Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Bezugsrechte, Altanteile
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Veräußerung junger Aktien werden Aufwendungen für Bezugsrechte nicht gemäß § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG mit 0,00 €, sondern mit ihrem tatsächlichen Wert berücksichtigt, wenn die jungen Anteile mit Bezugsrechten erworben wurden, die aus bereits vor dem 1.1.2009 angeschafften nicht mehr steuerverstrickten Altanteilen abgespalten wurden.
Normenkette
EStG § 52a Abs. 10 S. 10, § 20 Abs. 4a S. 4
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Ermittlung des vom Kläger erzielten Gewinns aus dem Verkauf von Aktien streitig.
Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie verfügen über diverse Kapitalanlagen, darunter unter anderem Aktien der A Bank AG, welche sich bereits vor dem 01.01.2009 in ihrem Wertpapierdepot befanden.
Im Jahr 2010 wurde bei der A Bank AG eine Kapitalerhöhung vollzogen. In deren Rahmen erwarb der Kläger 765 junge Aktien der A Bank AG über Bezugsrechte aus Aktien, welche er bereits vor dem 01.01.2009 angeschafft hatte (sog. Altaktien). Die Anschaffungskosten der im Zuge der Kapitalerhöhung vom Kläger erworbenen Bezugsrechte betrugen – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist -7,20 EUR je Aktie. Im November 2010 wurden durch den Kläger nachfolgend zehn dieser über Bezugsrechte aus Altaktien erworbenen jungen Aktien zu einem Kurs von 410,35 EUR veräußert. Der hieraus resultierende Gewinn i.S.v. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wurde durch die A Bank AG mit 58,15 EUR angegeben. Hiervon ausgehend stellte die A Bank AG dem Kläger eine Erträgnisaufstellung für 2010 aus, in der sie ihm Kapitalerträge i.H.v. insgesamt 135,15 EUR bescheinigte, welche sich aus dem vorgenannten Gewinn aus Aktienverkäufen in Höhe von 58,15 EUR und Dividenden aus Geschäftsguthaben i.H.v. 77 EUR zusammensetzten.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 2010 beantragten die Kläger nachfolgend die Überprüfung des Steuereinbehalts für bestimmte Kapitalerträge. Der Kläger brachte insoweit bei der Berechnung seines im Streitjahr erzielten Gewinns aus Aktienverkäufen 72 EUR als Wert der Bezugsrechte, welche den von ihm veräußerten jungen Aktien der A Bank AG zu Grunde gelegen hatten, in Abzug und setzte die von ihm im Streitjahr erzielten Kapitalerträge dementsprechend lediglich mit 63,15 EUR statt mit 135,15 EUR an. Der Beklagte berücksichtigte die Anschaffungskosten der Bezugsrechte gemäß § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG i.V.m. dem BMF-Schreiben vom 22.12.2009 (BStBl. I 2010, 94 Tz. 108 ff.) jedoch hiervon abweichend mit 0 EUR und legte der Veranlagung – entsprechend der Erträgnisaufstellung der A Bank AG – einen Gewinn aus Aktienverkäufen i.H.v. 58,15 EUR zu Grunde. Auf dieser Basis erging am 22.07.2011 ein entsprechender Bescheid über Einkommensteuer für 2010 gegenüber den Klägern.
Mit ihrem hiergegen am 05.08.2011 erhobenen Einspruch rügten die Kläger eine steuerliche Ungleichbehandlung der Ausübung von Bezugsrechten aus sog. Altanteilen einerseits und der Veräußerung von Bezugsrechten aus Altanteilen andererseits. Während nach Auffassung der Finanzverwaltung im zuerst genannten Fall der Wert des Bezugsrechts als Anschaffungskosten der jungen Aktien gemäß § 20 Abs. 4a Satz 4 EStG mit 0 EUR anzusetzen sei, würden im zuletzt genannten Fall die tatsächlichen Anschaffungskosten der Bezugsrechte berücksichtigt. Nachdem der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2010 aus nicht streitbefangenen Gründen durch Bescheid vom 02.10.2012 geändert worden war, wies der Beklagte den Einspruch der Kläger nachfolgend mit Einspruchsentscheidung vom 17.10.2012 unter Verweis auf die ab 2009 geltende Gesetzeslage und das BMF-Schreiben vom 22.12.2009 (BStBl. I 2010, 94 Tz. 108 ff.) als unbegründet zurück.
Mit ihrer hiergegen am 16.11.2012 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiter und machen geltend, dass die Praxis der Finanzverwaltung in Gestalt der Tz. 108 ff. des BMF-Schreibens vom 22.12.2009 (BStBl. I 2010, 94) dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit widerspreche. Bei Veräußerung eines Bezugsrechts aus sog. Altanteilen unterliege der daraus erzielte Erlös nicht der Abgeltungsteuer. Mit dem unversteuerten Erlös aus dem Verkauf der Bezugsrechte könne der Aktionär neue Aktien erwerben, wobei dann der Wert dieser Aktien dem Anschaffungspreis entspreche und im Falle eines Verkaufs – im Unterschied zur Ausübung des Bezugsrechts – der volle Anschaffungspreis zur Gewinnermittlung angesetzt werde.
Hierdurch würden im Ergebnis zwei Handlungen eines Aktionärs, die in der Praxis keinen Unterschied ergäben, unterschiedlich besteuert. Dem habe die bis 2009 geltende Gesetzeslage noch Rechnung getragen, indem sie die Ausübung eines Bezugsrechts steuerlich der Veräußerung eines solchen Rechts gleichgestellt habe. Die mit der ab 2009 geltenden Gesetzeslage bezweckte Verfahrenserleicht...