Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerungsgewinn infolge verdeckter Einlage einer Anwartschaft auf den Bezug neuer Anteile an einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft bei nicht verhältniswahrender Verschmelzung von Kapitalgesellschaften
Leitsatz (redaktionell)
1.) Ist bei der Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften der Gesellschafter der aufnehmenden Kapitalgesellschaft an der übertragenden Kapitalgesellschaft mittelbar über eine weitere Gesellschafter-Kapitalgesellschaft beteiligt und wird die übertragende Kapitalgesellschaft zugunsten der Gesellschafter-Kapitalgesellschaft nicht verhältniswahrend auf die übernehmende Kapitalgesellschaft verschmolzen, realisiert der Gesellschafter infolge verdeckter Einlage von Bezugsrechten an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft in die Gesellschafter-Kapitalgesellschaft einen Veräußerungsgewinn i.S.v. § 17 Abs. 1 EStG.
2.) Bei der Beurteilung der Frage, inwieweit in einem solchen Fall eine verdeckte Einlage bei der Gesellschafter-Kapitalgesellschaft vorliegt, ist nicht auf die Vermögenseinbuße bei dem Steuerpflichtigen, sondern auf den Vermögenszuwachs bei der Gesellschafter-Kapitalgesellschaft abzustellen. Der insoweit gegebene teilentgeltliche Anteilserwerb der Gesellschafter-Kapitalgesellschaft ist nach der sog. Trennungstheorie aufzuteilen in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil (= Teil der verdeckten Einlage).
3.) Die bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigenden Anschaffungskosten des Gesellschafters bestimmen sich im Fall der verdeckten Einlage eines Bezugsrechts an Kapitalgesellschaftsanteilen anlässlich einer Kapitalerhöhung ohne Einlagen gemäß den Vorschriften des Kapitalerhöhungssteuergesetzes (KapErhStG).
Normenkette
KapErhStG §§ 1, 3; EStG § 17 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Kläger anlässlich einer Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften einen Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG in Form einer verdeckten Einlage in Höhe von rund 1,5 Mio. DM erzielt hat.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr – 2000 – zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger ist laut Steuererklärung Angestellter, die Klägerin Kauffrau. In ihrer Einkommensteuererklärung deklarierten die Kläger – soweit hier von Belang – Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von minus 64.088 DM und einen Veräußerungsgewinn des Klägers in Höhe von 459.200 DM. Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärte der Kläger in Höhe von 4.025 DM und die Klägerin in Höhe von 7.790 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Einkommensteuererklärung Bezug genommen.
Der Beklagte folgte der Steuererklärung im Wesentlichen im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2000 vom 4. Juni 2002 und im geänderten Bescheid vom 27. Juni 2002; beide Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Bescheide Bezug genommen.
Im November 2002 erhielt der Beklagte ein Schreiben des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C (folgend nur Konz-BP C) zu Prüfungsfeststellungen anlässlich einer Prüfung bei der N GmbH aus T (folgend nur: N GmbH). Danach wurde dem Beklagten folgender – unter den Beteiligten unstreitiger – Sachverhalt mitgeteilt, der Gegenstand der hier alleinigen Streitfrage ist:
Der Kläger war neben Frau L zu 50 v.H. an der N GmbH beteiligt. Das Stammkapital der N GmbH betrug ursprünglich 100.000 DM. Die N GmbH hatte im August 1997 vom Stammkapital der U GmbH (folgend nur: U GmbH) in Höhe von 200.000 DM Geschäftsanteile in Höhe von nominal 102.000 DM (= 51 v.H.) und im Jahr 1998 weitere Geschäftsanteile in Höhe von nominal 75.000 DM (= 37,5 v.H.) erworben, so dass sie zum 31.12.1998 Geschäftsanteile in Höhe von nominal 177.000 DM = 88,5 v.H. an der U GmbH innehatte.
Mit notariellem Vertrag vom 24. Mai 2000 veräußerte die N GmbH ihre Geschäftsanteile an der U GmbH je hälftig an ihre Gesellschafter; Frau L und der Kläger zahlten für die Geschäftsanteile in Höhe von nominell je 88.500 DM je 40.000 DM.
Mit notariellem Vertrag vom 13. Juli 2000 verkaufte der Kläger seine gesamten Geschäftsanteile an der U GmbH zum Preis von 45.000 EUR an die in den Niederlanden ansässige Firma J BV (folgend nur: J BV). Alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der J BV ist der Kläger. Das Ehepaar L hatte seine Anteile an der U GmbH ebenfalls mit notariellen Verträgen vom 13. Juli 2000 an eine L. gesellschaft mbH (folgend nur: L GmbH) veräußert, so dass sich die Beteiligungsverhältnisse an der N GmbH und der U GmbH wie folgt darstellten:
N GmbH: |
Frau L: |
50.000 DM = |
50 v.H. |
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Kläger: |
50.000 DM = |
50 v.H. |
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U GmbH: |
L GmbH: |
111.500 DM = |
55.75 v.H. |
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J BV: |
88.500 DM = |
44,25 v.H. |
Mit weiterem notariellen Vertrag vom 13. Juli 2000 wurde die U GmbH mit der N GmbH als aufnehmende Gesellschaft verschmolzen. Gemäß § 2 des Verschmelzungsvertrags übernimmt die N GmbH das Gesellschaftsvermögen der U GmbH mi...