Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Ermittlung der Drei-Objekt-Grenze ist es unerheblich, ob die Veräußerung auf einer Zwangslage beruht.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die von der Klägerin im Streitjahr getätigten Verkäufe von Eigentumswohnungen im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels oder einer privaten Vermögensverwaltung stattgefunden haben.
Die Klägerin war in den Streitjahren als kaufmännische Angestellte im Einzelunternehmen ihres Ehemannes, einem Installationsgeschäft für Heizung, Sanitär und Wasser, tätig.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 09.07.1992 erwarb die Klägerin das Grundstück L-Straße 91 in A. Auf dem Grundstück befand sich ein Einfamilienhaus (heute L-Straße 87), das durch die Klägerin und ihren Mann in der Folgezeit renoviert und seitdem selbst genutzt wird. Zwischen 1992 und dem 01.02.1995 errichtete die Klägerin auf diesem Grundstück (später L-Straße 89) zusätzlich ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen, einem Büro-, einem Werkstatt- und Lagerraum sowie acht Garagen, die den Wohnungen nicht zugeordnet waren. Die Wohnungen wurden nach Fertigstellung auf unbestimmte Dauer an Dritte und – verbilligt – an ihre beiden Kinder vermietet. Die Mietverträge enthielten für 10 Jahre eine Staffelmietvereinbarung. Die Büro-, Lager- und Werkstatträume vermietete die Klägerin an ihren Ehemann zur Nutzung im Rahmen seines Gewerbebetriebs. Die Planung sah Herstellungskosten für den Neubau von 2,495 Mio. DM vor. Tatsächlich beliefen sich die Herstellungskosten auf 2.688.817,40 DM. Die Herstellungskosten wurden – mit Ausnahme von Eigenmitteln von 4.000 DM – in vollem Umfang durch die Bank L fremdfinanziert. Zum 31.12.1998 standen den vorgenannten Herstellungskosten Darlehen in Höhe von 2.981.945 DM gegenüber.
Die gewerblichen Gewinne des Ehemannes der Klägerin entwickelten sich ab dem Jahre 1991 wie folgt:
Jahr |
Gewinn in DM |
1991 |
Ca. 160.000 |
1992 |
142.464 |
1993 |
59.059 |
1994 |
65.855 |
1995 |
110.095 |
1996 |
79.217 |
1997 |
75.210 |
1998 |
71.104 |
1999 |
95.217 |
2000 |
54.428 |
Die Gewinne vor 1991 haben jährlich ca. 160.000 DM und mehr betragen.
Mit Teilungserklärung vom 04.09.1995 wurde das Mehrfamilienhaus in Wohnungseigentum aufgeteilt.
Zwischen 1997 und 2000 veräußerte die Klägerin die folgenden Wohnungen:
Wohnung Nr. |
Datum des notariellen Kaufvertrages |
Herstellungskosten in DM |
Veräußerungspreis in DM |
5 |
24.10.1997 |
162.522 |
215.000 |
6 |
01.03.1999 |
232.396 |
279.000 |
9 |
06.04.1999 |
232.395 |
279.000 |
3 |
10.05.1999 |
228.783 |
279.000 |
8 |
23.06.1999 |
162.522 |
225.000 |
11 |
11.04.2000 |
285.858 |
300.000 |
In ihrer Einkommensteuererklärung 1999 erklärte die Klägerin aus dem Objekt L-Straße 87-89 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von – 83.636 DM.
Die Klägerin wurde in den Erläuterungen des Einkommensteuerbescheides 1999 aufgefordert, Gewerbesteuererklärungen und Gewinnermittlungen für die Jahre 1992 bis 1999 für den Gewerbebetrieb „gewerblicher Grundstückshandel” vorzulegen. Denn mit der Eigentumswohnung Nr. 11 seien insgesamt vier Objekte innerhalb des 1992 mit dem Erwerb des unbebauten Grundstücks beginnenden Fünf-Jahres-Zeitraums veräußert worden.
Trotz wiederholter Aufforderung reichte die Klägerin weder die Gewinnermittlungen noch Gewerbesteuererklärungen ein. Eine Stellungnahme zum gewerblichen Grundstückshandel blieb ebenfalls aus. Daraufhin erließ der Beklagte unter dem 01.02.2002 u.a. einen Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 1999, der einen Gewerbesteuer-Messbetrag von 9.637,85 EUR auswies, in dem er den Gewinn aus Gewerbetrieb, ausgehend von den bisher erklärten Vermietungseinkünften ohne Absetzung für Abnutzung und unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages sowie unter Erfassung der Veräußerungserlöse, auf 513.000 DM schätzte.
Der auf Aufhebung des Bescheides gerichtete Einspruch vom 01.03.2002 führte zu einer teilweisen Stattgabe insoweit, dass der Veräußerungsgewinn nunmehr in der vom Finanzamt mit Schreiben vom 10.12.2002 vorgeschlagenen Höhe von 219.530 DM – auf der Basis der zwischenzeitlich von der Klägerin den einzelnen Wohnungen zugeordneten Herstellungskosten und AfA-Beträgen – der Festsetzung zugrunde gelegt wurde. Es ergab sich hernach ein Gewerbesteuermessbetrag von 1.912,23 EUR.
Im Übrigen hielt der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 23.12.2003 unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Drei-Objekt-Grenze daran fest, dass die Klägerin mit dem Verkauf der sechs Eigentumswohnungen einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben habe. Es sei vorliegend unbeachtlich, wenn der Verkauf stattgefunden habe, um eine Zwangsvollstreckung durch die finanzierende Bank zu verhindern, weil das ursprüngliche Finanzierungskonzept wegen unvorhergesehener Gewinnrückgänge nicht habe eingehalten werden können und der Entschluss zur Teilung des Gesamtobjektes erst nach Fertigstellung und auf Druck der finanzierenden ...