Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzugsberechtigung; Begriff der Firmenansässigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Im Rahmen des Vorsteuerabzuges muss die Anschrift bzw. der Firmensitz zu der verantwortlichen Person führen und deshalb bestehen bzw. bei Rechnungserstellung bestanden haben. Das heißt nicht, dass zwingend an der Adresse eine büromäßige Einrichtung vorgehalten werden muss, wenn diese aufgrund der Umstände des Einzelfalles oder im Hinblick auf die Art des Unternehmens nicht erforderlich ist.
Normenkette
UStG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Klägers Herrn N zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen der Firma S GmbH.
Der Kläger Herr N betreibt als Einzelunternehmer eine Bauunternehmung. Im Streitjahr war er u.a. im Zusammenhang mit der Errichtung des Objektes „C” in B sowie dem Bauvorhaben „M” in D beauftragt. Hierbei arbeitete er zunächst ab Februar 2002 zur Abwicklung des Auftrags mit der Firma E als Subunternehmen zusammen. Diese beauftragte zu Beginn ihrerseits die Firma S GmbH. Als die Firma E im August 2002 in Zahlungsschwierigkeiten geriet und aufgrund dessen ein Kran auf der vom Kläger zu bedienenden Baustelle stillgelegt wurde, kündigte der Kläger die Zusammenarbeit mit der Firma E und beauftragte die Firma S GmbH unmittelbar u.a. mit Rohbauarbeiten (Einschalung etc.). Dabei wurden ein Bau-Container und größere Werkzeuge bzw. Maschinen sowie das Material vom Kläger zur Verfügung gestellt. Lediglich kleinere Werkzeuge wurden von der S GmbH mitgebracht.
Die S GmbH war mit notariellem Vertrag vom 00.00.0000 gegründet worden. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 00.00.0000. Als Firmensitz wurde im Handelsregister die Anschrift 00000 F, G-Strasse angegeben. Alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH waren zu je 1/3 Anteil Herr T1, K-Str., 00000 F; Herr T2, F-Str., 00000 F, sowie Herr T3, L-Str., 00000 F.
Das für die S GmbH zuständige Finanzamt führte am 00.00.0000, 00.00.0000 und 00.00.0000 Nachschauen an den Anschriften G-Str., K-Str. sowie L-Str. in F durch. Auf die entsprechenden Vermerke in der Rechtsbehelfsakte wird Bezug genommen.
Der Beklagte führte im Anschluss daran für die Jahre 2001 und 2002 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Betrieb des Klägers durch. Der Prüfer führte im Bericht vom 00.00.0000 aus:
„Die S GmbH hat am 00.00.0000 bei der Stadtverwaltung F ein Gewerbe angemeldet. Als Gegenstand des Unternehmens wurde angegeben: Ausführung von Hoch- und Tiefbauarbeiten, Beteiligung an anderen Unternehmen”.
Der tatsächliche Gegenstand des Unternehmens dürfte sich lediglich auf die Erstellung von Rechnungen über nicht von der Firma ausgeführte Lieferungen und Leistungen beschränken. Die Gewerbeanmeldung erfolgte am 00.00.0000. Rechnungsdatum der ersten Rechnung ist der 00.00.0000.
Als Sitz der Firma wurde im Handelsregister die Anschrift G-Str., 00000 F eingetragen. Auf den Rechnungen und bei der Gewerbeanmeldung wurden dagegen als Sitz und Anschrift K-Str., 00000 F verwandt.
Unter beiden Adressen befindet sich nachweislich nicht der Firmensitz.
Im Rahmen von Nachschauen wurde am 00.00.0000 und 00.00.0000 die Anschrift G-Str. aufgesucht. Hierbei handelt es sich um einen umzäunten Schrottplatz auf dem mehrere Busse abgestellt sind. Einzig aufstehendes „Gebäude” ist eine alte, dem Verfall preisgegebene Holzbaracke mit vernagelten Fensteröffnungen und einem verriegelten, offenbar längere Zeit schon nicht mehr benutzten Eingang. Ein Briefkasten oder sonstige Hinweise auf S GmbH konnten dort nicht vorgefunden werden.
Ebenfalls wurden am 00.00.0000 und am 00.00.0000 Nachschauen unter der zweiten, als angeblichem Firmensitz angegebenen Anschrift, K-Str., vorgenommen. Auch hier war kein Firmensitz feststellbar.
Bei dem Gebäude K-Str. handelt es sich um ein, im Eigentum Dritter stehendes Einfamilienhaus. Es sind dort weder Briefkasten, noch Schelle, noch sonstige äußerlich erkennbare Hinweise auf die S GmbH vorzufinden.
In dem Gebäude wird Herrn T1 lediglich ein Raum zum Schlafen zur Verfügung gestellt. Dieser Raum wird von Herrn T1 in unregelmäßigen Abständen benutzt.
Abrechnungsunterlagen, Stundenaufzeichnungen, oder andere für die Geschäftsführung einer GmbH erforderlichen Unterlagen wurden nicht vorgefunden.
Auch der Hauseigentümerin war nicht bekannt, dass sich in ihrem Gebäude der Sitz einer Bauunternehmung befinden soll.
Weiterhin wurde im Rahmen von Nachschauen am 00.00.0000 und 00.00.0000 die Anschriften der anderen beiden Gesellschafter aufgesucht. Auch hier waren keine Hinweise auf das Vorhandensein oder eine evtl. Geschäftstätigkeit der S GmbH zu finden.
Unter der Anschrift L-Str., der Wohnung des Geschäftsführers Herrn T3, sollte sich auch noch ein Firmensitz befinden. Bei den Nachschauen wurde dies von den dort wohnenden Familienmitgliedern sehr bestimmt, u.a. unter Hinweis auf Platzmangel, verneint und als Firmensitz die Anschrift K-Str. benannt.
(…)
Eine unternehmerische Tätigkeit seitens der S GmbH konnte ...