Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskosten, Progressionsvorbehalt, Veranlassungszusammenhang, Korrespondenz von Einnahmen und Ausgaben
Leitsatz (redaktionell)
1) Ausgaben, die in mehreren Veranlassungszusammenhängen stehen, sind nach Möglichkeit den unterschiedlichen Ursachen zuzuordnen. Ist eine solche Zuordnung nicht möglich, ist der wirtschaftlich vorrangige Veranlassungszusammenhang maßgeblich.
2) Ist die Rückzahlung von zuvor im Rahmen eines Auslandseinsatzes vom Arbeitnehmer steuerfrei erzielten und lediglich dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einnahmen wirtschaftlich vorrangig durch des bisherige Dienstverhältnis und nur nachrangig durch das Eingehen eines neuen Arbeitsverhältnisses veranlasst, kann der Rückzahlungsbetrag nicht als negative Einnahme, sondern nur bei der Ermittlung der Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehaltes gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden.
3) Der für die Nutzungsmöglichkeit des Dienstwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzende geldwerte Vorteil von 0,03 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer ist der Höhe nach nicht begrenzt auf die im Gegenzug als Werbungskosten zu berücksichtigenden Aufwendungen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6, § 8 Abs. 3 S. 2, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4, § 32b Abs. 1 Nr. 3, § 3c
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 23.01.2017; Aktenzeichen VI B 28/15) |
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Erstattung von Kosten eines Auslandseinsatzes an den Arbeitgeber als Werbungskosten bzw. negative Einnahmen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen oder als Rückzahlung zuvor steuerfrei vereinnahmten Arbeitslohnes lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes zu erfassen ist. Darüber hinaus streiten die Beteiligten über die Frage, ob der bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu erfassende geldwerte Vorteil für die Nutzungsüberlassung eines Dienstwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Höhe nach auf die im Gegenzug als Werbungskosten zu berücksichtigenden Aufwendungen zu begrenzen ist.
Der Kläger war im Streitjahr 2009 bis zu seinem Austritt am 30.11.2009 Arbeitnehmer der …. GmbH in …. In der Zeit vom 09.07.2007 bis zum 16.01.2009 war er im Auftrag seines Arbeitgebers in den USA und sodann wieder im Inland tätig. Seinen Wohnsitz im Inland behielt der Kläger auch während seines Auslandseinsatzes bei. Mit Datum vom 21.06.2007 hatte der Kläger mit seinem Arbeitgeber einen Entsendungsvertrag in Ergänzung der im Übrigen unverändert fortgeltenden arbeitsvertraglichen Regelungen geschlossen. Danach verpflichtete sich der Arbeitgeber für die Zeit des Auslandseinsatzes neben dem vertragsgemäßen Arbeitslohn u.a. die Kaufkraftdifferenz monatlich zu vergüten (Ziffer 3), einen monatlichen Mietkostenzuschuss (Ziffer 5) und eine Geldtransferpauschale (Ziffer 6) zu zahlen sowie weitere einmalige Kosten in Zusammenhang mit dem Auslandsaufenthalt zu übernehmen (Ziffern 5, 7 und 8). In Ziffer 17 des Entsendevertrages wurde eine „Betriebstreueklausel” vereinbart, wonach der Kläger verpflichtet wurde, dem Arbeitgeber „bei Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses während des Auslandseinsatzes oder vor Ablauf von 3 Jahren nach Rückkehr aus dem Ausland […] die Kosten des Auslandseinsatzes bis zur Höhe eines dann aktuellen Brutto-Monatsgehaltes zu erstatten.” Dieser Betrag sollte sich je Monat, den das Arbeitsverhältnis nach Beendigung des Auslandseinsatzes weiter besteht, um je 1/36 vermindern. Aufgrund des Austritts des Klägers zum 30.11.2009 und der diesem vorangehenden Kündigung wurde durch den Arbeitgeber auf Grundlage der Betriebstreueklausel laut Entsendungsvertrag ein Betrag in Höhe von insgesamt 4.568,09 € netto im Wege der Verrechnung von der im Dezember 2009 fälligen Bonuszahlung einbehalten.
Ab dem 01.12.2009 wurde dem Kläger seitens seines neuen Arbeitgebers ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt, welchen dieser u.a. auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt hat. Der geldwerte Vorteil der Nutzung wurde durch den Arbeitgeber mit 0,03% des Bruttolistenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Arbeitslohn erfasst. Laut vom Kläger vorgelegter Musterabrechnung für Dezember 2009 betrug der für diesen Nutzungsvorteil durch den Arbeitgeber in Ansatz gebrachte geldwerte Vorteil … € bei einem Bruttolistenpreis des Fahrzeugs in Höhe von … € und einer maßgeblichen Entfernung zu der neuen Arbeitsstätte in X1 von … km.
In seiner Einkommensteuererklärung für 2009, welche durch den ehemaligen Arbeitgeber … GmbH als gleichzeitigen steuerlichen Berater des Klägers erstellt wurde, wurde der auf die Tätigkeit in den USA entfallende Teil des Arbeitslohnes als steuerfreie Einnahmen unter Progressionsvorbehalt erklärt und der steuerpflichtige Arbeitslohn laut Lohnsteuerbescheinigung entsprechend gekürzt. Der durch den Arbeitgeber auf Grundlage der Betriebstreueklausel im Entsendungsvertrag einbehaltene Betrag in Höhe vo...