Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.12.1999; Aktenzeichen XI R 38/99)

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob der Vorwegabzug bei der Höchstbetragsberechnung der Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 3 EStG gekürzt werden durfte, unter Abänderung der ursprünglichen Steuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Satz 1 AO.

Die Kläger sind verheiratet und wurden für die Streitjahre zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Als leitender Angestellter erzielte der Kläger bis zu seiner Pensionierung zum…1990 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Desweiteren erzielte er Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Bei den Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre wurden die Vorsorgeaufwendungen bei der Höchstbetragsberechnung nach § 10 Abs. 3 EStG aufgrund einer Arbeitgeberbescheinigung ohne Kürzung des Vorwegabzugs als Sonderausgaben mit den jeweiligen gesetzlichen Höchstbeträgen berücksichtigt.

Die Arbeitgeberbescheinigung hatte folgenden Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr …, der Sonderhöchstbetrag (Vorwegabzug) in Höhe von 3.000,– bzw. 6.000,– DM für private Versicherungsbeiträge ist bei der Berechnung der steuerlich abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen bei Arbeitnehmern, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden sind, um etwaige steuerfreie Zuschüsse des Arbeitgebers beispielsweise zu einer Pensionskasse zu kürzen.

Zur Vorlage beim Finanzamt bescheinigen wir Ihnen, daß Sie von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit sind, jedoch keine derartigen steuerfreien Zuschüsse erhalten; insbesondere werden für Sie keine Pensionskassenaufwendungen steuerfrei geleistet. Daher steht Ihnen der Sonderhöchstbetrag ungekürzt für ihre Versicherungsbeiträge zur Verfügung. Diese Mitteilung können Sie als Nachweis gegenüber dem Finanzamt verwenden.”

Anläßlich einer beim früheren Arbeitgeber des Klägers durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung wurde festgestellt, daß der Kläger auf eigenen Antrag von der gesetzlichen Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung befreit worden ist, da er als Ersatzversicherung eine Lebensversicherung abgeschlossen hatte. Der Arbeitgeber hatte zu dieser Lebensversicherung keine steuerfreien Zuschüsse im Sinne des § 3 Nr. 62 EStG geleistet. Nach den Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung gehörte der Kläger jedoch zu den Arbeitnehmern, die neben ihrem Anspruch aus der Lebensversicherung und einem Anspruch auf Leistungen aus einer Pensionskasse zusätzlich von ihrem Arbeitgeber eine einzelvertragliche Pensionszusage erhalten hatten.

Daraufhin änderte der Beklagte nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre und setzte die Einkommensteuer für 1988 und 1989 neu fest, unter Kürzung des Vorwegabzugs bei der Berechnung des abzugsfähigen Sonderausgabenhöchstbetrages, so daß entgegen den ursprünglichen Veranlagungen Vorsorgeaufwendungen in Höhe von jeweils 6.000,– DM unberücksichtigt blieben.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren begehren die Kläger mit ihrer Klage weiterhin den ungekürzten Vorwegabzug und verweisen auf die Arbeitgeberbescheinigung für die Streitjahre. Sie führen aus, die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Nr. 2 b, bb EStG gelte nur für Steuerpflichtige mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die sozialversicherungsrechtlich keine Arbeitnehmer seien. Er, der Kläger, sei jedoch eindeutig sozialversicherungsrechtlich Arbeitnehmer und unterliege als solcher der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Der Umstand, daß er sich aufgrund entsprechender gesetzlicher Bestimmungen von der Pflichtversicherung bei Nachweis des Bestehens einer befreienden Lebensversicherung habe befreien lassen, lasse diesen Status unberührt. Dies lasse sich zudem dadurch verdeutlichen, daß eine in derartigen Fällen gegebenenfalls vom Arbeitgeber gewährte Zusatzversorgung reinen Zusatzcharakter habe und nur als Ergänzung zu der vom Arbeitnehmer selbst finanzierten Altersversorgung bestimmt sei. Somit könne eine Kürzung des Vorwegabzugs für den vorliegenden Fall nicht auf die oben bezeichnete Kürzungsvorschrift gestützt werden. Im übrgen stelle sich die Frage, ob der Beklagte die Einkommensteuerbescheide überhaupt gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO habe ändern dürfen. Hierzu werde auf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 9.6.1995 – 3 K 1426/94 und die dazu ergangene Entscheidung des BFH vom 11.6.1997 – X R 117/95, BFH/NV 1997, 853 verwiesen.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten zu verurteilen, zusätzliche Vorsorgeaufwendungen in Höhe von jeweils 6.000,– DM zum Abzug zuzulassen und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1988 und 1989 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte führt aus, er habe die Vorsorgeaufwendungen bei der Sonderausgabenhöchstbetragsberechnung zu Recht gekürzt. Nach dem bis einschließlich des Veranlagungszeitraumes 1989 geltenden § 10 Abs. 3 Nr. 2 b, bb EStG sei der Sonderausgabenabzug bei Steuerpflichtigen, die während des ganzen Kalenderjahres nich...

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