Entscheidungsstichwort (Thema)
Häusliches Arbeitszimmer eines mit büromäßig eingerichteten Praxisräumen ausgestatteten Arztes in Gemeinschaftspraxis nicht anzuerkennen
Leitsatz (redaktionell)
1) Einem selbständig tätigen Freiberufler mit einem Schreibtischarbeitsplatz in den Praxisräumen steht grundsätzlich ein "anderer Arbeitsplatz" i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 2. Halbs. EStG als das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung mit der Folge, dass ein häusliches Arbeitszimmer nicht anzuerkennen ist.
2) Dem steht nicht entgegen, dass eine unentgeltlich mitarbeitende Ehefrau für die Verwaltungstätigkeit keinen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung hat. Denn hierin liegt noch keine Überlassung des häuslichen Arbeitszimmers an die Freiberuflergemeinschaft, wenn es an einem Mietvertrag und entsprechenden Zahlungen durch sie fehlt.
Normenkette
EStG 1997 - 2004 § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b Sätze 3, 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen des Klägers für ein häusliches Arbeitszimmer als Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
Der Kläger ist Beteiligter der ärztlichen Gemeinschaftspraxis L für …, die in angemieteten Räumen in der I-Str. in der Stadt C betrieben wird. In den Feststellungserklärungen der Streitjahre machte er Aufwendungen für ein unstreitig büromäßig eingerichtetes Arbeitszimmer in seinem Privathaus „B-Str.” als Sonderbetriebsausgaben geltend (jährlich 1.800 DM bzw. 920 EUR; zur Ermittlung vgl. Bl. 98 Prüferhandakte). Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 wurden die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben anerkannt (BP-Bericht vom 10. Oktober 2003). Der Prüfer stellte fest, dass alle Behandlungszimmer auch büromäßig mit Schreibtischen, Büroschränken und PCs ausgestattet waren. Auch die Abrechnungen mit den gesetzlichen Krankenkassen werden unstreitig in den Praxisräumen erledigt. Nach Ansicht des Prüfers waren zwar in den Behandlungsräumen während der ärztlichen Sprechzeiten keine Büroarbeit möglich, außerhalb dieser Sprechzeiten und an den Wochenenden bestehe diese Einschränkung jedoch nicht.
Der Beklagte folgte der Auffassung des Betriebsprüfers und übernahm diese außerdem für die Jahre 1997 und 2002 bis 2004. In den vorliegend streitgegenständlichen Bescheiden versagte er deshalb den Abzug von Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als Sonderbetriebsausgaben des Klägers.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 18. Januar 2006 aus: Innerhalb der Praxisräume hätten sich u.a. 2 Sprechzimmer und ein Lagerraum befunden. Als Inventar sei für die einzelnen Räumlichkeiten aufgeführt worden:
1. Sprechzimmer |
Schrankwand B |
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Schreibtisch B |
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Ordner- und Medikamentenschrank |
2. Sprechzimmer |
Schreibtisch |
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Schreibtisch-Stuhl |
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3 Kartei- und 2 Geräteschränke |
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Bücher- und Medikamentenschrank |
Lagerraum/Archiv |
Schrankwand |
EKG-Zimmer |
Aktenschrank |
Durchgang zum hinteren Praxisteil |
Aktenschrank |
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Vorortschrank |
Das Praxiscomputersystem bestehe aus drei Workstations, einem Server mit entsprechender Software sowie einem Notebook.
Da die berufliche Nutzung des Arbeitszimmer unstreitig weniger als 50% der gesamten beruflichen Tätigkeit betragen habe, hänge die Abziehbarkeit davon ab, ob dem Kläger für seine Berufstätigkeit ein Arbeitsplatz im Rahmen der Praxisräume zur Verfügung gestanden habe. Dies sei vor dem Hintergrund in der Ausstattung der Praxisräume zu bejahen. Es sei dem Kläger zumutbar und aufgrund der räumlichen Situation grundsätzlich auch möglich, seine Schreibtischtätigkeiten innerhalb der Praxisräume zu erledigen. Es sei ausreichend, wenn die Unterlagen, Geschäftspapiere und Literatur in der Praxis untergebracht werden könnten, unabhängig davon, ob der Arbeitsplatz in den Praxisräumen so organisiert sei, dass Unterlagen jeweils aus dem häuslichen Arbeitszimmer in die Praxis geschafft werden müssten. Es komme nicht darauf an, dass kein separater abgeschlossener Raum oder spezielle Büroschränke vorhanden seien und dass die vorhandenen Einrichtungsgegenstände allein dem medizinischen Praxisablauf vorbehalten seien.
Der Kläger macht geltend, dass es anders als in dem Urteil des BFH vom 7. April 2005 in den von der Gemeinschaftspraxis angemieteten Räumen in der I-Str. keine Nutzflächen für Verwaltungsarbeiten gebe und auch keinen Stauraum, der zur Aufbewahrung von Akten geeignet sei. Es handle sich um eine große Facharztpraxis, die auf engstem Raum betrieben werde. Alle Unterlagen für die Verwaltung sowie Altakten seien in dem Privathaus des Klägers „B-Str.” untergebracht. Die Verwaltungs- und Buchhaltungsarbeiten sowie die Archivierung der Praxisbelege werde ausschließlich dort ausgeführt, und zwar unentgeltlich von der Ehefrau des Klägers. Vom Arbeitszimmer aus werde auch die Erstellung und Verwaltung der Privatpatienten-Liquidationen (pro Quartal ca. 300) durchgeführt sowie der Kontenabgleich, das Mahnwesen und die Personalverwaltung. Auch diese Arbeiten würden von der Ehefrau des Klägers ausge...