Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Festsetzung nachzuentrichtender Steuerbeträge aufgrund einer Außenprüfung allein außerhalb der Festsetzung für einen laufenden Anmeldungszeitraum
Leitsatz (redaktionell)
Ergeht ein geänderter Versicherungsteuerbescheid aufgrund einer Außenprüfung ausschließlich in Bezug auf Anmeldezeiträume vor der Außenprüfung, so schließt § 10 Abs. 4 VersStG diese gesonderte Festsetzung aus. § 10 Abs. 4 VersStG erfordert vielmehr, dass die Änderungen, die auf der Außenprüfung beruhen, mit in einen Bescheid aufgenommen werden, der sich auf einen beliebigen Anmeldezeitraum nach dem Abschluss der Außenprüfung bezieht.
Normenkette
VersStG § 10 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist ein Versicherungsunternehmen, das in den Streitjahren neben Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen sowie Lebensversicherungen auch Sportinvaliditätsversicherungen angeboten hat.
Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung D führte laut Anordnung vom 10.12.2004 eine Betriebsprüfung für Versicherungsteuer betreffend den Zeitraum Januar 2000 bis Dezember 2003 durch. Nach dem Betriebsprüfungsbericht vom 13.06.2006 hatte die Klägerin in diesem Zeitraum Versicherungsentgelte aus Sportinvaliditätsversicherungen in Höhe von insgesamt 684.992,56 EUR vereinnahmt, die sie unter Verweis auf § 4 Nr. 5 VersStG nicht der Versicherungsteuer unterworfen hatte.
Nach Auffassung der Betriebsprüfung gelangte diese Regelung indes nicht zur Anwendung. Zwar würde § 4 Nr. 5 VersStG im Zusammenhang mit Sportinvaliditätsversicherungen eingreifen, soweit solche Versicherungen das Risiko eines Berufssportlers, aufgrund eines Unfalls oder Krankheit die Sportart nicht mehr ausüben zu können, abdecken würden und der Begünstigte im Schadensfall der Sportler selbst sei. Wenn hingegen bei einer solchen Versicherung der Verein, für den der Sportler tätig sei, als Versicherungsnehmer der Begünstigte sei, werde das finanzielle Risiko des Vereins abgesichert. Daher sei eine solche Versicherung als Vermögensschadenversicherung zu werten und falle deshalb nicht unter § 4 Nr. 5 VersStG. Sinn und Zweck dieser Befreiungsvorschrift sei nämlich die versicherungsteuerliche Gleichstellung der privaten mit der gesetzlichen Vorsorge. Daher falle für den Zeitraum Januar 2000 bis Dezember 2003 Versicherungsteuer in Höhe von insgesamt 108.127,45 EUR an.
Auf der Grundlage dieses Berichts setzte das damals zuständige Finanzamt D mit Versicherungsteuerbescheid vom 22.06.2006 für den Zeitraum Januar 2000 bis Dezember 2003 gegenüber der Klägerin Versicherungsteuer in Höhe von 108.127,45 EUR fest.
Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt D mit Einspruchsentscheidung vom 29.08.2008 als überwiegend unbegründet zurück. Die Versicherungsteuer wurde auf 93.377,51 EUR reduziert, da die Versicherungsteuer aus den Prämien heraus gerechnet wurde und die vereinnahmten Versicherungsteuerentgelte als Brutto- und nicht als Nettobeträge angesehen wurden. Bei der Qualifizierung als steuerpflichtige Versicherung erfolgte keine Änderung.
Mit der gegen die Einspruchsentscheidung erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Der Versicherungsteuerbescheid vom 22.06.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung sei aufzuheben, da die im Betriebsprüfungszeitraum erfolgten Zahlungen von Versicherungsentgelt für die in Rede stehenden Sportinvaliditätsversicherungen, durch die Ansprüche auf Kapitalleistung im Fall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit begründet würden, ausdrücklich von der Besteuerung nach § 4 Nr. 5 VersStG ausgenommen seien (zur ausführlichen Begründung siehe Schreiben der Klägerin v. 28.11.2008, Bl. 30 ff. der FG-Akte).
Darüber hinaus sei der Versicherungsteuerbescheid vom 22.06.2006 auch deshalb rechtswidrig, weil er gegen § 10 Abs. 4 VersStG verstoße. Nach dieser Norm sei Versicherungsteuer, die aufgrund einer Außenprüfung nachzuentrichten sei, zusammen mit derjenigen Versicherungsteuer festzusetzen, die für den laufenden Anmeldungszeitraum anzumelden sei. Diese Norm, die durch das Steuerbereinigungsgesetz 1985 in das Gesetz eingefügt worden sei, diene der Vereinfachung der Administrierung nachzuentrichtender Versicherungsteuer, damit die Nachforderung der Steuerbeträge möglichst wenig Verwaltungsaufwand verursache (Gesetzesbegründung zu § 10 Abs. 4 VersStG, BT-Drucksache 10/1636, S. 77). Denn ohne eine solche Regelung müssten die jeweils (unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden) Versicherungsteueranmeldungen aller derjenigen Monate, die in den BP-Zeitraum fielen und zu ändern gewesen wären, geändert werden. § 10 Abs. 4 VersStG sei mithin eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage. Der Versicherungsteuerbescheid des sogenannten „laufenden” Anmeldungszeitraums enthalte neben der in diesem Anmeldungszeitraum entstandenen/anzumeldenden Versicherungsteuer auch die aufgrund der Betriebsprüfung nachzuentrichtende Versicherungsteuer. Es handele sich um einen einzigen Steuerbescheid, der aus...