Entscheidungsstichwort (Thema)
Ort der Geschäftsleitung bei Schiffsfracht- und Fuhrunternehmen
Leitsatz (redaktionell)
Die Geschäftsleitung von Unternehmen, bei denen sich der geschäftsführende Gesellschafter ständig auf Schiffen oder entsprechend büromäßig ausgestatteten Kraftfahrzeugen aufhält, mit denen auch die maßgeblichen Leistungen des Unternehmens erbracht werden, ist bei Fehlen anderer bedeutsamer Orte der Geschäftsleitung in dem Land des überwiegenden Aufenthalts des Schiffes oder Kraftfahrzeuges anzunehmen.
Normenkette
AO 1977 §§ 10, 12 Sätze 2, 2 Nr. 1; UStDV § 51 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Vorsteuer, insbesondere über die Frage, ob die Klägerin ein im Ausland ansässiger Unternehmer im Sinne des § 59 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung – UStDV – und des Artikels 1 der 8. Mehrwertsteuerrichtlinie – 8. MwSt. Richtlinie – ist, d. h. hier, ob sich der Ort der Geschäftsleitung der Klägerin, deren Geschäftsführer ganz überwiegend auf einem Transportschiff unterwegs ist, nicht im Inland befunden hat.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Luxemburg.
Sie ist im Handelsregister in Luxemburg eingetragen. Sie hat vom Großherzogtum Luxemburg eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhalten, unter welcher sie ihre Geschäftstätigkeit abwickelt. Außerdem wird sie in Luxemburg unter einer Steuernummer geführt; sie hat eine Bescheinigung der luxemburgischen Finanzverwaltung über ihre unbeschränkte Steuerpflicht vorgelegt. Ihren erklärten Sitz hat die Klägerin in den Streitjahren in Luxemburg am Geschäftssitz der Steuerberatungsgesellschaft X.
Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin ist Herr A, der zugleich als Kapitän auf dem im Eigentum der Klägerin stehenden Schiff MS B tätig ist. Herr A hat einen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland in O
Anteilseigner der Klägerin ist neben Herrn A – ebenfalls in O unter der gleichen Anschrift wohnhaft – Frau C.
Gesellschaftszweck der Klägerin ist der Transport jeglicher Güter zu Wasser, insbesondere auf dem Rhein. Bei Ausführung der Transporte kommt es vornehmlich zum grenzüberschreitenden Transportverkehr auf Gewässern in Luxemburg, der Schweiz, den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Deutschland. Ausweislich der vorgelegten Tank-aufmessungsbücher der Klägerin ist das Schiff MS B 1996 ganz überwiegend auf deutschen Strecken eingesetzt worden, vornehmlich im Verkehr zwischen D oder E und F. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegte Auflistung vom 10.3.2000 und die Tankaufmessungsbücher Bezug genommen.
Heimathafen des Schiffes ist K in Luxemburg. Dort ist das Schiff im Schiffsregister eingetragen. Das Tankschiff fährt unter der luxemburgischen Hoheitsflagge.
Neben der MS B hatte die Klägerin im Streitjahr ein weiteres Transportschiff, die MS L, von der Y AG in M gechartert. Der Chartervertrag hatte eine Laufzeit von 5 Jahren und hätte regulär zum 31.12.1999 geendet. Aufgrund der finanziell angespannten Situation der Klägerin und den mit diesem Schiff in den vergangenen drei Jahren erzielten Verlusten wurde der Chartervertrag vorzeitig zum 30.09.1999 beendet.
Zur Besatzung der Schiffe zählten ca. 15 Matrosen. Der Geschäftsführer der Klägerin befand sich nach eigenem Vortrag im streitigen Zeitraum regelmäßig ca. 14 Tage an Bord des Schiffes MS B. An den weiteren 14 Tagen eines Monats pendelte er zwischen dem erklärten Firmensitz in Luxemburg, dem zweiten Schiff (MS L) und der MS B. Ausweislich der in der Sitzung vom 24.2.2000 vorgelegten Unterlagen befand er sich 1996 an 211 Tagen an Bord der MS B, 6 Tage entfallen auf einen Werftaufenthalt, 18 Tage auf Urlaub. Die verbleibenden Tage sind mit Büro und MS L angegeben.
Am erklärten Firmensitz wurden von der dort ansässigen Steuerberatungsgesellschaft X für die Klägerin der Rechnungsverkehr sowie alle sonstigen Verwaltungsaufgaben, insbesondere auch Personalangelegenheiten, abgewickelt. Andere Geschäftsführungsmaßnahmen wie insbesondere die „Abwicklung” und tatsächliche Durchführung der einzelnen Aufträge nahm der Geschäftsführer an Bord des Schiffes MS B vor; er war dort auch telefonisch erreichbar.
Die Geschäftsbriefe der Klägerin wiesen die Telefonnummern der Fa. X und das Bordtelefon der MS B, daneben – deutlich abgesetzt und als Privatanschrift des Geschäftsführers gekennzeichnet – die private Telefonnummer des Geschäftsführers aus.
Die Klägerin beantragte unter dem 19.06.1997 beim Beklagten auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck für den Zeitraum Januar 1996 bis Dezember 1996 die Vergütung von Vorsteuerbeträgen nach den §§ 59 ff. UStDV. Der Gesamtbetrag der Vergütung belief sich auf 121.313,78 DM. Mit Bescheid vom 30.12.1997 lehnte der Beklagte die Vergütung der Vorsteuerbeträge mit der Begründung ab, daß die Geschäftsleitung der Klägerin sich im Inland befinde und aus diesem Grunde das Vergütungsverfahren nicht anwendbar sei. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 13.01.1998 Einspr...