Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei Erlösen aus Pferdepensionsverträgen
Leitsatz (redaktionell)
Wird im Rahmen eines Pferdepensionsvertrages vom Steuerpflichtigen der Gebrauch der Boxen, Reithalle und Außenanlage gewährt, Futter und Einstreu verkauft sowie die Fütterung und Pflege der Pferde übernommen, handelt es sich dabei um Elemente des Dienst,- Miet,- und Kaufvertrages. Solche Einstellungsverträge bilden als Verträge eigener Art ein einheitliches Ganzes, deren Umsätze mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern sind.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob die Umsatzsteuer für die Streitjahre gestützt auf das BMF-Schreiben vom 16. Juli 2004 zur geänderten Behandlung von Pferdepensionsverträgen aus Billigkeitsgründen abweichend festzusetzen ist.
Der Kläger ist ein gegründeter und eingetragener Verein, der sich mit der Förderung des Reitsportes befasst. Er ist Erbbauberechtigter an dem der Stadt A gehörenden 1,25 ha großen Grundstück in A, wo er eine eigene Reitanlage errichtet hat. Diese besteht aus zwei Reithallen, einem Turnierplatz, einem Außenreitplatz, Stallungen und Nebengebäude sowie einem Freigelände. Von der Reitanlage gelangt man ohne Straßenberührung … in ein Gebiet … in dem Reitwege angelegt sind.
In den Stallungen sind 55 Pferdeboxen eingerichtet. Soweit der Kläger diese nicht für seine eigenen 8 bis 12 Pferde nutzte, standen in den Streitjahren zwischen 43 bis 47 Boxen für Pensionspferde der Mitglieder zur Verfügung. Gemäß dem Muster für einen Pferde-Einstellungsvertrag betrug das monatliche Entgelt zwischen … DM und … DM „incl. 7% Mehrwertsteuer”, worin die Boxenmiete, die Lieferung von Futter und Einstreu, das Misten und Füttern sowie die Nutzung der Außenanlagen durch die Einsteller zum Bereiten ihrer Pferde enthalten waren. Für zusätzlich 20 DM monatlich konnte ein Stellplatz für einen eigenen Pferdeanhänger gepachtet werden; auf dem Gelände waren insgesamt zehn solche Plätze eingerichtet. Jeder Einsteller hatte gemäß der Stall- und Hallenordnung selbst für ausreichende Bewegung seines Pferdes zu sorgen. In Einzelfällen übernahmen dies sowie die anschließende Reinigung der Pferde vom Kläger beschäftigte Pferdepfleger auf Kosten der Einsteller. Der Kläger akzeptierte im Einstellungsvertrag maximal eine Reitbeteiligung. Dadurch konnten die Einsteller mit Dritten – insbesondere den Angehörigen der Vereinsjugend ohne eigene Pferde – vereinbaren, dass diese das eingestellte Pferd ggf. gegen ein Entgelt reiten durften.
Die Bruttoeinnahmen des Klägers aus den Pferde-Einstellungsverträgen betrugen in den Streitjahren:
1996 |
1997 |
1998 |
1999 |
2000 |
DM |
DM |
DM |
DM |
DM |
In den Jahresabschlüssen teilte der Kläger das einheitliche Entgelt auf die vier Konten Pferdeboxenvermietung, Pferdefutterverkauf, Anhängerplatzvermietung und Nutzung der Pferdehallen nebst Außenanlagen auf und rechnete 7% Umsatzsteuer heraus, die er in den Umsatzsteuererklärungen entsprechend deklarierte. Diesen stimmte der Beklagte – mit Ausnahme der Streitjahre 1997 und 1999 – zu. Nach einer im Jahr 2000 begonnenen und mit Bericht vom 9. August 2001 abgeschlossenen Betriebsprüfung für Jahre 1996 bis 1998 stellte der Beklagte sich auf den Standpunkt, dass die Einnahmen aus den Einstellungsverträgen dem Regelsteuersatz unterlägen. Der ermäßigte Steuersatz für das Halten von Vieh aus § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG könne nicht gewährt werden, da der Kläger nicht die umfassende Pflege der Pferde – weder das regelmäßige Bewegen noch das Reinigen der Pferde – übernommen habe. Entsprechend argumentierte der Beklagte hinsichtlich der im Jahr 2001 eingegangenen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1999 und 2000.
Der Beklagte ging bei der Abänderung so vor, dass er aus den Bruttoeinnahmen nicht 7% wie der Kläger, sondern 15% bzw. 16% Umsatzsteuer herausrechnete und diese gegen den Kläger festsetzte. In den Jahren 1999 und 2000 legte der Beklagte dabei die gesamten Umsätze aus den Einstellungsverträgen, im Prüfungszeitraum 1996 bis 1998 nur die gebuchten „Erlöse Boxenmiete” zugrunde, nämlich:
Die gemäß § 164 Abs. 2 AO ergangenen Steuerbescheide gab der Beklagte am 22. und 27. Februar 2002 bekannt. Hierdurch ergab sich eine Nachforderung einschließlich Zinsen von rund … EUR, die bis heute von der Vollziehung ausgesetzt ist. Seit April 2002 entrichtet der Kläger 16% Umsatzsteuer auf die laufenden Einnahmen aus den Einstellungsverträgen.
Nach erfolglosem Einspruch hat der Kläger im Mai 2003 Anfechtungsklage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 6 K 2707/03 geführt wird und die der Senat durch Urteil vom heutigen Tage als unbegründet abgewiesen hat.
Mit Schreiben vom 17. Juni 2003 stellte der Kläger beim Beklagten einen Billigkeitsantrag, in dem er sich unter anderem auf den in eigener Sache ergangenen Beschluss des Petitionsausschusses des nordrhein-westfälischen Landtages vom 28. November 2002 stützte, welcher davon ausging, dass die Finanzverwaltung Mitte der 1990er Jahre von ein...