Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechung von Steuerabzugsbeträgen bei Steuerhinterziehung
Leitsatz (redaktionell)
Nach Abgabe einer strafbefreienden Erklärung erlöschen die Steueransprüche nach Maßgabe des mit § 8 StraBEG verfolgten Ziels des Gesetzgebers, die nicht erklärten Einnahmen der Besteuerung zu unterwerfen.
Normenkette
StraBEG § 8 Abs. 1, § 1 Abs. 1; EStG § 36 Abs. 2; AO § 37 Abs. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten inzwischen – nach Erlass des Änderungsbescheides vom 19.05.2006 – nur noch darüber, ob bei der Abrechnung zur Einkommensteuer 2004 Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag i. H. v. insgesamt 66.128,60 EUR = 62.681,19 EUR + 3.447,41 EUR (vorher 71.338,10 EUR = 67.619,10 EUR + 3.719,00 EUR) anzurechnen sind.
Dem Streit liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammenverlangte Eheleute. Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Auch die Klägerin ist nichtselbständig tätig. Beide Kläger besaßen seit 1993 Investmentanteile der Fonds A und B. Die Einnahmen hieraus in den Jahren 1993 bis 2002 in Höhe von 363.663 DM hatten sie im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen nicht angegeben. Im Juli 2004 veräußerten die Kläger die Investmentanteile, wobei Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag i. H. v. 67.619,10 EUR bzw. 3.719,00 EUR im Wege des Steuerabzuges gemäß § 18 a Auslandinvestmentgesetz (AuslInvestmG) einbehalten wurden.
Am 26.04.2004 gaben die Kläger eine Erklärung nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) ab, wodurch sie ihre Einnahmen aus Kapitalvermögen aus den zuvor genannten Investmentanteilen offen legten und eine Abgabe hierauf in Höhe von 35.742,98 EUR (=25% auf 60% der Einnahmen) entrichteten.
Am 13.06.2005 erging gegenüber den Klägern ein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004, ohne dass der Beklagte Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag auf die Erträge aus den Investmentanteilen für die Jahre 1993 bis 2004 anrechnete. Daraufhin erhoben die Kläger am 21.06.2005 Einspruch gegen die Abrechnung im Einkommensteuerbescheid 2004 vom 13.06.2005. Nachdem die Kläger am 13.07.2005 um eine bisher nicht ergangene rechtsbehelfsfähige Entscheidung gebeten hatten, erließ der Beklagte im Einverständnis mit den Klägern am 08.08.2005 einen auf § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) gestützten Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 2004, in dem er die bereits im Abrechnungsteil des Einkommensteuerbescheides vom 13.06.2005 erfassten Beträge wiederholte, was wie bereits dort zu einer Einkommensteuererstattung i. H. v. 7.499,08 EUR führte.
Gegen diesen Abrechnungsbescheid erhoben die Kläger Einspruch, der durch Entscheidung vom 29.08.2005 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Der Beklagte vertrat in seiner Einspruchsentscheidung die Auffassung, bei der Einkommensteuerveranlagung 2004 seien nur die einbehaltenen Steuern anzurechnen, die auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfielen. Da die Einnahmen bis zum Veranlagungszeitraum 2002 in Folge Amnestierung bei der Einkommensteuerveranlagung nicht erfasst worden seien, könnten die diesbezüglichen Steuerabzugsbeträge nicht angerechnet werden. Soweit die einbehaltenen Steuern auf Erträge der Jahre 2003 und 2004 entfielen, komme zwar dem Grunde nach eine Anrechnung in Betracht; mangels Aufschlüsselung der insgesamt einbehaltenen Steuerabzugsbeträge könne jedoch eine Anrechnung nicht erfolgen.
Die Kläger erhoben gegen diese Entscheidung Klage, womit sie ihr Begehren, die von ihnen bezifferten Steuerabzugsbeträge in voller Höhe (71.338,10 EUR) bei der Einkommensteuer 2004 anzurechnen, weiter verfolgen.
Während des Klageverfahrens erließ der Beklagte am 19.05.2006 einen geänderten Abrechnungsbescheid. Hierin berücksichtigte er auf Kapitalerträge der Jahre 2003/2004 entfallende Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 5.209,50 EUR (4.937,91 EUR + 271,59 EUR).
Hinsichtlich der auf die Jahre 1993 bis 2002 entfallenden, bisher nicht berücksichtigten Abzugssteuern tragen die Kläger wie folgt vor:
Die Rechtswidrigkeit der Nichtanrechnung folge aus der rechtssystematischen Analyse des Zusammenspiels der Normen des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des StraBEG. Die Erträge (Zwischengewinne) thesaurierender ausländischer Investmentfonds gälten gemäß § 17 Abs.1 Satz 3 AuslInvestmG mit Ablauf des Geschäftsjahres, in dem sie von der Bank vereinnahmt worden seien, als zugeflossen und seien deshalb jährlich als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen. Dem Zinsabschlag unterlägen die thesaurierten Erträge jedoch erst beim Verkauf bzw. bei Rückgabe der Anteile. Kapitalertragsteuer entstehe in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zuflössen, § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG. Die Erträge für die Jahre 1993 bis 2002 seien den Klägern im Jahre 2004 zugeflossen. In diesem Jahr sei auch die Kapitalertragsteuer entstanden und wie Einkommensteuervorauszahlungen nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG anzurechnen. Nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 4 StraBEG sei der Steueranspruch für die...