Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerblichkeit eines selbständigen EDV-Beraters

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Für die einer Katalogtätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ähnliche, ingenieurähnliche Tätigkeit genügt nicht die Fähigkeit, auf dem Gebiet der Systemsoftware tätig zu sein.

2) Der Nachweis der Ingenieurähnlichkeit anhand der eigenen Berufstätigkeit setzt voraus, dass die angeführten Arbeiten einen der Ingenieurtätigkeit vergleichbaren Schwierigkeitsgrad aufweisen und diese den Schwerpunkt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen bilden.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 24.05.2004; Aktenzeichen 1 BvR 2046/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger in den Streitjahren 1983 bis 1985 als selbständiger EDV-Berater Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit oder aus Gewerbebetrieb erzielt hat.

Der Kläger, geboren 1951, besuchte in den Jahren 1962 bis 1970 das mathematisch-naturwissenschaftliche Gymnasium in A. 1970 begann er bei der Firma B. GmbH in Köln eine sechsmonatige Ausbildung als Büroassistent. Nach einer intensiven firmeninternen Schulung übernahm er nach kurzer Zeit die Leitung verschiedener Filialen. Ende 1971 wurde er in die Abteilung Datenverarbeitung der B. GmbH” versetzt. Dort wurde er durch hausinterne und beim Computerhersteller geführte Kurse zum Organisationsprogrammierer weitergebildet. Später erhielt er nach weiteren Ausbildungen die Position als Systembetreuer. Dabei bestand seine Aufgabe aus Arbeiten an Softwareprodukten, wie z. B. der Einführung von neuen Betriebssystemen, das systematische Testen neuer Produkte (Compiler, Utilitis usw.) sowie das Erarbeiten von Lösungen für problemloses Umstellen auf andere Datenverarbeitungsanlagen. 1978 wechselte der Kläger zu einer Unternehmensberatung über. Hier betraute man ihn zunächst vorwiegend mit Programmier- und kleineren Organisationsarbeiten. Im Laufe von etwa drei bis vier Jahren verlagerte sich seine Tätigkeit mehr zur Systemberatung. Bis zum Jahre 1980 war der Kläger bei der C. EDV-Beratungspraxis in D. als Angestellter beschäftigt.

Seit dem 01.10.1980 ist er dort als freier Mitarbeiter tätig. Es gehört zu seinen Aufgaben, Beratung, Unterstützung und optimierende Tätigkeiten in der Betriebssystem- und betriebssystemnahen Umgebung durchzuführen. Darunter versteht man die Gruppe von Systemprogrammen, die für den Betrieb einer Datenverarbeitunganlage grundsätzlich erforderlich sind. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Bestätigung der C. vom 28.01.1997 (Bl. 64 und 65 d. A.) und die Beschreibung des Klägers hierzu (Bl. 59 – 63 d. A.) verwiesen.

Der Kläger besuchte bis zu den Streitjahren folgende Fortbildungsveranstaltungen:

05.10.1972 bis 13.10.1972

Seminar GECOS Basic Serie 6000 (Honeywell Bull – Bl. 37 d. A.)

01.02.1973 bis 16.04.1973

Aufbau und Benutzung des Betriebssystems OS (DAG – Bl. 38 d. A.)

20.05.1975 bis 23.05.1975

Seminar TDS (Honeywell Bull – Bl. 39 d. A.)

23.05.1977 bis 27.05.1977 und

20.06.1977 bis 24.06.1977

Seminar GCOS Analysis (Honeywell Bull – Bl. 40 d. A.)

Aus einer weiteren Bescheinigung der C. vom 05.10.1995 (Bl. 42 d. A.) geht hervor, daß das Aufgabengebiet des Klägers die System-Softwarebetreuung des E.-Konzerns betrifft. Zwischen den Beteiligten ist insoweit unstreitig, daß der Kläger seit Anfang der 80iger Jahre auf dem Gebiet der Systemsoftware tätig ist.

In seiner Einkommensteuererklärung für 1980 bezeichnete sich der Kläger als EDV-Berater und in der für 1981 als Programmierer. Er erklärte jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … DM in 1980 und … DM in 1981. Ab 1982 bezeichnete sich der Kläger als Systemanalytiker und erklärte nunmehr Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, und zwar für 1982 in Höhe von … DM, für 1983 in Höhe von … DM, für 1984 in Höhe von … DM und für 1985 in Höhe von … DM.

Der Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, daß es sich bei den Einkünften aus der Tätigkeit als Systemanalytiker um gewerbliche Einkünfte handele und erließ gegen den Kläger am 27.02.1985 und am 04.08.1986 entsprechende Gewerbesteuermeßbescheide für 1983 und 1984 sowie am 19.11.1987 einen Gewerbesteuermeßbescheid für 1985. Gleichzeitig wurde durch Bescheide vom 19.11.1987 der Vorbehalt der Nachprüfung in den Gewerbesteuermeßbescheiden für 1983 und 1984 aufgehoben.

Zur Begründung seiner hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage trägt der Kläger vor, er sei freiberuflich und nicht gewerblich tätig. Er übe den Beruf als Systemanalytiker bzw. als Informatiker seit mehr als 20 Jahren aus. In dieser Zeit habe er sich einen Wissensstand zugeeignet, der ohne weiteres mit dem eines achtsemestrigen Studiums der Informatik vergleichbar sei. Dies folge aus der Tatsache, daß Mitarbeiter seiner Auftraggeber seine Beratung benötigten, die selbst akademische Titel verschiedener Richtungen trügen. Es handele sich auch um eine höchstpersönliche Tätigkeit, da sämtliche vorgeschlagenen Problemlösungen von ihm selbst entwickelt und individuell ges...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge