. insgesamt 60.375 EUR.
Mit Bescheid vom … 2005 setzte das BfF folgende Erstattungsbeträge fest:
Ausschüttung 2003: |
Kapitalertragsteuer … 4.750 EUR |
Solidaritätszuschlag 1.045 EUR |
Ausschüttung 2004: |
Kapitalertragsteuer 18.750 EUR |
Solidaritätszuschlag 4.125 EUR |
Dabei ging das BfF davon aus, dass der A-Inc. als sog. „S-Corporation” nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b DBA-USA lediglich ein Anspruch auf Reduzierung der Kapitalertragsteuer von 20 v.H. auf 15 v.H. zusteht.
Der hiergegen von der A-Inc. am … 2005 eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. In der ihr gegenüber erlassenen Einspruchsentscheidung vom … 2005 vertrat das BfF weiterhin die Auffassung, dass der A-Inc. als steuerlich transparenter Gesellschaft nicht die Vergünstigung für Schachteldividenden nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Bucht. a DBA-USA zu gewähren sei.
Mit der hiergegen, zunächst von der A-Inc. erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie Folgendes vor:
Die zunächst im Namen der A-Inc. erhobene Klage sei zulässig. Zwar sei die A-Inc. bereits am … 2005 auf die … Company verschmolzen worden, die dann anschließend in sie, die Klägerin, umfirmiert worden sei. Mangels Existenz der A-Inc. zum Zeitpunkt der Klageerhebung sei jedoch erkennbar gewesen, dass objektiv sie, die Klägerin, Partei des vorliegenden Rechtsstreits hätte sein sollen. Eine Berichtigung der Parteibezeichnung sei daher zulässig.
In materieller Hinsicht stehe ihr die Schachteldividendenvergünstigung des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA zu.
Die A-Inc. sei im Hinblick auf die gezahlten Gewinnausschüttungen Nutzunberechtigte i.S. dieses Artikels gewesen. Dies ergebe sich aus dem Protokoll zu Art. 10 DBA-USA. Für die Qualifikation des Dividendenempfängers verweise dieses Protokoll auf die Sicht des Staates, aus dem die Dividenden stammten. Maßgebend sei damit die Qualifikation der S-Corporation aus deutscher Sicht. Der Quellenstaat Deutschland müsse daher seine Steuer reduzieren, wenn er die Dividende dem im anderen Staat ansässigen Empfänger nach seinen eigenen Regeln zurechne; die Zurechnung durch den anderen Vertragsstaat – hier den USA – sei unerheblich.
Demnach sei im Streitfall ausschlaggebend, dass die A-Inc. als S-Corporation nach deutschem Recht eine juristische Person i.S. des Art. 3 Abs. 1 Buchst. e DBA-USA gewesen sei. Die Einstufung der S-Corporation als transparente Gesellschaft ...