Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterschriftserfordernis für eine Vorsteuervergütung an ausländische Gesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1) Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift des Unternehmers gem. § 19 Abs. 9 Satz 5 UStG widerspricht nicht den Art. 3 und 6 der RL 79/1972/EWG. Es bedeutet, dass der Antrag auf Vorsteuervergütung die eigenhändige Unterschrift des handelnden Unternehmers, nicht nur die eines rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigten tragen muss.
2) Die RL 79/1972/EWG lässt offen, wer den Vorsteuervergütungsantrag rechtswirksam unterschreiben kann und muss. Der deutsche Gesetzgeber hat diesen Konkretisierungsspielraum mit der Regelung des § 18 Abs. 9 Satz 9 UStG in Verbindung mit § 150 Abs. 3 AO europarechtskonform ausgefüllt.
3) Eine belgische N.V. kann nur durch ihren gesetzlichen Vertreter, nicht aber durch einen Bevollmächtigten den Antrag auf Vorsteuervergütung gem. § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG stellen.
Normenkette
RL 79/1972/EWG Art. 4, 7; UStG § 19 Abs. 9 S. 5; RL 79/1972/EWG Art. 3
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin ein Anspruch auf Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 Umsatzsteuergesetz – UStG – i.V.m. §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung – UStDV – zusteht.
Die Klägerin, die A-B N.V., ist eine in Belgien ansässige Kapitalgesellschaft.
Am 25. Juni 2001 stellte sie beim Bundesamt für Finanzen – BfF – (seit dem 01. Januar 2006 Bundeszentralamt für Steuern – BZSt –) einen Antrag auf Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Januar bis Dezember 2000 i.H.v. 295.205,18 DM.
Mit Bescheid vom 4. Juli 2003 lehnte das BfF die Vergütung der Vorsteuern ab. Zur Begründung führte das BfF aus, dass eine gültige Unternehmerbescheinigung fehle und streiterhebliche Fragen von der Klägerin trotz ausdrücklicher Anfrage nicht beantwortet worden seien.
Die Klägerin legte hiergegen Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos.
Mit der gegen die Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2004 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:
Sie, die Klägerin, sei zum 1. August 2000 gemäß Art. 174/54 ff. des belgischen Gesellschaftsgesetzes ohne Auflösung in die A-C S.A. eingebracht worden, die danach unter dem Namen A-C-X N.V. firmiert habe. Nach der Einbringung habe sie neben der A-C-X N.V. rechtlich weiter bestanden.
Der Vergütungsantrag sei eigenhändig i.S.d. § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG unterschrieben worden. Der Vergütungsantrag trage die Unterschrift von Herrn R.M. Herr R.M. sei aufgrund einer vom Vorstand der Klägerin, Herrn K.P, am 1. März 2001 erteilten Vollmacht berechtigt gewesen, sämtliche Steuererklärungen und Vergütungsanträge zu unterzeichnen und einzureichen. Da Herr K.P., ebenso wie das zweite Vorstandsmitglied, Herr D.F., sein Amt ohne Vergütung ehrenamtlich ausgeübt habe, sei er im Tagesgeschäft, soweit ein solches für eine „ruhende” Gesellschaft überhaupt noch stattgefunden habe, nicht tätig gewesen. Aus diesem Grunde sei Herr R.M. als faktischer Geschäftsführer mit weitreichen Vollmachten ausgestattet worden, um die Angelegenheiten der Klägerin abzuwickeln.
Der Vergütungsantrag sei damit rechtswirksam gestellt worden. Dem Erfordernis der Eigenhändigkeit der Unterschrift in § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG i.V.m. § 150 Abs. 3 Satz 1 Abgabenordnung – AO – sei in ausreichendem Umfang Rechnung getragen worden. Herr R.M. sei während der gesamten Zeit im Unternehmen mit den steuerlichen Angelegenheiten befasst gewesen. Nur er habe sich also über die Richtigkeit der getätigten Eintragungen vergewissern können. Auch die Verpflichtung zur Rückzahlung unrechtmäßig erhaltener Vergütungsbeträge werde durch die Unterschrift eines für den Einzelfall bevollmächtigten Vertreters des Vorstandes nicht beeinträchtigt, denn der Vollmachtsgeber sei sich der Bedeutung der Verpflichtungswirkung der erteilten Vollmacht in vollem Umfang bewusst. Er wisse, dass die durch die Unterschrift des Bevollmächtigten eingegangene Rückzahlungsverpflichtung den Vergütungsgläubiger rechtswirksam und unwiderruflich binde. Dies würde sogar im Falle einer Duldungsvollmacht gelten.
Sie, die Klägerin, sei außerdem durch die englischsprachige Erläuterung und Anweisung zum Ausfüllen des Vergütungsantrags des BfF, in die Irre geleitet worden. Das dort verwendete Wort „should” lasse die Auslegung zu, dass auch andere Personen als der Steuerpflichtige den Vergütungsantrag unterzeichnen dürften. Die irreführende Anleitung des BfF dürfe nicht dazu führen, dass dem durch die Behörde irregeleiteten ausländischen Antragsteller sein materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch verweigert werde.
Fraglich sei auch, ob es mit Art. 6 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Umsatzsteuern vereinbar sei, wenn im belgischen Vorsteuervergütungsverfahren, ebenso wie in den Vorsteuerve...